Eine Frage des Klimas

Naturschutzexperten aus ganz Deutschland, die sich im Kongresszentrum eine Woche intensiv mit der Frage „Stimmt das Klima?“ beschäftigten, hatten gestern kaum die Heimreise angetreten, da kam eilig ein anderer Gast angereist, und der zeigte den Unterschied zwischen Theorie und Praxis in der Klimadiskussion auf: Bundeswirtschaftsminister Michael Glos war prominentester Teilnehmer bei der Grundsteinlegung für das neue Kohlekraftwerk am Rheinhafen und ließ keinen Zweifel daran, dass die Republik noch etliche weitere neue Kohlekraftwerke vom Kaliber der rund eine Milliarde Euro teuren Karlsruher Anlage benötige. Dabei gelte es Versorgungssicherheit, Wirtschaftlichkeit und – an dritter Stelle – Klimaschutz unter einen Hut zu bringen.

In den Reden auf der Baustelle im Hafen gab es großes Lob für Karlsruhe, immerhin sei es hier gelungen, zügig die rechtlichen Voraussetzungen für ein riesiges Kohlekraftwerk zu schaffen. Sollen die Karlsruher darauf stolz sein? Der massige Schornstein für das neue Kraftwerk, der im Westen in bemerkenswertem Tempo in die Höhe wächst, zeigt die Dimension des neuen Kohleofens auf, der zwar mit neuester Technik arbeitet, aber dennoch riesige Mengen des klimaschädlichen Kohlendioxids und anderer Schadstoffe in den Karlsruher Himmel bläst. Wie die Bevölkerung – gerade Kinder und alte Menschen – mit der zusätzlichen Belastung zurechtkommt, wird sich ab 2011 zeigen.
Die EnBW als Betreiber des neuen Kohlekraftwerkes zu attackieren und ihr zu unterstellen, es gehe ja nur um Rendite, wie dies manche Umweltverbände tun, ist freilich auch keine Lösung. Wie kälteempfindlich die Bevölkerung geworden ist, hat sich gerade in den vergangenen Nächten gezeigt. Als die eine oder andere Heizung nicht gleich ansprang, gab es – verständlicherweise – lautes Klagen. Würde Strom knapp, wären moderne Heizungsanlagen schnell am Ende und viele andere Errungenschaften moderner Technik auch.

EnBW-Chef Hans-Peter Villis hat gestern versichert, sein Unternehmen wolle für jeden Euro, der in Anlagen wie das Kohlekraftwerk gesteckt werde, einen Euro in den Ausbau der erneuerbaren Energien investieren. Wenn dies eingehalten wird, ist das mehr als ein Hoffnungsschimmer. Vielleicht kann die nächste Generation dann den dicken Schornstein im Hafen und andere wieder abreißen.
Villis hat noch etwas Sympathisches gesagt, nämlich dass das Kraftwerk sichtbarer Ausdruck des Bekenntnisses der EnBW zum Konzernstandort Karlsruhe sei. Ist da nicht auch denkbar, dass der Energieriese noch durch andere „Bekenntnisse“ seine Verbundenheit mit der Fächerstadt zum Ausdruck bringt? Etwa durch einen namhaften Beitrag zu einem neuen Fußballstadion. Eine solche Geste würde zwar die Karlsruher Luft nicht verbessern, könnte aber dennoch einen Beitrag zu einem besseren Klima in Karlsruhe leisten, indem deutlich würde: Die geben von dem, was sie in der Stadt verdienen, einen Teil an die Bevölkerung zurück.

Ganz abgesehen davon ist ein modernes Stadion mit dem Schriftzug „EnBW“ in unmittelbarer Stadtnähe doch ein besserer Werbeträger als der modernste Kraftwerksklotz am Rhein.

Günther Kopp

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Eine Antwort zu Eine Frage des Klimas

  1. mm sagt:

    nein Herr Kopp, doch eher eine Frage der Vernunft! Aber was interessiert uns schlechte Luft, wenn wir ein Stadion kriegen ?!

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