Die Suche nach dem Sündenbock

MICHAEL LEHNER
Bayerns Landesbank-Chef gibt auf. Die Vermutung, dass er dies unter dem Druck der Münchner Staatsregierung tut, ist naheliegend. Für die Suche nach einem Sündenbock war es höchste Zeit – aber vielleicht schon zu spät, um CSU-Chef Erwin Huber aus der Schusslinie zu bringen.
Werner Schmidts größte Sünde war wohl die Pressemitteilung, mit der er letzte Woche den wahren Zustand der durch faule US-Kredite gebeutelten Bayern-Bank offenbarte. Das passte der auf Beschwichtigung erpichten Regierungspartei nicht in den Kram, schon gar nicht vor der großen Kommunalwahl in einer guten Woche. Dabei wächst der Verdacht, dass der hoch angesehene Banker Schmidt noch schonend vorging. Hinter den Kulissen kursieren bereits Zahlen, die über das 1,9-Milliarden-Geständnis hinausgehen. Und der öffentlich aufgeführte Eiertanz wird der halbstaatlichen Bank weiteren Schaden bringen. Wahr ist wohl auch, dass eine Landesbank hauptsächlich für Inlandsgeschäfte zum Wohle der heimischen Wirtschaft da ist, speziell auch für den Mittelstand. Davon haben sich Landesbanker und ihre Kontrolleure aus der Politik aber längst entfernt – wohl auch aus einer Großmannssucht mit gelegentlich kindischen Zügen. Und aus einem Konkurrenzdenken unter Länderfürsten, das im richtigen Geschäftsleben nicht selten fatale Auswirkungen hat.

Öffentliche Banken, die letztendlich mit Steuergeld wirtschaften, wären nach landläufigem Empfinden dem Gemeinwohl besonders verpflichtet. Dass davon in der ernüchternden Praxis nur wenig zu spüren ist, müssen sich vor allem Politiker vorhalten lassen, die ihre Aufsichtsfunktion mehr als Machtfaktor denn als Mandat im Auftrag der Bürger begreifen. Warnschüsse, die auf fatale Fehlentwicklungen hinweisen, hätte es zudem über Jahre genug gegeben – nicht nur in Bayern. Nahezu alle wichtigen Regierungspolitiker des Freistaats haben seit Jahren Einblick in die Landesbank-Geschäfte – zumindest wurden sie dafür vom Volk gewählt und in die Aufsichtsgremien entsandt. Die Behauptung, nichts gewusst und nichts geahnt zu haben, ist da keine gute Wahlempfehlung. Und die Suche nach einem Sündenbock eher ein Ritual aus heidnischer Vorzeit.

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6 Antworten zu Die Suche nach dem Sündenbock

  1. äth. sagt:

    Jeder auf seine Art.

  2. -oh- sagt:

    Wer denn sonst?

  3. B-L sagt:

    Aufsichtsrat und Vorstand haben in trauter Zweisamkeit (vertrauensvoller Zusammenarbeit) das finanzielle Debakel voll zu verantworten.

  4. k-St. sagt:

    Mehr als 1,9 Milliarden Euro in den Sand gesetzt!

    Vom Aufsichtsrat der Bayerischen Landesbank ist nicht die Rede!

  5. J-N sagt:

    …“dem Gemeinwohl besonders verpflichtet.“ – Sich verzocken für das Gemeinwohl!

    Daß ich nicht lache!

  6. hv sagt:

    Frage: Wozu brauchen wir Landesbanken?
    Antwort: Zum (Ver-)zocken!

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