„Die Chance, den Hinterhof aufzuräumen“

Große Mehrheit im Gemeinderat für ovalen Kreisverkehr und Tunnel im Nordosten der Brettener Altstadt
„Kosten könnten auch zur Belastung werden“
Von unserem Redaktionsmitglied Rudolf Baier
Bretten. Die Einmündung der Heilbronner Straße in die Weißhoferstraße soll zu einem ovalen Kreisverkehr ausgebaut werden, von dem ein Tunnel abzweigt, der hinter dem Polizeirevier und zwischen Alt- und Neubau der Hebelschule durch in Richtung Sporgassenparkplatz führt. Das ist der Kern der „Variante b 2“ zum Brettener Tunnelprojekt, die vom Gemeinderat mit großer Mehrheit gebilligt worden ist. Nur fünf Ratsmitglieder stimmten dagegen. Die in einem früheren Entwurf vorgesehene Verschwenkung der Heilbronner Straße in private Grundstücke ist nicht mehr erforderlich.
„Das ist eine große Chance, den Hinterhof neben dem Wohnzimmer der Stadt aufzuräumen und den Verkehr aus dem Schulbereich wegzubringen“, umriss Oberbürgermeister Paul Metzger die Ziele des Vorhabens, das im Rahmen des Sanierungsgebiets Altstadt III Nord realisiert werden soll. Der jüngste Beschluss des Gemeinderats war erforderlich, damit die Stadt den erhofften Zuschuss beantragen kann, der dank des so genannten Entflechtungsgesetzes erhofft wird. Er rechne mit Kosten von „deutlich unter 15 Millionen Euro“, erklärte Metzger. Ein städtischer Anteil von 5,5 bis 6 Millionen Euro wäre nach seiner Einschätzung aufgrund der erreichten Steuerkraft Brettens finanzierbar.

Doch diese Millionen könnten angesichts einer ungewissen wirtschaftlichen Entwicklung auch zur Belastung werden, mahnte Jürgen Fetzner (CDU). Dies sei eine bedeutende Weichenstellung für die innerstädtische Entwicklung, doch müsse der Haushalt sie auf Jahre verkraften. Der Feststellung von Heidemarie Leins (FWV/LUB), viele Details seien noch nicht geklärt, erwiderte OB Metzger, es gehe nicht darum, eine abschließende Planung vorzulegen, sondern einen Zuschussantrag zu stellen. Alle weiteren Schritte einschließlich der Bürgerbeteiligung folgten danach. „Wenn der Gemeinderat den Tunnel will, muss er Ja sagen. Wenn nicht, sind 145 000 Euro für den Planungsauftrag vergeblich ausgegeben.“

Von einer weitsichtigen Lösung sprach Heinz Lang (SPD) und stellte fest, die Variante 2 b befriedige alle Forderungen, die man in der Innenstadt erfüllen möchte. „Der Gemeinderat hat Sprunghemmung vor einer großen Entscheidung“, sagte Otto Mansdörfer (Grüne) und forderte, alle sollten an einem Strang ziehen. Eine Debatte über die Kosten für den Tunnel sei überflüssig, „die Summe ist abbildbar“. Alex Veit (FDP/VBU) lobte die Aufwertung der Innenstadt durch das Tunnelprojekt und die Verlegung der Sporgasse. Martin Feurer (FWV/LUB) brach eine Lanze für die Trassenvariante 3, die vom Stadtpark quer durch den Stadtpark führen würde.

Die ganze Sache sei ein Schnellschuss und ein Prestigeprojekt, erklärte Günter Gauß (CDU), der das Verhältnis von Kosten zu Nutzen als eher ungünstig einschätzte. Verwundert zeigte sich sein Fraktionskollege Bernhard Kurz: „Die Verkehrsführung an dieser Stelle war seit Jahrzehnten kein Thema im Gemeinderat, auf einmal wurde es hergezaubert.“ Das Millionenprojekt werde eine Belastung für den künftigen Gemeinderat und den neuen Oberbürgermeister, die beide im kommenden Jahr gewählt werden.
Verknüpft wird von Gemeinderatsfraktionen das Thema Tunnel offenbar mit der Frage der Gestaltung des Straßenzugs Weißhoferstraße / Pforzheimer Straße im Stadtkern. So plädierten Jürgen Fetzner und Michael Nöltner (CDU) für einen verkehrsberuhigten Bereich mit Kurzparkplätzen, wogegen Otto Mansdörfer erklärte, die Grünen könnten sich sehr wohl eine Erweiterung der Fußgängerzone in diesem Bereich vorstellen.

