„Keine Schnellstraße“

Tagung der Evangelischen Akademie zum Grundeinkommen
Bad Herrenalb (BNN). Ein wenig erinnert der Gründer und Chef der Karlsruher Drogeriemarktkette dm, Götz W. Werner, an Al Gore: Beide werben mit sehr persönlichen Auftritten für Zukunftsfragen der Gesellschaft: Gore für den Klimaschutz, Werner für seinen Traum eines „Einkommens für alle“. Bei der Tagung „Bedingungsloses Grundeinkommen – eine gute Idee?“, die die Evangelischen Akademie Baden (Karlsruhe) zusammen mit dem Sozialwissenschaftliches Institut der EKD in Bad Herrenalb veranstaltete, wurde leidenschaftlich über die Möglichkeiten eines bedingungslosen Grundeinkommens und seine Schnittmengen mit der evangelischen Sozialethik diskutiert.
Als Gastredner legte Werner dar, dass er seinen Vorschlag eines bedingungslosen Grundeinkommen als Idee versteht, „mit der gängige Denkschablonen in unserer Gesellschaft überwunden werden können“. Sein Engagement sei in erster Linie ein „Kulturimpuls“, er selbst habe „kein eindeutiges Modell oder ein System“, wie das Grundeinkommen umzusetzen sei. Er sei jedoch davon überzeugt, dass es in unserer „fremdversorgerischen Überflussgesellschaft“ darum gehe, die Verkoppelung von Arbeit und Einkommen zu lösen. Die Rede vom „Recht auf Arbeit“ stamme aus der Selbstversorgungswirtschaft des 18. Jahrhunderts, die durch ein „Recht auf Einkommen“ ersetzt werden müsse.

Vorschläge zum Grundeinkommen mit sehr unterschiedlichen Auswirkungen gibt es inzwischen in allen Parteien. Das Konzept der „Grünen Grundsicherung“, bei der Tagung vorgestellt von einem seiner Mitherausgeber, Thomas Poreski (Reutlingen), besticht durch die Integration liberaler und libertärer Positionen. Es sei, so Poreski, kein Ersatz für Hartz IV, sondern ein unbürokratisches Steuer- und Transfersystem, das für die Mehrheit der Bevölkerung ein deutlich höheres Nettoeinkommen bringe als heute. Ein zukunftsfähiger Sozialstaat könne sich nicht auf eine Reparatur von Hartz IV beschränken.
Claus Schäfer vom Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut (WSI) der Gewerkschaften (Düsseldorf) beurteilte das Grundeinkommen als ein „humanes emanzipatorisches Projekt, das einer demokratischen Gesellschaft gut anstünde“. Dennoch gab er sich sehr skeptisch: Es sei zu befürchten, dass die Einführung eines Grundeinkommen angesichts der notwendigen Finanzmasse den bisherigen Sozialstaat und letztlich die gesamte Volkswirtschaft zerstöre.

Von den sozialethischen Bedingungen eines bedingungslosen Grundeinkommens sprach der Theologe Torsten Meireis aus Münster. Das Grundeinkommen sei „weder eine Schnellstraße zur Lösung aller aktuellen wirtschafts-, arbeitsmarkt- und sozialpolitischen Probleme noch gar ein Wundermittel zur Herstellung des universalen Wohls“. Bei einer entsprechenden Gestaltung könne es aber „ein nützliches Instrument in der Ermöglichung guten Lebens in christlicher Perspektive sein“.

Die Themen dieses Tages in einem anderen Jahr :

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