Haushalt ist keine Geheimsache

Chef der Kommunalaufsicht des Landratsamtes Enzkreis redet Bürgermeistern ins Gewissen
ENZKREIS. Wenn es um die frühzeitige öffentliche Beratung von Haushaltsplan-Entwürfen geht, ist Ispringen ein Positiv-Beispiel. Davon ist zumindest Jörg Gilon, Leiter der Kommunalaufsicht im Landratsamt Enzkreis, überzeugt. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass es zuletzt Irritationen über ein paar Zahlen und die zeitliche Abfolge ging.

Doch das war nicht immer so. „Früher wurde in Ispringen viel nichtöffentlich vorberaten“, weiß der Kommunal-Experte in der Kreis-Behörde. „Kreis- und Gemeinderätin Elisabeth Vogt hatte jedoch dieses Verfahren kritisiert. Deshalb hatten wir die Gemeinde darauf hingewiesen, dem Grundsatz der Öffentlichkeit Rechnung zu tragen.“

Doch in vielen Fällen kommt Gilon gar nicht zu Ohren, dass Ausschüsse oder das gesamte Gremium hinter verschlossenen Türen die Zahlen durchhecheln, ehe die Bürger sie erfahren dürfen. Dabei sind solche Sitten in einigen der 28 Städte und Gemeinden des Enzkreises gang und gäbe, wie die PZ weiß. „Wir kennen das Problem oft erst, wenn ein Volksvertreter im Gemeinderat gerne in den Vorberatungen etwas öffentlich vortragen will und dies nicht darf.“ Klar ist für den Kommunalamts-Chef: „Es gibt keine Rechtsgrundlage, den Haushalts-Entwurf zunächst intern zu diskutieren.“

Gilon räumt ein: „Wenn ein Gemeinderat beschließende Ausschüsse hat, könnte er zwar stur nach dem Gesetz vorab den Etat-Entwurf nichtöffentlich behandeln. Allerdings sind ja gerade Haushalts-Debatten das Salz in der Suppe. Ich kann kaum etwas erkennen, was nichtöffentlich sein sollte.“ Zu diesen wenigen Ausnahmen gehöre der Stellenplan, wenn beispielsweise darüber befunden werde, ob ein Mitarbeiter höher gestuft wird.

Sogenannte Klausur-Sitzungen, in denen das eine oder andere Thema gesondert beraten werde, seien zwar denkbar. Regelmäßige Klausursitzungen zur Vordiskussion über das ganze Zahlenwerk „entsprechen dagegen nicht den Vorgaben des Gesetzgebers, redet Gilon den Bürgermeistern ins Gewissen. Sollte er von Gemeinderatsmitgliedern darüber informiert werden, schreibe er für die Rechtsaufsichtsbehörde eine entsprechende Bemerkung in den Haushalts-Erlass, dass dies künftig anders laufen müsse. „Der Kreistag des Enzkreises und die Stadt Pforzheim machen auch alles öffentlich“, sagt der Kommunalamts-Leiter.

Klausursitzungen sind unter anderem in Remchingen seit ein paar Jahren an der Tagesordnung. Dort wird lediglich das Zahlenwerk durch die Verwaltung öffentlich eingebracht und präsentiert und in einer der folgenden Sitzungen nach den Redebeiträgen der Fraktionssprecher beschlossen. Auch in Birkenfeld spielt sich einiges hinter verschlossener Tür ab. CDU-Fraktionschef Matthias Jäck sagt: „Ich hätte nichts dagegen, wenn mehr öffentlich behandelt würde. Andererseits ist das Bürger-Interesse am Haushalt nicht besonders hoch.“

Erstellt am: 07.02.2008

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6 Antworten zu Haushalt ist keine Geheimsache

  1. -rath. sagt:

    „Chef der Kommunalaufsicht des Landratsamtes Enzkreis redet Bürgermeistern ins Gewissen“

    Ihre Gewissen sind rein, sie benutzen sie nie.

    Eben zwecklos, wenn es denn wahr wäre.

  2. -thier. sagt:

    Für die Rechtsaufsicht über die Große Kreisstadt Bretten ist als Referatsleiter im Regierungspräsidium Karlsruhe Herr Regierungsdirektor Bernhard Gehweiler zuständig.

  3. -opt- sagt:

    Ich erwarte, dass der Chef der Kommunal- und Rechtsaufsicht im Regierungspräsidium Karlruhe für die Interessen der Großen Kreisstadt Bretten tätig wird, indem er deren langjährig praktizierten Klausuren ein schnelles Ende bereitet.

  4. -az- sagt:

    „Andererseits ist das Bürger-Interesse am Haushalt nicht besonders hoch.“

    In Bretten schon!
    Außerdem müssen ja die Bürger die Suppe auslöffeln – wer denn sonst!

  5. -nz- sagt:

    „Regelmäßige Klausursitzungen zur Vordiskussion über das ganze Zahlenwerk „entsprechen dagegen nicht den Vorgaben des Gesetzgebers“, …

    Wurden die Gesetze nur für die anderen gemacht?
    Nachdem sich die Gemeinderäte nicht an das kommunale Streitverfahren trauen (oder wollen, oder dürfen…?), könnte man den Eindruck schon gewinnen.

  6. mm sagt:

    Schade, dass wir im Landkreis Karlsruhe keine solche „echte“ Kommunalaufsicht haben : in Bretten wird seit 20 Jahren die Unsitte der „Klausursitzungen“ gepflegt ! Zudem kostet eine solche Veranstaltung den Steuerzahler, noch zusätzlich zu der ihm vorenthaltenen Informationen, etwa 12000 € ! Bretten, mal wieder Spitze ?!

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