Vergabe bei Bauprojekt verstößt gegen Vorschriften

Regierungspräsidium rügt Weinheim
Im Rathaus in Weinheim ist man seit Tagen in Erklärungsnöten. Das Regierungspräsidium Karlsruhe erhebt schwere Vorwürfe gegenüber der Stadtverwaltung. Bei der Vergabe von Bauarbeiten an einen Investor hätten Gemeinderat und Verwaltung gleich mehrmals gegen Vorschriften verstoßen.
Von Wolfgang Leja
WEINHEIM. Ein scharf formuliertes Schreiben des Regierungspräsidiums Karlsruhe, das dem Staatsanzeiger vorliegt, sorgt dieser Tage für Wirbel bei der Stadt und den Oppositionsparteien im Gemeinderat von Weinheim. Die Aufseher in Karlsruhe fordern die Stadt und deren Bürgermeister Heiner Bernhard (SPD) darin auf, im Zuge der umfassenden Sanierung der Innenstadt von Weinheim weitere Zahlungen an den von der Stadt beauftragten Bauträger sowie an bauausführende Firmen zu stoppen.

Im Mittelpunkt der Verfügung steht ein Stadttunnel, der im Rahmen des Projekts Schlossbergterasse den Ortskern künftig vom Verkehr entlasten soll. Fehlende Kostenobergrenze bei Tunnelbau Für ihn fehle eine Kostenobergrenze, monieren die Aufseher. Die Stadt habe sich ohne Not der Gefahr jeglicher Kostensteigerung ausgeliefert. Sollten die Kosten nicht nachträglich mit dem Bauträger festgelegt werden, fordern die Karlsruher Beamten die Stadt auf, sogar von dem Vertrag über die Trasse zurückzutreten.
Während die Bebauung weiter voranschreitet, hat man im Rathaus jetzt entschieden, der Anweisung aus Karlsruhe zu folgen und die Zahlungen an Bauträger und Baufirmen vorerst einzustellen. Doch damit könnte das 60 Millionen Euro teure Großprojekt ins Wanken geraten. Mit dem sogenannten Neuen Burgenviertel wollten die Politiker der Stadt ein neues Gesicht geben: Stadthäuser, ein Pflegeheim, Appartements für betreutes Wohnen, verschiedene Gewerbeeinheiten, zwei Supermärkte sowie ein Gesundheitspark mit Arztpraxen sind geplant.

„ohne Einschreiten der Aufsichtsbehörde bestünde die Gefahr,
dass sich der Schaden weiter vergrößert“

Rudolf Kühner, Regierungspräsident Karlsruhe

Außerdem der neue Stadttunnel. Mit der Wohnungsbaugenossenschaft Familienheim Rhein-Neckar fand die Stadt auch einen Investor für das Vorhaben. Die Vergabepraxis der Stadt für das Projekt ist jedoch umstritten. Die gemeindlichen Grundstücksverkäufe seien nach EU-Recht ausschreibungspflichtig gewesen und hätten nicht an die Familienheim Rhein-Neckar vergeben werden dürfen, heißt es aus dem Regierungspräsidium Karlsruhe.
Dort räumt man jedoch ein, dass dies nach damaliger Rechtsprechung nicht eindeutig gewesen sei. Seinerzeit hatte es ein mittlerweile anerkanntes Urteil des Europäischen Gerichtshofs dazu noch nicht gegeben. Die Prüfung der Baumaßnahmen führt jedoch zu weiterer Kritik. So monieren die Aufseher, dass der Gemeinderat in nicht öffentlicher Sitzung eine Zusammenarbeit mit dem Investor, der Familienheim Rhein-Neckar, beschlossen habe.

Dies verstoße gegen die Gemeindeordnung. Die Beschlussfassung hätte öffentlich geschehen müssen, heißt es im Schreiben des Regierungspräsidenten Rudolf Kühner. Nach Ansicht von OB Bernhard seien diese Verhandlungen jedoch gerechtfertigt gewesen, weil die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Investors ebenso wie Kalkulationsgrundlagen des Projekts erörtert worden seien. Doch in Karlruhe sieht man „keine zwingenden Gründe für die Nichtöffentlichkeit der Sitzung“. Man wolle nun mit dem Gemeinderat beraten, wie mit nicht öffentlichen Sitzungen künftig so verfahren werden könne, dass es keine Beanstandungen mehr gebe, sagte Torsten Fetzner, der Erste Bürgermeister, Journalisten der Rhein-Neckar- Zeitung.

