Stehen Senioren beim KVV unter Verdacht?

Das generelle Einscannen von Seniorenkarten bei der Fahrscheinkontrolle sorgt für Empörung
„Generalverdacht ist keine Begründung“
Es geht nicht um Stichproben, wie es zunächst bei der Aufklärung eines Einzelfalls schien (die BNN berichteten am Dienstag), sondern um ein generelles Scannen von Seniorenkarten in der Straßenbahn. Was nicht nur viele Senioren für völlig unvorstellbar hielten, stellt sich nun beim Nachhaken der BNN als neue Allgemeinpraxis beim Karlsruher Verkehrsverbund (KVV) heraus.
Konkret sieht das so aus: Der Prüfer bittet um die Fahrkarte. Ein Badener über 60 Jahre zeigt seine Seniorenkarte vor. Auf ihr ist sein Bild zu sehen. Der Kontrolleur vergleicht die Aufnahme mit dem Original und erkennt die Echtheit des KVV-Passagiers. Zudem ist die Gültigkeitsdauer – etwa bis Juni 2008 – aufgedruckt und somit per Augenschein überprüfbar. Handelt es sich um eine Seniorenkarte ohne Lichtbild, reicht der Bürger noch seinen Personalausweis zwecks Identifizierung dazu.
Doch all dies reicht dem KVV nicht mehr aus. So leicht kommt ein Senior bei der Kontrolle in der Bahn nicht davon. Nun will der Kontrolleur auch noch die Code-Nummer scannen, um sie im Zentralcomputer abzugleichen.

„Der Abgleich per Scannen ist beim KVV jetzt Usus“, berichtet KVV-Pressesprecher Achim Winkel. Seit einem halben Jahr gebe es den Zahlencode auf der Karte und damit den Schlüssel zur elektronischen Kontrolle. „Man hat einfach die Möglichkeit zur erweiterten Kontrolle und nutzt sie auch“, meint Winkel. Damit sei auch erklärt, warum sich jetzt der Protest der Senioren regt. Das Verhalten des KVV gegenüber seinen Kunden habe nichts mit einem Verdacht gegen diesen Personenkreis zu tun. Überhaupt gebe es „keinen aktuellen Anlass und keinen Hintergrund“ für diese routinemäßige Fahndung nach Kartenmissbrauch bei Senioren. Winkel hegt dabei Verständnis für die Ablehnung durch Senioren, „die mit der modernen Technik nicht so vertraut sind“. Winkel gibt an, dass sich auch die Seniorenkarte fälschen lasse. Auch der Betrug mit verlorenen Karten sei vorgekommen, genauso säumige Zahler von Monatsraten der Karte im Jahresabo. Indessen kann Winkel keine Zahlen vorlegen, die eine Problematik über wenige Einzelfälle hinaus bei 30 000 Menschen mit KVV-Seniorenkarte belegen.

Gustav Benz, Vorsitzender des Stadtseniorenrats, lehnt dieses KVV-Verhalten ab. „Das Lichtbild ist doch erkennbar“, sagt einer der Väter der Seniorenkarte. „Ein Generalverdacht ist überhaupt keine Begründung.“ Er werde es ablehnen, seine Karte dem Kontrolleur für das Scannen auszuhändigen, macht der Sprecher der Senioren deutlich. So verhält sich auch Wolfgang Fritz, Vorsitzender des Arbeitskreises der Karlsruher Bürgervereine. „Ein Generalverdacht ist unangenehm“, stellt er fest. Mehrere Senioren berichteten den BNN bereits von für sie peinlichen Situationen in der Straßenbahn – wegen ihrer Meinung nach völlig überzogenen Kontrollen.

Rupert Hustede

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5 Antworten zu Stehen Senioren beim KVV unter Verdacht?

  1. p/T sagt:

    Dem Arbeitskreis Karlsruher Bürgervereine und seinem Vorsitzenden Wolfgang Fritz dürfte OB Fenrich auch kein Unbekannter sein.

  2. n.-K. sagt:

    Herr Benz als Vorsitzender des Stadtseniorenrats sollte zwecks Beschwerden seinen Ansprechpartner kennen.

  3. Lud sagt:

    Der Leiter des Dezernats I ist Oberbürgermeister Heinz Fenrich.

  4. Hs. sagt:

    KVV-Karlsruher Verkehrsverbund GmbH ist dem Dezernat I der Stadtverwaltung Karlsruhe zugeordnet.

  5. D-L sagt:

    Der Karlsruher Verkehrsverbund ist ein Unternehmen der Stadt Karlsruhe.
    Mir fehlt jegliches Verständnis dafür, dass sie derartig ausgeübte Praktiken an Senioren toleriert.

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