Die EnBW schlägt das Kapitel Wachstum auf

Konzern will stärker im deutschen Gasmarkt mitmischen / Im Laufe des Jahres Strompreiserhöhung möglich
Investitionen in die Versorgungssicherheit Yello seit Herbst 2007 in Schweden
Von unserem Redaktionsmitglied Gisela Maag
Karlsruhe. Die EnBW Energie Baden-Württemberg AG (Karlsruhe) hat ein zufriedenstellendes Jahr 2007 hinter sich, in dem die Basis für künftige Aktivitäten gelegt wurde. „Der Ausflug in die Schuhwelt ist abgeschlossen“, sprach Hans-Peter Villis in seiner ersten Bilanzpressekonferenz als EnBW-Chef das einstige Engagement bei Salamander an. „Wir sind nun ein ganz normaler Energiekonzern, der sich auf das Kerngeschäft konzentriert, – also auf das, was wir können.“ Und damit meint er das Geschäft mit Strom, Gas und Energiedienstleistungen. „Wir beginnen ein neues Kapitel, und dieses Kapitel heißt Wachstum“, gab er die Marschrichtung vor und fügte hinzu: „Wir sind finanzkräftig genug, um zu wachsen.“
Der Konzern wolle seine Position mit deutlich höheren Investitionen auf dem Gasmarkt und bei der Billigstrommarke Yello stärken. „Wir wollen mitmischen im Gasmarkt in Deutschland“, sagte Villis. 2007 wurden weitere Anteile an der Erdgas Südwest GmbH erworben. Langfristige Ziele seien eine unabhängige Beschaffung mittels eigener Gas-Importverträge und der sichere Zugang zu der notwendigen Transport- und Speicherinfrastruktur. Die Sicherung langfristiger Nutzungsrechte für Salzkavernen zur unterirdischen Gasspeicherung im niedersächsischen Etzel und die Anbindung der Speicher über eine Pipeline an den niederländischen Markt seien Teil dieser Strategie.

Immerhin 7,6 Milliarden Euro – 4,6 Milliarden für Sach- und drei Milliarden für Finanzinvestitionen – sollen von 2008 bis 2010 ausgegeben werden. Bereits beim Neujahrsempfang der Industrie- und Handelskammer (IHK) Karlsruhe hatte Villis dieses Investitionsvolumen angekündigt und versichert, dass rund 75 Prozent der Sachinvestitionen auf Baden-Württemberg entfallen sollen. Gestern bekräftigte er nun, dass die EnBW ihre Wertschöpfung trotz eines zunehmend investitionshemmenden Umfeldes in Deutschland halten sowie ausbauen und damit auch Arbeitsplätze im Land sichern wolle. „Wir investieren in die Versorgungssicherheit und übernehmen Verantwortung für eine weiterhin leistungsfähige Energieerzeugung und -versorgung.“
Bei ihren Investitionen setzt die EnBW weiterhin auf einen ausgewogenen Energiemix. Für diesen machte sich auch der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) auf der Essener Fachmesse „E-world energy and water“ stark und drückte – wie Villis – seine Sorge über den wachsenden Widerstand gegen neue Kraftwerksprojekte aus. So fragte Verbandspräsident Michael Feist: „Woher soll der Strom künftig kommen, wenn am Kraftwerksstandort Deutschland die Erzeugung zunehmend blockiert wird?“ Zum Energiekonzept der Zukunft gehöre neben der weiteren Verbesserung der Energieeffizienz auch der Kraftwerksbau, um eine Importabhängigkeit zu vermeiden.

In Deutschland waren zum Jahresbeginn nach Angaben des Branchenverbands 20 Kraftwerke mit einer Leistung von zusammen gut 9 000 Megawatt im Bau. Dabei wurden nur Anlagen ab einer Leistung von 20 Megawatt erfasst. Die neuen Kraftwerke sollen bis etwa 2012 in Betrieb gehen. Bis Ende 2011 plant der Karlsruher Energiekonzern die Inbetriebnahme des Steinkohleblocks RDK 8 im Rheinhafen-Dampfkraftwerk Karlsruhe. Und Vorstandsmitglied Pierre Lederer hofft, für den Bau bald grünes Licht zu erhalten. Bei diesem Projekt handelt es sich um eines der modernsten Kraftwerke Europas, bei dem durch die Steigerung der Energieeffizienz – unter anderem durch Fernwärmekopplung – der CO2-Ausstoß pro eingesetzter Tonne Kohle deutlich verringert werden kann.

Wie wichtig neue Kraftwerke für Deutschland sind, rutschte Villis mit dem Hinweis auf Versorgungslücken ab 2017 heraus. Studien neutraler Institute hätten nicht nur durch den Wegfall der Kernenergie, sondern der Erzeugungskapazität insgesamt, Engpässe ausgemacht. Laut BDEW wurden seit 2001 zwar 53 größere Kraftwerke mit zusammen rund 8 400 Megawatt Leistung in Betrieb genommen. Insgesamt müssten aber bis 2020 etwa 40 000 Megawatt Kraftwerksleistung ersetzt werden. Die Modernisierung umfasse damit gut ein Viertel der gesamten Kraftwerkskapazität in Deutschland von rund 140 000 Megawatt.

Das künftige Wachstum, das die EnBW vorlegen will, muss laut Villis „werthaltig und nachhaltig sein“, nicht über den Preis, sondern über pfiffige Produkte erfolgen. Allerdings könnte ein Teil auch über den Preis hereinkommen. Zwar werde es in diesem Frühjahr keine Preiserhöhung geben, versprach er, hält aber dieses Jahr unter anderem aufgrund steigender Erzeugungskosten Strompreiserhöhungen für wahrscheinlich. Es werde eher eine Strompreiserhöhung erwartet als eine konstante Entwicklung, sagte der Konzernchef und verwies darauf, dass die Preise seit 18 Monaten stabil seien.

Die EnBW hat 6,5 Millionen Kunden, ihre Tochter Yello bringt es auf 1,4 Millionen. Netto konnte die Strommarke im Berichtsjahr rund 200 000 Kunden hinzugewinnen. Im Hinblick auf Kundenanzahl, Kundenzufriedenheit und Markenbekanntheit stehe Yello nach wie vor an der Spitze der deutschen Energieversorger und profitiere von der erhöhten Wechselbereitschaft. Derzeit wird in den Pilotmärkten Essen und Nürnberg die Akzeptanz von Yello als Gasanbieter getestet. Seit Anfang September vergangenen Jahres ist Yello im schwedischen Markt: Der Strom vieler Schweden ist jetzt „gul“, also gelb – eben Yello.

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