Fehlende öffentliche Ausschreibung für Abbrucharbeiten Ein weiterer Punkt, den die Experten im Regierungspräsidium bemängeln, bezieht sich auf Abbrucharbeiten zur Vorbereitung des Projekts. Sie wurden freihändig an den Investor vergeben, der wiederum selbst eine Ausschreibung initiierte. Hier habe die Stadt gegen Vergaberechtsvorschriften verstoßen, so die Kritik. „Besondere Umstände, die eine beschränkte Ausschreibung oder eine freihändige Vergabe rechtfertigen könnten, sind nicht ersichtlich“, heißt es in dem Schreiben des Regierungspräsidiums. Die Experten der Aufsicht sehen damit den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit der Verwaltung verletzt. Es liege auf der Hand, dass bei einer Auftragsvergabe der Stadt Weinheim direkt an einen geeigneten Auftragnehmer mit geringeren Kosten zu rechnen gewesen wäre, so Regierungspräsident Kühner.

Die Themen dieses Tages in einem anderen Jahr :

Print Friendly, PDF & Email
Dieser Beitrag wurde unter Sonstiges abgelegt und mit , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

10 Antworten zu Vergabe bei Bauprojekt verstößt gegen Vorschriften

  1. HK sagt:

    Hier wird doch mit zweierlei Maß gemessen!

  2. Clodw. sagt:

    Mein Eindruck als Leser:

    Stadt Bretten – an der langen Leine. 🙂
    Stadt Weinheim – an der kurzen Leine. 🙁

  3. Ot.Wie. sagt:

    Welche Auflagen für die Stadt Bretten entstanden aus dem letzten Bericht der Gemeindeprüfungsanstalt Baden-Württemberg an das Regierungspräsidium Karlsruhe?

  4. -My. sagt:

    Über die Einstimmigkeit in einer nichtöffentlichen Sitzung wurde in der Tageszeitung berichtet.

    Dann:

    Eine Vereinbarung wurde unterzeichnet …entsprechende Dokumente wurden unterzeichnet – konnten die Leser in der Tageszeitung lesen.

  5. -Isid. sagt:

    Ergänzung zum Kommentar urs. am 4. Nov. 2008

    Gilt das – keine zwingenden Gründe für die Nichtöffentlichkeit der Sitzung – was an der Stadt Weinheim bemängelt wurde, genauso für die Stadt Bretten?

  6. - zy - sagt:

    „So monieren die Aufseher, dass der Gemeinderat in nicht öffentlicher Sitzung eine Zusammenarbeit mit dem Investor, der Familienheim Rhein-Neckar, beschlossen habe. Dies verstoße gegen die Gemeindeordnung. Die Beschlussfassung hätte öffentlich geschehen müssen, heißt es im Schreiben des Regierungspräsidenten Rudolf Kühner.“

  7. urs. sagt:

    „Der Gemeinderat habe sich schließlich in nichtöffentlicher Sitzung einstimmig für den Verkauf der gesamten Fläche an Deuerer ausgesprochen“, so OB Metzger.

  8. wok. sagt:

    Wie sehen denn die Experten der Aufsicht im Regierungspräsidium Karlsruhe Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit der Stadt Bretten?

  9. -az- sagt:

    „Die Aufseher in Karlsruhe fordern die Stadt und deren Bürgermeister Heiner Bernhard (SPD) darin auf,…“

    SPD hmm, hätte er vielleicht rechtzeitig zur CDU wechseln sollen? :o)

    Obwohl, vor dem Gesetz sollten ja alle gleich sein…

  10. F. M. sagt:

    Hat die Stadt Bretten und haben andere Städte im Regierungsbezirk jemals bei der Vergabe von Bauprojekten gegen Vorschriften verstoßen?

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert