„Nicht um jeden Preis“

Ob mahnt: Mehr Solidarität und Fürsorge:
Bretten. (gm) „Die soziale Marktwirtschaft wurde immer mehr abgebaut – es geht um Gewinnmaximierung, aber nicht mehr darum, Aufgaben zu erfüllen“. Für Oberbürgermeister Paul Metzger bietet das neue Jahr nicht nur Anlass, auf Erreichtes mit einigem Stolz zurückzublicken, sondern das Augenmerk auch auf Zukunftsaufgaben zu richten. Der kommunale Rahmen ist dabei ein Erfahrungsraum für gesellschaftliche und wirtschaftliche –mitunter auch globale – Entwicklungen in einem breiten Spektrum. Für Metzger werden in vielen Bereichen Werte aufgegeben, die dann als Basis für das menschliche Zusammenleben fehlen. Kommunal kann da oft nur bedingt gegengesteuert werden. Trotzdem: „Wir können in Bretten versuchen – und haben dies getan – unterstützend und för-dernd einzugreifen und diese vielen Ansätze in ein Netz zu verknüpfen, das sich als halbwegs tragfähig erweist“. Dabei gerät ein Rathauschef, der die Konsolidierung des Haushaltes als primäres Ziel hat, nicht selten in einen Zwiespalt.

Besonders richtet sich sein Blick aber auch auf das Land: „Es gilt zu entscheiden: Was hat Vorrang – die Haushaltskonsolidierung oder die Erkenntnis, dass hier investiert werden muss, will man gesellschaftlichen Verwerfungen nicht weiteren Raum bieten. Natürlich Haushaltskonsolidierung – aber um jeden Preis? Das Land erklärt mit Akribie, dass es kein Geld habe und zieht sich bei Förderungen immer mehr zurück, gleichzeitig muss die Kommune tätig werden“. Metzger nennt nur einige Stichworte: Große Klassen, keine zusätzlichen Kursangebote, Kinderkrippen, Ganztagsbetreuung – dafür fehlt Geld. „Das Ergebnis sind vielschichtigste Verwerfungen, die sich weder mit Schulsozialarbeit noch mit Polizeipräsenz lösen lassen. Das klage ich an – und das erkläre ich immer wieder auch in Stuttgart sehr deutlich. Es gibt Handlungsbedarf. Menschen werden mit der gegenwärtigen Situation nicht mehr fertig – die Misshandlungen und Tötungen von Kindern sind auch ein Ausdruck dieser sozialen Vernachlässigung“.

Der Brettener OB, der die Lage „spannungsgeladen“ nennt, spart dabei nicht mit Kritik an Bund und Land: „Man kann nicht nur erkennen und die Konsequenz des Verbesserns dann vergessen“. Metzger spricht von „Aktivismus“, von einer „Event-Egozentrik“ und Event-Kultur, die tragfähige Strukturen vermissen lässt. „Das erleben wir täg-lich und das geht gesellschaftspolitisch an die Substanz“. Wobei auch der Einzelne dazu seinen Beitrag leistet: „Das Gemeinwohl scheint immer mehr dem Wohl des privaten Einzelnen zu weichen. Fürsorge und Vorsorge kommen oft zu kurz“. Die Kommunalpolitik versucht, zu handeln. Aber: „Es kann nicht als selbstverständlich angesehen werden, dass wir Dinge aufbauen, deren Bedarf wir erkannt haben, für die die Zuständigkeit aber bei anderen liegt. Ich muss darauf hinweisen. Es gibt bei uns Verfassungen, in denen diese Zuständigkeiten geregelt sind. Man treibt uns in die Schuldenfalle“.

Eine Gelegenheit, die Metzger immer wieder nutzt, um mit kritischen Anmerkungen aufmerksam zu machen und Werte einzufordern, ist der Thesenanschlag. In diesem Jahr lag es dem Rathauschef besonders am Herzen, globalen Frieden, Bildung, humanes Handeln und Solidarität mit den Schwachen einzufordern und diese Forderungen mit Aussagen Melanchthons zu untermauern. Eine der wichtigsten Passagen ist Melanchthons Satz: „Der Mensch ist zur Gemeinschaft erschaffen worden“. Aus diesem Grundsatz, so Metzger, „hat der größte Sohn unserer Stadt vielfältige Folgerungen gezogen: Für den Umgang untereinander, für die Verantwortung der Eltern gegen-über den Kindern und umgekehrt, für die Verantwortung der Obrigkeit zum Wohle der Gemeinschaft, zur Pflicht der Obrigkeit für gute Bildung und Ausbildung, für die Einübung eines menschenwürdigen Lebens“.

Die Themen dieses Tages in einem anderen Jahr :

Print Friendly, PDF & Email
Dieser Beitrag wurde unter Sonstiges veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert