Mit Tempo 223 über die B 10

Raser werden mit immer höheren Geschwindigkeiten geblitzt – Mehr Sünder an Starenkästen
Stuttgart – Temposünder haben in Stuttgart nichts dazugelernt. Die Bilanz für das Jahr 2006 zeigt: Die Zahl der Verstöße nimmt zu. Mehr Sorgen bereitet den Behörden aber ein anderes Phänomen: Die Raser treten immer heftiger aufs Gas. Der traurige Spitzenreiter brachte es auf 223 Stundenkilometer.Strafen treffen Autofahrer hart – offenbar aber nicht hart genug. „Die derzeitigen Bußgeldsätze schrecken nicht wirklich ab, sondern führen eher dazu, dass Autofahrer, die mit zu hohem Tempo unterwegs sind, meist aus einer Kosten-Nutzen-Abwägung heraus handeln“, sagt Joachim Elser. Der Leiter der städtischen Verkehrsüberwachung hält deshalb eine Anhebung der Bußgeldsätze für Geschwindigkeitsverstöße, bei denen Deutschland im europaweiten Vergleich weit hinten liege, für „eine zwingende Notwendigkeit“. Schließlich sei ein zu hohes Tempo Ursache für jeden vierten Unfall mit Todesopfer. „Kontrollen sind keine Schikane und dienen auch keinen fiskalischen Interessen“, so Elser, „Sicherheit und eine Verbesserung der Disziplin lassen sich eben nur durch Schwerpunktsetzung und zielgerichtete Maßnahmen erreichen.“

Die bedenkliche Lage in und um Stuttgart unterstreichen die Zahlen für das Jahr 2006, die aufgrund von Verzögerungen bei einzelnen Behörden erst jetzt komplett vorliegen. Es zeigt sich: Fast überall, wo intensiv überwacht wird, gibt es Zuwächse bei den Fahrverboten, aber auch bei den Höchstgeschwindigkeiten, die gemessen werden. Offenbar treten Raser immer hemmungsloser aufs Gas – auch im Stadtgebiet.

Bleifuß vor der Haustür: Die Zahl der Messungen in Tempo-30-Zonen hat sich deutlich erhöht, die Zahl der Fahrverbote ebenso. 62 statt im Vorjahr 43 Fahrer sind in kleinen Straßen ihren Führerschein losgeworden. Auch die Anzahl der Verstöße im Bußgeldbereich hat um gut elf Prozent zugenommen. Der schnellste Fahrer war mit 77 Sachen unterwegs. „Intensität und Qualität der Geschwindigkeitsverstöße haben deutlich zugelegt“, sagt Elser.

Starenkästen als Brennpunkt: Der Heimvorteil schlägt nicht immer durch. Einen traurigen Rekord hat an der Blitzanlage in Wangen nicht etwa ein Ortsunkundiger, sondern ein Autofahrer aus Stuttgart aufgestellt, der in stadteinwärtiger Richtung mit sage und schreibe 223 Kilometern pro Stunde geblitzt worden ist. Die Toleranz ist dabei schon abgezogen. An dieser Stelle gilt Tempo 80. Resultat: Entzug der Fahrerlaubnis für drei Monate und ein Bußgeld von 425 Euro. In Zuffenhausen brachte es ein Raser auf 199 Sachen. Auch an den anderen stationären Messanlagen im Stadtgebiet hat es ordentlich geblitzt: Die Zahl der Fahrverbote stieg insgesamt binnen Jahresfrist von 1559 auf 1859 – dabei ist die Anlage in der Heilbronner Straße wegen Instandsetzungsmaßnahmen für sechs Monate ausgefallen. „Auch bei den stationären Anlagen geht der Trend nach oben“, weiß Elser.

Vollgas auf Ausfallstraßen: Auf den ersten Blick könnte man meinen, zumindest an den neuralgischen Punkten der großen Ausfallstraßen hätte sich die Situation etwas entspannt. Immerhin gab es 2006 bei mobilen Messungen der Verkehrspolizei mit 818 Fahrverboten dort 233 weniger als im Jahr davor. Doch der Eindruck täuscht, denn auch die Messhäufigkeit hat – nicht zuletzt wegen der Fußball-WM – um rund 20 Prozent abgenommen. Das Niveau ist also in etwa gleichgeblieben. Mit einem Unterschied: Auch hier sind vielerorts die gemessenen Höchstgeschwindigkeiten angestiegen. Auf der B 27 brachte es ein Fahrer auf 199 Kilometer pro Stunde. Immerhin ging die Zahl der Unfälle an den 13 Schwerpunkten im Stadtgebiet von 67 auf 50 zurück.

Raserrevier Autobahn: Weil viele Kräfte der Polizei durch die Fußball-WM gebunden waren und nach dem Turnier die angefallenen Überstunden abgebaut wurden, ist weniger gemessen worden. Landesweit ging dadurch die Zahl der Verkehrsverstöße um 12,5 Prozent zurück. Die Temposünder rund um Stuttgart hat das wenig gekümmert: In den Zuständigkeitsbereichen der Autobahnpolizei Stuttgart und Weinsberg stieg die Zahl der einbehaltenen Führerscheine von 2178 auf 2253. Im Bereich Mühlhausen kamen nochmals 108 dazu. Die gemessenen Höchstgeschwindigkeiten bewegten sich durchweg auf einem steigenden Niveau.

Risikozone Stuttgarter Kreuz: Trotz aller Umbauarbeiten bleibt der Abschnitt der A 8 zwischen Stuttgarter Kreuz und Echterdinger Ei ein Unfallschwerpunkt. 2006 krachte es dort insgesamt 210-mal. Ein Anstieg um rund fünf Prozent. Die Zahl der Verletzten stieg sogar von 59 auf 87.

Jürgen Bock, StN

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2 Antworten zu Mit Tempo 223 über die B 10

  1. h - z sagt:

    Und das und mehr als Tempo 60 ist an der Tagesordnung.

  2. ghg sagt:

    Wer mit 60 km/h durch eine Tempo-30-Zone im reinen Wohngebiet unterwegs ist, tut doch nichts anderes!

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