Kohlekraft – Technik des 19. Jahrhunderts?

Kritik von Chefplaner
Karlsruhe – An Kohlekraftwerken scheiden sich weiter die Geister, bundesweit und gerade auch hier vor Ort in der Fächerstadt. Erst vor wenigen Wochen geriet der Dekan der Evangelischen Kirche, Otto Vogel, ins Kreuzfeuer des FDP-Stadtrats Michael Obert, als er sich kritisch zu dem Neubauvorhaben im Karlsruher Rheinhafen äußerte. Der vergangenes Jahr von einer satten Mehrheit von CDU und SPD durchgewunkene EnBW-Kraftwerksbau weckte jetzt auch erstmals öffentlich geäußerte Kritik des Regionalverbandsdirektors. Für diesen ist das Mega-Kraftwerk im Karlsruher Westen „eine Technologie des 19. Jahrhunderts“.

Gerd Hager, von Haus aus Jurist und als CDU-Mitglied erst vor wenigen Monaten als Bewerber um das Amt des Karlsruher Landrats gescheitert, sieht in Kohlekraftwerken „eine Technologie des 19. Jahrhunderts“. „Deshalb halte ich diese Anlagen für eine eher auslaufende als anlaufende Kraftwerkslinie“, bestätigte er jetzt auf Nachfrage. Regionalplaner Hager, der sich beruflich mit Raumordnung und Flächennutzungsplänen befasst, also auch mit Standortfragen wie etwa dem im Rheinhafen geplanten Kohlekraftwerk, hatte sich in einem zum Jahreswechsel erschienenen „Jahrbuch“, erschienen im Karlsruher Info-Verlag, noch eher verhalten geäußert.

„Wir leben mit der lang geleugneten Klimaveränderung“
Im „Tagebuch der Fächerstadt“ meinte Hager in der so genannten „Promi-Umfrage“, für ihn sei der heiße und trockene April das Top-Ereignis des vergangenen Jahres gewesen. Im Jahr 2007 sei zudem der Bau eines Kohlekraftwerks mit 921 Mega-Watt Leistung in seine entscheidende Phase getreten. Schließlich schrieb er davon, die Kapriolen des Thermometers würden auf ernste Hintergründe verweisen: „Wir leben mit der lang geleugneten Klimaveränderung, die Erdatmosphäre wird aufgeheizt, durch menschliche Emissionen verursacht. Deshalb brachte der heiße April nicht nur Zeit zum Schwitzen, sondern auch Zeit zum Nachdenken“, schrieb er in seinem Beitrag auf fast einer Seite.

„Auch die Kraftwerksverantwortlichen sollten ihre Aprillehren ziehen“, ließ er zum Jahreswechsel noch eher versteckte Kritik anklingen – die er jetzt auf Nachfrage konkretisierte. Maßgeblich für das Grundsatzvotum zum Bau des neuen Kohlekraftwerks im vergangenen Jahr war allerdings nicht der Regionalverband, sondern der 48-köpfige Karlsruher Stadtrat.

„Lieber Schweigen? Wie politisch darf Kirche reden?“
Am vergangenen Mittwoch gab es auch ein Streitgespräch mit einem anderen Kritiker der Kohlekraft. Zum Thema: „Lieber Schweigen? Wie politisch darf Kirche reden?“ standen Dekan Otto Vogel von der Evangelischen Kirche in Karlsruhe und Stadtrat Michael Obert (FDP) Rede und Antwort. Obert hatte die Äußerungen seitens der Evangelischen Kirche in Karlsruhe zum geplanten Neubau eines Kohlekraftwerks kritisiert. In Karlsruhe entbrannte daraufhin ein Streit über die Frage, wie politisch die Kirche sein darf. Nach Medienberichten hatten auch an diesem Abend Vogel und Obert keine Einigung in ihren Positionen zu dem Neubauvorhaben erzielen können.

Es ging dabei zunächst um „das rechte Maß“, in dem sich die Kirche zu politischen Geschehnissen äußern solle. Obert betonte laut einem Veranstaltungsbericht der lokalen BNN, dass er Vogel durch seine Kritik nicht die Meinungsfreiheit streitig machen wolle. „Dass sich die Kirche äußern soll und muss, ist keine Frage“, wurde der Stadtrat zitiert. Sie dürfe sich dabei jedoch nicht mit einer „höheren moralischen Stufe“ verbünden. Vogel entgegnete, dass die Kirche mit dem Einwand gegen das Kraftwerk lediglich einen Beitrag zum Diskurs geleistet habe. Die Aussage sei nicht als Vorgabe getroffen worden, die „befolgt werden muss, um sein Seelenheil zu erlangen“, so heißt es in dem BNN-Bericht. Vogel: Der Beschluss zum Einwand sei im Ausschuss für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung getroffen worden und keine Privatmeinung. (smj)

Die Themen dieses Tages in einem anderen Jahr :

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2 Antworten zu Kohlekraft – Technik des 19. Jahrhunderts?

  1. -an-i- sagt:

    Mögliche Alternativen:
    Transmutation – die Technologie aus dem 20. Jahrhundert.
    Nachzufragen bei Herrn Dr. Helmut Böttiger in Wiesbaden.

    Oder man geht noch weiter zurück für die Zukunft – Nikola Tesla.

    Man muss es nur ohne Seilschaften und Vorurteile wollen.

  2. mm sagt:

    Der hier so vehement “eine Technologie des 19. Jahrhunderts” kritisierende Herr Doktor Hager macht sich Sorgen um unser Klima. Die hatte er aber nicht, als er in seiner Funktion als Regionalverbandsdirektor seinem Partei-Freund Paul Metzger das Abholzen des Rüdtwaldes genehmigte, obwohl 294 Einsprüche aus der Bevölkerung dagegen bei ihm eingingen. Mehr noch, insgesamt drei „Zielabweichungsverfahren“ genehmigte er ihm und ist damit für den enormen Flächenverbrauch Brettens von 200ha mitverantwortlich. Deshalb nehme ich ihm seine plötzlichen Bedenken um den Klimawandel auch nicht ab. Aber nett anzusehen, wie es den Akteuren der „Vetterleswirtschaft“ langsam buchstäblich „heiß“ unterm Hintern wird !

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