Der Countdown läuft

Landkreis übernimmt 2009 Abfallsammlung / Nicht alle Bürger profitieren
„Das Gebührensystem kann nicht für alle gleichermaßen gerecht sein“
Von unserem Redaktionsmitglied Matthias Kuld
Kreis Karlsruhe. Die Sache scheint so einfach nicht zu sein. Andernfalls hätten nicht knapp 300 Kürnbacher Bürger vor einigen Tagen beim Info-Stand nachgefragt. Das muss am Thema gelegen haben. Es ging um Müll. Genauer gesagt: um das neue Abfallsammelsystem, das ab 1. Januar im gesamten Landkreis Karlsruhe gilt. Auch das geht genauer: Rund 110 000 Grundstückseigentümer haben schon Post vom Landkreis erhalten und werden noch darüber erfahren, wie künftig die Müllabfuhr funktioniert (siehe dazu auch „Angemerkt“).

Uwe Bartl, Leiter des Abfallwirtschaftsbetriebes des Kreises, erklärt die wesentlichen Veränderungen. „Jeder Kunde kann frei die Behältergröße wählen und dies auch während des Jahres, wenn er feststellt, dass das Müllgefäß zu klein oder zu groß ist. Jeder bestimmt den Preis insofern mit, als der Mülleimer zur Leerung auf die Straße gestellt werden muss, wobei vier Leerungen übers Jahr Pflicht sind.“ Als wichtige Neuerung beschreibt Bartl auch das Leistungspaket, das mit der Grundgebühr abgegolten ist: „Darin enthalten ist der Preis für die Wertstofftonne, die wie die Restmülltonnen jede zweite Woche geleert werden kann. Dazu kommen jeweils zwei Sperrmüllabfuhren für Restsperrmüll, Altholz und Elektrogeräte. Das Ganze wird in einem Abrufsystem organisiert. Schließlich sind die Wertstoffhöfe und Grüngutsammelplätze kostenfrei nutzbar.“ In Städten und Gemeinden, in denen es diese Einrichtungen bislang noch nicht gab, wurden und werden sie noch eingerichtet.

Schließlich hat das neue Müllabfuhrsystem finanztechnisch besonderen Charme: „Für viele Gebührenzahler wird es etwas günstiger.“ Viele heißt nicht alle. Denn in Leserzuschriften haben Kreiseinwohner schon Rechnungen aufgemacht, wonach sie künftig teurer fahren als bisher. Bartl und der Erste Landesbeamte im Landratsamt, Ralph Schlusche, betonen indes, dass nicht alles miteinander vergleichbar sei. So hatten die Kreisräte Walter Heiler und Artur Hoffmann gegen das neue Sammelsystem gestimmt: „Bei uns wird’s teurer“, sagten sie. „Ja, aber“, sagt dazu Uwe Bartl. Denn bislang habe die Sperrmüllabfuhr in Waghäusel richtig Geld gekostet, jetzt sei sie in der Grundgebühr dabei, sogar sechsmal. Der, der den Sperrmüll nicht braucht, profitiert davon allerdings nicht. Daher räumen Schlusche und Bartl auch ein, „dass es kein Gebührensystem gibt, das für alle gleichermaßen gerecht ist.“ Gleichwohl würden viele Kunden billiger fahren – etwa deshalb, weil sie durch Müllvermeidung auf kleinere Tonnen umsteigen können. Das könne sich rasch dort ergeben, wo bislang die kleinste Tonne größer als der künftig angebotene 60- oder 80-Liter-Eimer ist. In Östringen etwa dominiert das 120-Liter-Behältnis.

Obwohl die Sache im Detail schwierig erscheint, haben sie Bartl und seine Mitstreiter verwaltungstechnisch bis dato im Griff. Der Countdown läuft. „Wir haben die Daten erfasst und bauen mit den Kommunen die gemeinsame EDV auf. Der Bürger kann künftig also bei uns direkt oder im Rathaus anrufen, wenn er eine andere Mülltonne möchte.“ Zum Jahresende erfolgt eine Abrechnung des bisherigen Systems und dann gibt es neue Gebührenbescheide. Politisch entscheidend ist, dass die Müllsammlung durch den Kreis sechs Millionen Euro günstiger ist als das, was bislang die Kommunen bezahlt haben. Bei unverändertem Leerungsverhalten sollen die Gebühren bis 2011 stabil bleiben, hofft Bartl.
Das Leerungsverhalten der Kürnbacher freilich muss neu ermittelt werden. Die haben bislang ihren Abfall in großen Tonnen auch nach Gewicht bezahlt. Künftig geht es nach Häufigkeit. Vielleicht war es die Umstellung, die für den Informationsbedarf verantwortlich war.

Müllgebühren
Grafik : BNN

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4 Antworten zu Der Countdown läuft

  1. volk.zerb. sagt:

    Ich habe ebenfalls am 4. April, 2008 kommentiert.

    Bei Einsparungen für den Landkreis Karlsruhe von 4,4 Millionen Euro ab dem Jahr 2009 im Wege der Rückdelegation liegt die Vermutung nahe, dass die hiesigen Müll-Gebührenzahler in der Vergangenheit finanziell recht ordentlich über den Tisch gezogen wurden.

  2. -Cath.D. sagt:

    mm am 20. September, 2008 ist zuzustimmen.

    Mein Kommentar am 4. April 2008

    Man erwartete 2,7 Millionen Euro an Einsparungen. Heraus kamen 4,4 Millionen Euro.

    Zu dieser krassen Fehleinschätzung muss die Frage erlaubt sein, wer auf welcher Grundlage was prognostiziert hat.

    Übrigens: Eine Antwort steht noch aus! 🙂

  3. Hellsinki sagt:

    KraichgauTV hat einen Film dazu gemacht. Thema waren die Infoveranstaltungen in Kürnbach und Oberderdingen. Müsste ab Freitag laufen…

  4. mm sagt:

    durch gebetsmühlenhaftes Wiederholen kann man Vokabeln lernen, Gedichte auswendig und Unwahrheiten zur Wahrheit erheben. Dieses Prinzips bedient sich der Landkreis Karlsruhe, seit er die „Rückdelegation“,zwecks Verbesserung der Kreisfinanzen erdacht hat.
    Inzwischen schränkt man, um sich weiterer Leserbriefe schon im Vorfeld zu erwehren, ein : „Nicht alle Bürger profitieren“.
    Die sonst so statistikverliebten Finanzjongleure im Landkreis vermeiden die Angabe von Zahlen, was aber durchaus machbar gewesen wäre, die Gemeinden haben doch alle Unterlagen.
    Es bleibt der Verdacht, dass der Landkreis die Müllabfuhr als neues lukratives Geschäft zur Verbesserung seiner Finanzen entdeckt hat. Die Erfahrung lehrt, dass eine öffentliche Verwaltung immer der schlechtere Unternehmer ist, gegen den sich der Bürger noch dazu praktisch nicht wehren kann!

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