Naturschutz unbekannt

Fällung einer Linde am Flehinger Bahnhof erregt Gemüter
Oberderdingen (pos). Das Fällen einer Linde am Flehinger Bahnhof vor zwei Monaten hat ein Nachspiel: Der Baum war als Naturdenkmal deklariert – was aber offenbar auch in den Amtsstuben kaum jemand wusste. Der Stadtbahnbetreiber AVG hatte im vergangenen Sommer auf die Gefährdung des Zugbetriebs hingewiesen, weil der morsche Baum nicht mehr standsicher sei. Nach einer Prüfung des Sachverhalts durch das Karlsruher Landratsamt und einem Lokaltermin am Flehinger Bahnhof wurde am 18. Februar die Säge angesetzt.
Was man dabei übersah: Eben jenes Landratsamt hatte den Baum 1989 unter Schutz gestellt. Man habe in einer Sammelverordnung des Landkreises von 1987 auch nach diesem Aspekt recherchiert, berichtet Bürgermeister Thomas Nowitzki. Dass die strittige Linde zwei Jahre später in einer weiteren Verordnung unter Schutz gestellt wurde, habe man nicht gewusst, sagt Nowitzki, der vor der Fällung auch den Flehinger Ortschaftsrat informierte und eine einstimmige Empfehlung für das Fällen erhielt.

Doch just ein Mitglied dieses Ortschaftsrats setzt sich jetzt kritisch mit der Aktion auseinander. „Ich habe eine Selbstanzeige gemacht, weil die Linde ein Naturdenkmal war“, erklärte Christian Strohmenger in der Fragestunde. der jüngsten Gemeinderatssitzung. Das Landratsamt teilte der Gemeindeverwaltung mit, beim Umweltministerium in Stuttgart sei eine Umweltmeldung über die Fällung der Linde angezeigt worden. Das Amt für Umwelt und Arbeitsschutz im Landratsamt Karlsruhe fordere von der Gemeinde eine Ausgleichsmaßnahme im Wert von 20 000 Euro.
„Wir hätten auch einen naturschutzrechtlichen Antrag auf Fällung stellen müssen, sagt der Bürgermeister und lässt keinen Zweifel daran, dass ein Erhalt des Baumes für ihn nicht in Frage kam. Selbst wenn man teure baumchirurgische Maßnahmen durchgeführt hätte, wäre noch immer das Risiko geblieben, dass die Linde dennoch umstürzt und Stadtbahnzüge und ihre Passagiere gefährdet.

Nowitzki erinnert an die einst prächtige Linde beim Derdinger Stadion, die mit großen Aufwand saniert worden war und schließlich trotzdem auseinander brach. „Die Entscheidung, die Linde am Bahnhof zu fällen, ist schwergefallen, war vom Gutachten untermauert, vom Ortschaftsrat befürwortet und vom Förster als die angemessene Entscheidung angeraten worden“, rechtfertigt Nowitzki und kündigt an, nach Rücksprache mit dem Landratsamt als Ersatz drei neue Linden beim Bahnhof pflanzen zu lassen.

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7 Antworten zu Naturschutz unbekannt

  1. Verit. sagt:

    Nicht nur der holzfällende PM-Bazillus, sonder auch der gleichnamige Lügenbazillus scheint sich auszubreiten!

  2. Fragezeichen sagt:

    Greift eine Seuche, die von Bretten ausgeht, um sich? Hat der holzfällende PM-Bazillus, der 22 ha Rüdtwald dahingerafft und die Platanen an der Brettener Bahnhofstasse niedergemetzelt hat, jetzt auch die Nachbargemeinden befallen?

  3. Albero sagt:

    Getreidehalme haben eine geringere Wandstärke als die gefällte Linde „gesundes“ Holz besitzt. Massive Halme sind sogar weniger stabil. Das Risiko bei einem Sturm umzukippen wäre für die Linde also sehr gering gewesen.

  4. A. Terra sagt:

    Die Gemeinde Oberderdingen muss von der Unterschutzstellung gewusst haben, weil der Baum offensichtlich gleich zweimal – 1987 und 1989 – unter Schutz gestellt wurde!

  5. Tilius sagt:

    „Nach einer Prüfung des Sachverhalts durch das Karlsruher Landratsamt und einem Lokaltermin am Flehinger Bahnhof wurde am 18. Februar die Säge angesetzt.“
    Aus diesem Zeitungsbericht kann der Leser nicht entnehmen wann und mit welchem Ergebnis vom Landratsamt geprüft wurde. Ich gehe davon aus, dass eine seriöse Zeitung wie die BNN dieses Versäumnis umgehend nachholt und ihre Leser informiert .

  6. jos.pr. sagt:

    Es gilt Naturschutz. – Und niemand weiß davon!

  7. Herb. Kl. sagt:

    „Das Amt für Umwelt und Arbeitsschutz im Landratsamt Karlsruhe fordere von der Gemeinde eine Ausgleichsmaßnahme im Wert von 20 000 Euro.“

    Die Gemeinde Oberderdingen hätte sich mit der richtigen Vorgehensweise derartiges ersparen können.

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