Heilbronner Eltern sparen eine Menge Geld

Die Kindergärten und Tagesstätten der Käthchen-Stadt sind kostenlos / Städtetag ist dagegen
Von unserer Mitarbeiterin Wenke Böhm
Heilbronn/Tübingen. Heilbronn liegt auf der Sonnenseite. Zumindest was die Kindergartengebühren angeht. Seit Januar zahlen Eltern von Kindern über drei Jahren hier keinen Cent, und sparen jährlich hunderte Euro im Vergleich zu Eltern im Landkreis. Damit hat Heilbronn als erste deutsche Großstadt Neuland beschritten in einem Tarifdschungel, ähnlich dem von Strom und Telefon. Die Kindergartengebühren schwanken erheblich, je nach Träger, Einkommen, Zahl der Kinder oder Form der Zuschüsse. So heißt es beispielsweise für Eltern mit zwei Kindergartenkindern und einem Jahreseinkommen von 80 000 Euro brutto: Tübingen 3 552 Euro im Jahr, Heilbronn null.
Die Heilbronner Eltern sind glücklich: „100 Euro sind eine Menge Geld“, sagt Beate Wahl, Elternbeiratsvorsitzende eines Kindergartens. Das Gesparte könne sie für die Ausbildung zur Seite tun. Und: „Seit wir nicht mehr zahlen müssen, ist die Bereitschaft der Eltern viel größer, Geld für Materialien und Feste zu geben.“
Die Gebührenfreiheit gilt für alle Kindergartenkinder ab drei Jahren, die ihren Hauptwohnsitz in der Käthchen-Stadt haben – und zwar unabhängig von Träger und Betreuungszeit. Helmut Himmelsbach, parteiloser Oberbürgermeister der 121 500-Einwohner-Stadt, zieht nach dem ersten Vierteljahr ein positives Fazit: „Wir sind glücklich, dass uns die Gebührenfreiheit bundesweit viele positive Schlagzeilen eingebracht hat.“ Die Stadt hoffe, dass sich Familien dadurch gegen einen Umzug in Richtung „Speckgürtel“ entscheiden.

Von der neuen Regelung, die zunächst bis Ende 2009 gilt, profitieren rund 4 000 Kinder. Ihre Eltern sparen im Vergleich zu 2007 bis zu 140 Euro monatlich. Es fallen nur Zusatzkosten wie Essensgeld an. Das Paket kostet die Stadt jährlich 2,46 Millionen Euro. „Sie werden durch allgemeine Haushaltsmittel finanziert. Es gibt dafür keine Kürzungen“, sagt ein Stadtsprecher. Und der Oberbürgermeister betont: „Heilbronn startet gleichzeitig eine Qualitätsoffensive, die 2,5 Millionen Euro jährlich kostet und 90 neue Stellen für Erzieherinnen schafft.“

Heilbronns Beispiel hat eine neue Diskussion um ein kostenloses letztes Kindergartenjahr ausgelöst. „Ab 2009/2010 werden wir unsere Gutscheine so aufstocken, dass das letzte Jahr im Regelkindergarten beitragsfrei sein wird“, kündigt Mannheims Jugendamtsleiter Heinz- Hermann Werner an. Auch in Wendlingen soll das letzte Jahr bald kostenlos sein.
Das widerspricht der Empfehlung des Städtetags. „Wir raten von der Gebührenbefreiung ab“, sagt Dezernentin Agnes Christner. Das würde die anstehenden Verhandlungen mit dem Land über die Zuschüsse schwächen. Stattdessen solle die Kleinkind- und Ganztagsbetreuung ausgebaut und die Qualität verbessert werden. „Diese Kosten sind so gewaltig, dass wir kaum Spielraum haben.“

Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer (Grüne) schätzt die Kosten auf rund fünf Millionen Euro jährlich, um die Zahl der Plätze und die Qualität zu verbessen. „Dafür setzen wir mit den stark gestaffelten Gebühren einen sozialpolitischen Schwerpunkt.“ Die Solidarität der Bürger sei groß. Auch Pforzheim hält es für wichtig, einkommensschwächere Familien zu fördern. „Sicher ist es eine schöne Sache, wenn man sich die Gebührenbefreiung leisten kann. Aber unsere Haushaltslage ist nicht so rosig wie in Heilbronn“, sagt Schulamtsleiter Manfred Maschek.

Die Themen dieses Tages in einem anderen Jahr :

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7 Antworten zu Heilbronner Eltern sparen eine Menge Geld

  1. äth. sagt:

    An die Mitglieder des Brettener Gemeinderates

    Was in Heilbronn möglich ist, muss sich doch auch in Bretten durchsetzen können.

    Man muss sich ja nicht an Pforzheim und Tübingen orientieren! 🙂

  2. f - h sagt:

    Die Möglichkeiten lassen sich erweitern:
    Kostenloser Nahverkehr, freier Eintritt beispielsweise in Schwimmbäder, kostenlose Schulbücher und Weiteres.

  3. Bor. sagt:

    Die Heilbronner Volksvertreter haben es verstanden.
    Mit Geld allein lassen sich die wenigsten davon überzeugen, Kinder zu bekommen. Es ist viel vernünftiger, Geld in Kinderbetreuung und kostenlose Kindergärten und Kitas zu stecken.

  4. Lis.-My. sagt:

    Aufruf: Nachahmer gesucht!

  5. -Cath.D. sagt:

    Wenn man ernsthaft Kinder und ihre Familien fördern will.

  6. -Irmg.- sagt:

    Ein Beispiel, das Schule machen sollte.

  7. Chr.Z. sagt:

    Recht so – praktizierte Familienpolitik!

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