Leserbrief : Mehr Selbstkritik wäre von Nutzen

Zum Artikel „Zu wenig Bewohner: Heim meldet Insolvenz an“ (BNN vom 9. November):
Herr Kohwagner verweist bei der Ursachensuche für die mangelnde Auslastung und die finanzielle Schieflage auf den Wettbewerb mit privaten Heimbetreibern und deren angeblich niedrigeres Lohnkostenniveau. Hier verkennt er die Situation: Private Heimbetreiber müssen ebenso ortsübliche Gehälter bezahlen, um qualifiziertes Pflegepersonal zu bekommen. Fachkraftquote und Stellenschlüssel gelten auch für diese Einrichtungen. Und selbstverständlich wird auch dort qualitativ hochwertige Pflege geleistet.
Im Übrigen spiegelt sich die Auslastung eines Heimes nicht ausschließlich über die Kosten und die baulichen Voraussetzungen, sondern auch über die dort angebotene Pflege-Qualität.
Es gibt ausreichend Beispiele für „alte“ und „teure“ Heime, die keine Belegungsprobleme haben. Private Heimbetreiber können sich nicht unter dem Mantel einer Wohlfahrtsorganisation verstecken, sondern müssen täglich ihren Platz durch qualitätsvolle Pflege und guten Service zu wettbewerbsfähigen Preisen auf dem Markt der Altenhilfe behaupten. Und das mit allen unternehmerischen Risiken und bei voller persönlicher Haftung.

Es wird richtig erkannt, dass immer mehr Menschen ihre Angehörigen mit Hilfe von osteuropäischen Kräften zu Hause pflegen. Dazu muss man anmerken, dass es sich dabei in den meisten Fällen um nicht legale Beschäftigungsverhältnisse handelt. Kurz gesagt: um Schwarzarbeit. Nicht nur in der Gastronomie und im Baugewerbe, sondern auch in der Pflege werden dabei massiv qualifizierte Arbeitsplätze vernichtet, wie das Brettener Beispiel jetzt zeigt. Vielleicht ist das erst der Beginn.
Die Diakonie ist einer der größten Arbeitgeber im Gesundheitswesen – und es läge doch eigentlich auch in ihrer Verantwortung, diese Missstände anzuprangern, anstatt noch Verständnis dafür zu zeigen. Auch zur Sicherung von Arbeitsplätzen und zum Schutz der ihr anvertrauten Menschen. Vor allem bei der derzeitigen Qualitätsdiskussion. Es sind fast nur die privaten Verbände, die diese Situation öffentlich diskutieren, betroffen sind aber alle Pflegeanbieter, egal ob kirchlich oder privat.
Man wundert sich schon, wenn überwiegend externe Faktoren als Ursache für die derzeitige Situation des Pflegeheimes herangezogen werden. Vielleicht wären etwas Selbstkritik und das Erkennen von eigenen Schwachstellen von Nutzen gewesen, anstatt die Schuld nur bei Anderen zu suchen.

Armin Schulz
Alten- und Pflegeheim „Auf der Gänsweide“
Gartenstraße 7
Sulzfeld

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