Oberbürgermeister Metzger hatte zu Beginn der Debatte erklärt, Ziel der städtischen Verkehrspolitik sei, alle klassifizierten Straßen aus der Innenstadt heraus zu bringen. Die B 294 solle künftig vom Alexanderplatz in Richtung Pforzheim führen, das sei relativ kurzfristig machbar.

Bald solle auch ein neuer Anschluss der Landesstraße von Oberderdingen auf die B 35 beim Schwimmbad geschaffen werden. „Wir wollen auch eine Verbindung von der B 35 zur B 294 – wie auch immer.“ Daswerde aber erst später möglich werden. Otto Mansdörfer forderte für diese Verbindung einen Tunnel unter der „Wanne“ mit einer Perspektive von zehn bis 15 Jahren.

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16 Antworten zu „Die Chance, den Hinterhof aufzuräumen“

  1. -Rob- sagt:

    Hinterhof bleibt Hinterhof! 🙁

  2. Alexandre sagt:

    Sans rime ni raison – quel que soit le prix!

  3. Alejandro sagt:

    Cada dos por tres – se acabo lo que se daba!

  4. -Burkh. sagt:

    Sie sieht schon jetzt Dinge – ca. 15 Millionen Euro (15.000.000 Euro) jenseits des Tunnels – am Tunnelende!

  5. pr.ist- sagt:

    Also doch – die Mehrheit mit Tunnelblick! 🙂

  6. özd. sagt:

    Kaufmännisch – geschweige denn betriebswirtschaftlich – scheint bisher niemand das Tunnelprojekt so richtig zu durchblicken.

  7. wuns.-fr- sagt:

    Und die zustimmenden Feierabendpolitiker werden sich nach ihrer Abstimmung noch sichtlich wohl gefühlt haben.

  8. a sagt:

    Ganz nebenbei ein sattes Geschäft für die finanzierenden Hausbanken der Stadt Bretten!

  9. vikt-murc. sagt:

    Kommunale Selbstbedienungsmentalität!

  10. Tab. sagt:

    Geld steht nicht zur Verfügung.

    Aber die Stadt Bretten kann sich ja mit bis zu sechs Millionen = 6.000.000 Euro locker verschulden mit ihrer Einschätzung, dann wenigstens Zins- und Tilgungsleistungen zu erbringen.

  11. dr sagt:

    „Ein städtischer Anteil von 5,5 bis 6 Millionen Euro wäre nach seiner Einschätzung aufgrund der erreichten Steuerkraft Brettens finanzierbar.“ (Vorsitzender Metzger)

  12. B-L sagt:

    Erwartungsgemäß wird sich die Rechtsaufsicht hinter der Rechtmäßigkeitskontrolle verschanzen. Soll heißen, sie fragt nicht nach der Zweckmäßigkeit, sondern allenfalls nach der Rechtmäßigkeit. 🙁

  13. -Ferd.-Ö.- sagt:

    Sollten die Rechtsaufsicht im Regierungspräsidium Karlsruhe sowie die Gemeindeprüfungsanstalt Baden-Württemberg in Karlsruhe den Bericht in den Brettener Nachrichten sowie den Kommentar von mm lesen, dann müssten bei denen automatisch die Alarmglocken läuten! 🙂

  14. mm sagt:

    die Summen von 15 Millionen nennt man „abbildbar“, kein Problem, etc. Die Gemeinderäte haben offensichtlich im Umgang mit öffentlichen Geldern alle Hemmschwellen verloren, vom Vorsitzenden Metzger will ich hier nicht sprechen, dem Herrn sind Hemmschwellen auf allen Gebieten fremd.
    Das durchschnittliche Jahreseinkommen in Deutschland beträgt Brutto etwa 40.000€. 15 Millionen sind also 375 durchschnittliche Jahreseinkommen. Die werden vom Gemeinderat Bretten bedenkenlos „abgebildet“, für ein Projekt, das die innerstädtische Verkehrsproblematik lediglich im kosmetischen Bereich verbessert.
    Nicht nur gegen gewissenlose Abzocker in Banken muss eine Kontrollfunktion eingerichtet werden, auch für bedenkenlose Jasager in Städten und Gemeinden!

  15. Gis./Br. sagt:

    Dort sind mehrere Hinterhöfe aufzuräumen! 🙂

  16. Quo. sagt:

    Bei durchfahrenden Besuchern hinterlässt die Kernstadt Bretten das gefestigte Bild eines Hinterhofes.

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