Leserbrief : Gefährliche öffentliche Schulden

Zu „Wenn’s um die Finanzen geht, ist der Rat entspannt“ in der Ausgabe vom 18. Oktober:
Positive Nachrichten und noch bessere Einnahmen sind vom städtischen Konglomerat zu vernehmen. Die Jahresabschlüsse für 2006 zeigen aber auch noch eine andere Seite, über die überhaupt nicht berichtet wurde.
Beispielsweise belaufen sich die Verbindlichkeiten – oder der Einfachheit halber Schulden genannt – bei der Kommunalbau GmbH auf über 23 Millionen Euro, bei der Wohnungsbau GmbH auf über 15 Millionen Euro, bei den Stadtwerken auf fast 22 Millionen Euro, bei der Parkraumbewirtschaftung auf über 317 000 Euro, beim Haushalt der Stadt Bretten auf über 32 Millionen Euro, beim Eigenbetrieb Abwasser auf über 16 Millionen Euro und außerhalb des Haushaltes (beispielsweise Gondelsheimer Fläche, Rüdtwald oder Koch-Affäre) warten weitere Millionen Euro auf die Rückzahlung.

Allein für die Schulden des Haushaltes müssen wir – die Steuerzahler – jedes Jahr über 1,5 Millionen Euro Zinsen an die Banken bezahlen. Würde man anstatt in Sachen wieder in Menschen investieren, wären die Fragen der Schulsozialarbeit, des Tafelladens, des Hartz IV Gesetzes und anderer dinge mehr viel leichter zu beantworten.
Warum aber sind öffentliche Schulden so gefährlich? Man muss wissen, dass eine Insolvenz einer Stadt oder Gemeinde nicht vorgesehen ist. Deshalb können die Städte jederzeit, bei jeder Bank und in jeder Höhe die Kredite aufnehmen – es sei denn, die Aufsichtsbehörden haben was dagegen.

Da aber die reale Wirtschaft nicht so viel Liquidität erzeugen kann, wird über die Bundesbank und die Landesbanken zusätzliches, frisch gedrucktes Geld zur Verfügung gestellt. Durch die rasante Vermehrung der Geldscheine wird aber der Wert einer Währung stark gemindert.
Aktuelles Beispiel ist der US-Dollar. Diese unsägliche Schizophrenie wird noch durch die politische Duldung der Spekulationen und den Handel mit Derivaten (vom Gemeinderat genehmigt) unterstützt. Das Endstadium heißt dann, nach den unerwarteten und plötzlichen Preissteigerungen, Inflation und darauf folgende Währungsreform. Das wäre nicht das erste Mal.

Im Gegensatz zu Privatpersonen trägt, bei der Verschuldung einer Gemeinde oder Stadt, das gewählte Gremium (der Gemeinderat und der Vorsitzende) keinerlei Verantwortung oder persönliche Konsequenzen.
Es sind immer nur die (lieben) Mitbürgerinnen und Mitbürger, die ihren Ersparnissen hinterher schauen und welche die eingebrockte Suppe immer wieder auslöffeln müssen. „Wenn’s um die Finanzen geht, ist der Rat entspannt“ und sieht scheinbar dem kommenden, möglicherweise kollektiven Finanzgau gelassen entgegen.

Franz Cizerle
Fichteweg
Bretten

Die Themen dieses Tages in einem anderen Jahr :

Print Friendly, PDF & Email
Dieser Beitrag wurde unter Sonstiges abgelegt und mit , , , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

13 Antworten zu Leserbrief : Gefährliche öffentliche Schulden

  1. mers.st. sagt:

    Ebenso gilt aktuell, was Franz Cizerle in seinem obigen Leserbrief vom 25.10.2007! – also vor fast genau einem Jahr! – im vierten und fünften Absatz sehr zutreffend erklärt hat.

  2. xav. sagt:

    Derartige Situationen – wie sie -fc- im Kommentar am 16. Juli 2008 so treffend beschreibt – brechen eben nicht über Nacht auf die Weltwirtschaft ein.

  3. -el- sagt:

    Vor einem Jahr konnte man die heutige Situation bereits nachlesen.

  4. O.Sch. sagt:

    Und weiterhin gaukelt man den Menschen im Land das hohe Lied der sozialen Marktwirtschaft vor.

  5. jos.pr. sagt:

    Ein Zerrbild bezeichnet unseren ökonomischen Zustand noch besser als ein Spiegelbild.

  6. e sagt:

    Wir sind nun einmal das Spiegelbild der Vereinigten Staaten von Amerika.

  7. torst. sagt:

    Bei uns ist es doch nicht anders.

  8. -fc- sagt:

    „Das Endstadium heißt dann, nach den unerwarteten und plötzlichen Preissteigerungen, Inflation…“

    Jetzt steht das auch schon in den Zeitungen!Was noch hinzu kommt ist der Verlust der restlichen Freiheit, wie Herr Bill Bonner -aktuell für die USA – so treffend beschreibt…

    Zitat:
    „Amerikas Bürger stecken derweil tief in den Schulden. Ihnen bleibt kaum eine
    andere Wahl, als das System weiterhin zu decken, so wie es ist. Frei oder
    unfrei, darum geht es nicht. Lasst nur das Geld weiter fließen. Sie haben
    angefangen, sich auf die Regierung zu verlassen. Sie brauchen Fannie Mae…
    und das Arbeitslosengeld… und die Social Security… und die
    Arbeitsplätze… und die amerikanische Zentralbank… und die fiskalischen
    Stimuli. Oder zumindest glauben sie, dass sie das brauchen.

    Nach 50 Jahren des Dollar-Standard Booms, stellt der durchschnittliche
    Amerikaner heute fest, dass er weniger frei ist als je zuvor.

    Er ist ein Sklave der höchsten Regierungsausgaben und der höchsten
    öffentlichen Schuldenlast in der Geschichte.“

  9. P.-G. sagt:

    Es heißt echt abwarten, ob die Teuerung wirklich nur von kurzer Dauer sein wird.

  10. - zy - sagt:

    Preissteigerungen von bis zu drei Prozent sagt Bundesbankchef Weber voraus und löst damit eine Inflationsdebatte aus.

    Inflationsängste in der Bevölkerung können zu einem echten Problem werden, weil die Bundesbank die Inflationserwartungen unter Kontrolle halten muß. So soll verhindert werden, dass eine vorübergehende Teuerung über höhere Löhne und Gehälter dauerhaft die Inflation nach oben treibt.
    Der Preisanstieg wird derzeit von der Bundesbank als vorübergehender Teuerungsschub betrachtet.

  11. o.V. sagt:

    Von Herrn Franz Cizerle wurde in seinem Leserbrief ganz nebenbei ein weiterer Sachverhalt (US-Dollar, Preis-steigerungen, Inflation) beschrieben.

    Der Euro hat sich verwandelt. Im Oktober 2000 reichten weniger als 0,83 US-Dollar aus, um einen Euro zu erwerben. Nunmehr müssen rund 1,43 US-Dollar bezahlt werden.
    Euphorie um den Euro ist keineswegs ausgebrochen. Die Verbraucher sehen zu Recht keine Euro-Stärke, weil die spürbar zugenommene Inflation letztlich zu einem realen Kaufkraftverlust geführt hat.

  12. rt sagt:

    Als private Unternehmen geführt – nicht überlebensfähig!

  13. Ka. My. sagt:

    Übrigens: Verbindlichkeiten haben einen absolut verbindlichen Charakter. Sie sind gerade nicht unverbindlich!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert