Gönner fordert Ende des Angebotswettlaufs beim Ausweisen von Gewerbeflächen

08.05.2008 Walldorf. Umweltministerin Tanja Gönner (CDU) warnte heute in Walldorf (Rhein-Neckar-Kreis) im Vorfeld der Regionaltagung „Kommunale Gewerbeflächen – Konkurrenz oder Kooperation?“ vor einer Fortsetzung des „Angebotswettlaufs“ von Gemeinden bei der Ausweisung von Gewerbeflächen. In Baden-Württemberg werden täglich 9,4 Hektar für Siedlungs- und Verkehrszwecke neu in Anspruch genommen. Dies entspricht einer Fläche von etwa 13 Fußballfeldern.

Der Flächenverbrauch gehe zum Teil auf die in der Vergangenheit seit 1952 stark gewachsene Bevölkerung mit einem Plus von 62 Prozent oder rund vier Millionen Einwohner zurück. Im Wohnungsbereich sei außerdem ein drastischer Anstieg der Wohnfläche pro Person zu verzeichnen, 1950 waren es 15 Quadratmeter pro Person, heute sind es 42 Quadratmeter, so die Ministerin. Ein weiterer wesentlicher Grund sei aber auch die Zunahme an Gewerbeflächen.

Zwischen 2000 und 2005 sei der Flächenverbrauch im Land von zwölf auf 8,8 Hektar pro Tag zurückgegangen. 2006 sei er, wohl überwiegend durch das Anziehen der Konjunktur bedingt, aber wieder auf 9,4 Hektar angestiegen. Der Wirtschaftsbau expandiere. Das sei einerseits sehr erfreulich. Doch seien auch Fehlentwicklungen durch sehr großzügige Gewerbeflächenausweisungen „auf Vorrat“ festzustellen. „Man muss versuchen, diese Entwicklung in geordnete Bahnen zu lenken. Vor allem müssen die Standorte sorgfältig gewählt werden. Hier sehe ich eine wachsende Verantwortung aller kommunalen Institutionen von der Gemeinde über den Kreis bis zur Region“, unterstrich die Ministerin.

Wirtschaftswachstum und Flächenverbrauch entkoppeln
Einfluss habe aber auch der Konsument. Durch mehr Nachfrage nach regionalen Gütern, durch das Einkaufen im nächstgelegenen Laden, das wirke dem Trend zu immer größeren Einheiten der Logistik und des Handels entgegen. Dann hätten auch Läden in den Ortskernen mit ihren gewachsenen Strukturen wieder eine größere Chance. „Freiflächen und eine intakte Umwelt sind auch eine Form des Kapitals, das unseren Standort attraktiv macht“, betonte die Ministerin. „Wir müssen und können Wirtschaftswachstum und Flächenverbrauch entkoppeln, so wie wir es auch beim Energieverbrauch geschafft haben.“

Die Innenentwicklung muss durch Folgenutzungen und Wiedernutzbarmachung von Brachflächen gestärkt werden“, erklärte Gönner. Dies sei keine Restriktionsstrategie, sondern die Wahrnehmung von Chancen. „Innenentwicklung wird belohnt durch niedrigere Kosten bei der Herstellung der Infrastruktur und bei deren Unterhalt. Nicht nur für Wohnzwecke, sondern auch für nicht störende Gewerbebetriebe und qualifizierte Dienstleistungsunternehmen seien Ortskerne eine sinnvolle Alternative zur Expansion an die Ortsränder. Kompakte Siedlungsstrukturen bieten kurze Wege auch fürs Gewerbe, Kundennähe im wörtlichen Sinn. Sie sparen Verkehr und erleichtern zudem effiziente Formen der Energieversorgung, etwa durch Blockheizkraftwerke. Kurzum: Innenentwicklung biete Mehrfachnutzen, also sogenannte win-win-Situationen.

Bewusstseinsbildung und finanzielle Anreize
Das Land hat deshalb in einem im November 2007 beschlossenen Strategieprogramm Ansätze zur Stärkung der Innenentwicklung aufgezeigt. Einer davon ist die nachdrückliche Bewusstseinsbildung, wie sie auf der Veranstaltung in Walldorf erfolgt. Angesprochen werden Entscheider in der Wirtschaft und vor allem kommunale Mandatsträger, denn die Ausweisung von Baugebieten geschieht im Rahmen der kommunalen Planungshoheit, die lediglich in gewissen Grenzen eingeschränkt werden kann.

Neben dieser zielgruppenorientierten Öffentlichkeitsarbeit soll auch der Verwaltungsvollzug und der rechtliche Rahmen verbessert werden, indem die Landesbehörden bei der Neuausweisung von Flächen auf die erforderliche Zurückhaltung einwirken können. „Wir wollen außerdem neue finanzielle Anreizmöglichkeiten schaffen, die eine Innenentwicklung begünstigen.“ So sollen Kommunen über eine entsprechende Gesetzesänderung bei der Grundsteuererhebung erweiterten Spielraum erhalten, um die Entwicklungvon Innenstädten und die Vitalisierung von Dorfkernen begünstigen zu können.Außerdem sollen die Abschreibungsmöglichkeiten für Gebäude in innerörtlichen Bereichen verbessert werden. Gedacht sei dabei an Sonderabschreibungen beziehungsweise bei eigengenutztem Wohnraum einem erhöhten Sonderausgabenabzug. „Die innerörtliche Entwicklung und Nutzung vorhandener und bislang brachliegender Siedlungsflächen soll dadurch gefördert werden“, so Gönner.

red

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6 Antworten zu Gönner fordert Ende des Angebotswettlaufs beim Ausweisen von Gewerbeflächen

  1. -Dir sagt:

    Erinnert mich an Sonntagsreden, die an Werktagen (Arbeitstagen) nicht mehr gelten.

  2. Zand.-/May. sagt:

    „Fordert“ liest sich gut – enstprechendes Handeln durchzusetzen, wäre wesentlich besser.

  3. vikt-murc. sagt:

    In der Sache helfen nur reine Absichtserklärungen von ihr keineswegs weiter.

  4. Inge Jurk-Prommersberger sagt:

    Es wäre erfreulich, wenn in ganz Baden-Württemberg, besonders auch in waldreichen Gebieten, das Bewußtsein dafür geweckt würde, dass man auch mit „Landnahme“ für Gewerbezwecke etwas sparsamer umgehen sollte. Die Anregungen von Frau Gönner finde ich nicht schlecht. Schliesslich kann man Natur nicht ersetzen…

  5. -fc- sagt:

    Als Leser und gelegentlicher Kommentator dieser Seiten bin ich mit diesem Niveau der obigen Kommentierung nicht einverstanden und beantrage sofortigen Ausschluss des o.g. Kommentators.

    Das hohe Gut der freien Meinungsäußerung auf den BAK-Seiten setzt m.E. einen anderen, klaren, harten aber höflichen und sachbezogenen Umgang miteinander.

    Als abschreckendes Beispiel sollten aber die bisherigen Kommentare von Crixius bestehen bleiben, um die Toleranz gegenüber anderen Meinungen zu dokumentieren.

  6. Crixius sagt:

    Mit jedem weiteren Bericht demontiert sich das BAK selber und zeigt sein wahres Gesicht.

    Überdenkt euer Handeln.

    Wacht auf

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