„Behördlich geduldete Menschenverachtung“

Forderung nach ganztägigem Fahrverbot für Schwerlastverkehr auf den Bundesstraßen um Bretten erneuert
„Für Transitverbot keine rechtliche Möglichkeit“
Von unserem Mitarbeiter Arnd Waidelich
Bretten. Die kürzeste Verbindung zwischen zwei Punkten ist eine Gerade. Das sagt sich so mancher Lastwagenfahrer spätestens seit der Einführung der Maut auf den bundesdeutschen Autobahnen. Entlang den Bundesstraßen 293, 35 und 294 reklamieren die Anwohner eine Verdoppelung des Schwerlastverkehrs. Jetzt machten sie sich bei einem Vor-Ort-Termin am Brettener Alexanderplatz Luft. Geladen hatte der Südwestrundfunk mit seinem Badenradio. Ihre Forderung: Fahrverbot für den überregionalen Schwerlastverkehr.

Eine Forderung, die sich auch der Brettner Oberbürgemeister Paul Metzger zu eigen gemacht hat. Zusammen mit dem Neulinger Bürgermeister Michael Schmidt und dem Illinger CDU-Landtagsabgeordneten Wilfried Scheuermann nahm er gestern Morgen vor dem Mikrofon von SWR4 zu dem Thema deutlich Stellung. Die Volksvertreter waren sich aber keineswegs einig, wie man des Problems Herr werden könne.

Wilfried Scheuermann appellierte an die Anwohner, Geduld zu bewahren bis zum Abschluss der Ausbauarbeiten auf der A8. Da-nach werde der Ausweichverkehr deutlich nachlassen. Umleitungsstrecken bei Staus würden unweigerlich Schwerlastverkehr auf die umstrittenen Bundesstraßen bringen. Er rechnete allerdings andererseits damit, dass die A8 noch mindestens zehn Jahre eine Baustelle bleiben werde.

Gleichzeitig gebe es keine rechtlichen Möglichkeiten, ein Transitverbot durchzusetzen. Im Bundesfernstraßengesetz sei festgelegt, dass die Bundesstraßen Verkehr jeglicher Art aufnehmen müssen. Wer Transitverkehr verbiete wolle, der akzeptiere gleichzeitig, dass dieser Verkehr letztendlich über untergeordnete Straßen rollen werde, denn die Polizei habe nicht die Kapazität, das zu kontrollieren. Angesichts dieser Argumente gewannen die zu der Sendung gekommenen Anlieger den Eindruck, „dass man die Bürger nicht schützen will“. Eine unweit des Alexanderplatzes wohnende Bretterin beklagte eine Zunahme des Schwerlastverkehrs „nicht um 100, sondern um 1 000 Prozent!“ Den Garten könne man kaum noch nutzen. Angesichts dessen sei das Fahrverbot für den überregionalen Lastwagenverkehr „lebensnotwendig für die Anwohner“. Leben an der B 293 sei „behördlich geduldete Menschenverachtung.“ Zustände, die man auch in Berghausen be-klagt. Günter Ringwald, der dort direkt an der B 293 wohnt und vor seinem Haus schon mal mit drastischen Plakaten die „Mautpreller“ zur Umkehr aufforderte, berichtete, dass es immer noch „unmöglich ist, ein Fenster aufzumachen, selbst bei Nacht nicht.“ Der Verkehr nehme ständig zu. Abgase und Erschütterungen seien für ihn und seine Frau Helga eine nicht mehr hinnehmbare Belästigung.

Oberbürgermeister Paul Metzger fuhr seinem Parteikollegen Scheuermann scharf in die Parade. Er forderte ein Transitverbot. Die Maut dürfe nicht dazu führen, „dass die Bundesstraßen kaputt gefahren werden.“ Der Staat könne sich nicht hinter dem Argument verschanzen, „dass wir nicht genügend Polizei haben, um das zu kontrollieren“. Der Staat müsse im Gegenteil dafür sorgen, dass die Folgen der Mauteinführung „ordnungsgemäß gelöst werden“.
Nachtfahrverbote würden nicht eingehal-ten, bemerkte der Neulinger Bürgermeister Michael Schmidt, zumal diese auch nicht kontrolliert würden. Das sei nicht hinnehmbar.

Die Themen dieses Tages in einem anderen Jahr :

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4 Antworten zu „Behördlich geduldete Menschenverachtung“

  1. RL sagt:

    Der Mann schafft es noch mich davon zu überzeugen, dass ich eine Bemautung von Bundesstraßen gut finde. Ich glaube anders kann man dem Problem nicht Herr werden.

    Zum Them Logistikzentrum: Ich finde ein solches Logistikzentrum gut. Aber nicht in der Form und nicht an dem Standort. Ein solches Logistikzentrum gehört zu einem Bahnanschluss und zu einer Bahn, die nicht einfach den Güterverkehr nach Bretten einstellt! Das währe in meinen Augen eine super Möglichkeit Transportvolumen umliegender Firmen auf die Bahn zu bekommen und somit etwas weniger LKW Verkehr zu generieren.

  2. A.O. sagt:

    Wer im Glashaus sitzt … der sollte nicht mit Steinen werfen!
    Dem Staat vorzuwerfen er habe „nicht genügend Polizei , um das zu kontrollieren“, sagt ausgerechnet der weisungsbefugte Chef des Ordnungsamtes einer Großen Kreisstadt, dessen Mitarbeiter nicht mehr erreichbar sind, wenn die Brummis anrollen und die Bevölkerung durch Lärm gequält wird. Also freie Fahrt nach Feierabend!

  3. L.W. sagt:

    Es ist doch immer die gleiche Masche: Mit der Forderung nach einem Transitverbot spielt sich Metzger öffentlichkeitswirksam als der große „Macher“ auf. Dabei muss er doch wissen, dass er bestehende Gesetze befolgen aber sich nicht gegen sie auflehnen sollte. Jetzt beklagt er sich, dass die Bundesstraßen kaputt gefahren werden. Dabei war er war es doch, der den Brettenern die Autobahnausfahrt bei Pforzheim beschert hat – samt Schwerlastverkehr und Mautpreller!

  4. mm sagt:

    Abgesehen davon, dass Herr Metzger durch den Bau des Logistikzentrums im Rüdtwald erst richtig für Verkehr sorgen wird, sollte man sich einmal seine Argumentation anhören, wenn es um innerörtliche Verkehrsprobleme in seinem Zuständigkeitsbereich geht. Da hört sich das in der Otto-Hahn-Strasse dann so an : Da diese Strasse mit öffentlichen Mitteln gebaut wurde, muss sie auch den entsprechenden Verkehr aufnehmen und zwar auch den evtl. Umleitungsverkehr der B294,B293 und inzwischen, durch den zu klein geratenen Kreisel am Kraichgau-Center, auch den überlangen bzw. überbreiten Schwerverkehr. Kein Wort von Schutz der Anwohner oder dergleichen.
    Also wie immer, alles nur öffentlichwirksam in Szene gesetzte Schau „eines der grössten Populisten aller Zeiten“!!

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