Die Menschen zielgerichtet unterstützen

Unternehmer Götz W. Werner über die Krise
Nach dem Fest muss man froh sein, dass das vermeintliche Weihnachtsgeschenk Mehrwertsteuersenkung ausgeblieben ist. Das wäre eine schöne Bescherung gewesen! Denn das von einigen Managern, Beratern oder Politikern geforderte Reduzieren oder Aussetzen der Mehrwertsteuer war eine Blendgranate.

Das Fatale ist, dass sich an der Denkrichtung der Entscheider in Wirtschaft und Politik nichts ändert. Aus Populismus, Eigennutz und vielleicht schon aus wahltaktischen Erwägungen. Die Blendgranaten der vermeintlichen Experten zur Adventszeit haben aber durchaus ihr Gutes: Sie können den Bürgerinnen und Bürgern den Unsinn erhellen, der sich dahinter verbirgt.

Denn wenn ausgerechnet ein führender Handelsmanager auf die Idee kommt, die Konjunktur durch Mehrwertsteuersenkungen ankurbeln zu wollen, dann ist das praxisfern — und durchaus nicht uneigennützig. Es ist nicht zu erwarten, dass diese Absenkung im vollen Umfang an die Bürger weitergegeben wird. Bei der Mehrwertsteuererhöhung Anfang 2007 sind auch nicht alle Preise gestiegen, und schon gar nicht über Nacht.
Der Vorschlag des „Preisberaters“ Hermann Simon im Manager Magazin, die Mehrwertsteuer im Dezember auszusetzen, war skurril und gerade deshalb sehr hilfreich. Im Grunde kann man froh sein über diesen Radikalvorschlag. Er macht überdeutlich, dass eine Reduzierung der Mehrwertsteuer eine Steuersenkung an der absolut falschen Stelle ist. Die Konsumelite wird begünstigt. Simon propagiert ein Reichengeschenk, denn die Kroko-Handtasche für 10 000 Euro würde schlagartig um 1 900 Euro günstiger. Aber nicht etwa Lebensmittel, für die ohnehin der ermäßigte Steuersatz gilt. Politiker sollten diese Zusammenhänge kennen — da sie sich eifrig am Blendgranatenwerfen beteiligt haben, sind jedoch Zweifel angebracht.

Gerade Menschen, die sich beim Konsum zurückhalten müssen, können zielgerichtet unterstützt werden. Das Verteilen von Konsumgutscheinen ist allerdings keine Lösung, sondern der Gestus des absolutistischen Herrschers. Der Staat hat nichts zu verschenken, vielmehr hat er angesichts der Finanzkrise die Aufgabe, die Abgaben der Bürger zu verringern — und zwar an den richtigen Stellen.

Was hilft direkt und vor allem nachhaltig? Erstens müssen wir die Sozialversicherungsbeiträge senken, denn diese Maßnahme kommt jedem erwerbstätigen Menschen unmittelbar zugute. Und wir reduzieren gleichzeitig die Lohnnebenkosten. Das stärkt in der Krise die Wirtschaft, insbesondere den lohnintensiven Mittelstand. Und es ermutigt Unternehmensgründer, weil in der Gründungsphase die Anteile der Personalkosten besonders hoch sind.
Den Konsum können wir fördern, indem wir die Zuwendung an die Arbeitslosengeld-II-Empfänger erhöhen. Den Menschen ohne Arbeit fehlt es am Nötigsten, nicht nur an Arbeit. Noch nachhaltiger ist eine Erhöhung des Kindergeldes, denn Kinder sind die beste Investition in unsere Zukunft. Mit einem höheren Kindergeld können Eltern ihren Kindern Nahrung und Kleidung kaufen. Oder sie nutzen es für die Ausbildung. Stets profitiert die Gesellschaft doppelt.

Henry Ford hat schon gesagt, dass die Zukunft der Gesellschaft nicht an den Fließbändern, sondern an den Schulbänken entschieden wird. In dieser Finanz- und Automobilkrise müsste diesen Satz des Autobau-Pioniers doch jeder verstehen.
Götz W. Werner ist Gründer der Drogeriemarktkette dm und Inhaber des Lehrstuhls für Entrepreneurship an der Universität Karlsruhe.

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5 Antworten zu Die Menschen zielgerichtet unterstützen

  1. t-Z sagt:

    Frei nach Roberto Blanco:
    Ein bisschen Spaß muss sein. 🙂

  2. t-Z sagt:

    Die Fütterung der Spaßgesellschaft! 🙂

  3. Ut.rsl. sagt:

    Desolates Stadtmarketing!

  4. Ut.rsl. sagt:

    Populismus in Reinkultur!

  5. Ut.rsl. sagt:

    „Die Menschen zielgerecht unterstützen“

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    Damit wurde die Brettener Bevölkerung zweifelsfrei zielgerecht unterstützt! 🙂

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