Unseriöse Praxis

WOLFGANG VOIGT
An Deutlichkeit ließ es der Präsident des Rechnungshofs nicht mangeln: Bei der Förderung von Ganztagsschulen im Land ging es erschreckend ungerecht und reichlich planlos zu. Dabei handelte es sich keineswegs um Peanuts: Das Füllhorn der öffentlichen Hand maß mehr als eine halbe Milliarde Euro. Geld vom Bund, das Kultusminister Rau für eines der gesellschaftlich bedeutendsten Projekte ausschütten durfte: Für die Bildung.
Bei Wohltaten von Vater Staat nehmen die zuständigen Beamten das jeweilige Projekt gemeinhin mit penibler Genauigkeit unter die Lupe: Ist die Finanzspritze von 1000 Euro zur Integration von Ausländern wirklich sinnvoll eingesetzt? Zieht jener Zuschuss von 5 000 Euro die erwünschten Folgeinvestitionen nach sich? Mit Recht werden solche Fragen gestellt. Bei der Förderung der Ganztagsschulen jedoch war alles anders. Hier zählte allein das Tempo der Akteure und ihr Talent zur schönfärberischen Verschleierung. Geld fürs neue (und eigentlich überhaupt nicht förderfähige) Lehrerzimmer? Kein Problem. Eine schicke Sportplatztribüne? Lässt sich leicht als „grünes Klassenzimmer“ tarnen und wird üppig bezuschusst. Und noch weitere skandalöse Praktiken bringt der Rechnungshof ans Licht. Das eine Regierungspräsidium setzt für Kleinspielfelder pauschal förderfähige Kosten von 70 000 Euro an, die Kollegen 20 Kilometer weiter orientieren sich an den kommunalen Richtlinien und genehmigen fette 110 000 Euro.

Was fehlt, sind durchgängige inhaltliche Vorgaben, eine sachliche Gewichtung gibt es nicht. Und das, obschon das ansonsten so detailverliebte Kultusministerium ausdrücklich die Verantwortung für das gewaltige Förderprogramm und seine Ausgestaltung hatte. Martin Frank, der Präsident des Rechnungshofs, bringt es auf den Punkt: „Da ging es zu wie beim Räumungsverkauf – alles musste raus.“
Wer wie die Verantwortlichen im Kultusministerium dermaßen verantwortungslos mit dem Geld der Steuerzahler hantiert, disqualifiziert sich selbst. Dass Landesbehörden zu Recht knausrig mit dem eigenen Etat umgehen, Geld des Bundes aber ohne Sinn und Verstand unter die Leute bringen, spricht Bände. Vergaben nach dem unwürdigen „Windhundprinzip“ darf es in Zukunft nicht mehr geben. Und: Die Landesregierung muss dringend prüfen, ob die erteilten Genehmigungen rechtlich haltbar sind. Im Interesse aller Schulen und Schüler. Und im Interesse ihrer eigenen Seriosität.

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8 Antworten zu Unseriöse Praxis

  1. Tab. sagt:

    Ähnlich verhält es sich mit der Gemeindeprüfungsanstalt.

  2. Bor. sagt:

    Es bleibt mir der Eindruck bestehen, dass der Landesrechnungshof regelmäßig mit diesen Prüfungen lediglich seine Existenzberechtigung nachzuweisen hat.

  3. Ut.rsl. sagt:

    Wieder einmal…

    als „Raubtier“ gestartet 🙂
    und
    als Bettvorleger gelandet! 🙁

  4. Ottm.Schu. sagt:

    Frage: Was erbringt der Rechnungshof? 🙂

    Antwort: Völlig unverbindliche Empfehlungen! 🙁

  5. i sagt:

    Oder:

    Gut gebrüllt Löwe! 🙂

    Jedoch nicht gebissen! 🙁

  6. g-/-f sagt:

    Der Rechnungshof in der statistischen Rolle eines zahnlosen Tigers.

  7. -nz- sagt:

    „Dass Landesbehörden zu Recht knausrig mit dem eigenen Etat umgehen, Geld des Bundes aber ohne Sinn und Verstand unter die Leute bringen, spricht Bände.“

    Und das hohe Gehalt der Entscheider zahlt ohnehin der Steuerzahler. Wie lange noch? Warum sind diese Leute für den Murks nicht mit Ihren eigenem Geld verantwortlich?

  8. -el- sagt:

    „Wer wie die Verantwortlichen im Kultusministerium dermaßen verantwortungslos mit dem Geld der Steuerzahler hantiert, disqualifiziert sich selbst.“

    In der freien Wirtschaft (bei Großkonzernen vielleicht nicht so schnell) wäre der Rausschmiss garantiert!

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