„Da hält sich doch keiner dran“

Von Tobias Bumm
Gemmingen – Das Nachtfahrverbot für schwere Transit-Lastwagen auf der Bundesstraße 293 zwischen Heilbronn und Bretten ist genehmigt. Jubelstürme löst das bei den lärmgeplagten Anwohnern in Stebbach nicht aus. Ihr Urteil über das Verbot: nett, aber nutzlos.

Schöner könnte der Anblick kaum sein. Eine von Weinreben umrankte Pergola, eine kleine Gartenbank, viele Pflanzen, Blumen und Sträucher stehen im Garten der Wagners im Gemminger Teilort Stebbach. Fast zehn Ar Garten nennt das Ehepaar sein eigen. Doch was bringt es? Die Bundesstraße 293 geht praktisch direkt am Grundstück der Wagners vorbei. Als sie vor 37 Jahren gebaut haben, waren sie froh, dass der Grund und Boden so günstig war. Dass sich die Straßennähe innerhalb weniger Jahre zum Albtraum entwickeln würde, wussten sie nicht. Rund 1600 Lastwagen fahren täglich an ihrem Haus vorbei. Und erst die Motorradfahrer. „Die sind am schlimmsten. Da hält sich kaum einer an die Geschwindigkeitsbegrenzung von 70“, sagt Helmut Wagner.

Spezialfenster Schon in den 1970er Jahren gab es unter den sieben direkten B293-Anrainern in Stebbach eine Befragung, ob man nicht einfach einen Lärmschutzwall aufschüttet. „Wir hätten gern ein Stück unseres Gartens geopfert“, so Hedwig Wagner. Doch nur drei der sieben Familien waren dafür, die anderen dagegen. Warum? Das wissen die Wagners bis heute nicht. Und so konnten sie sich nur ein wenig schützen gegen den täglichen und auch nächtlichen Lärm und Schallschutzfenster einbauen. Ein vor dem Haus angebrachter Wintergarten dämpft den Krach, aber er ist immer noch da. 1996 fuhr sogar ein Lkw in ihren Garten und riss zahlreiche Pflanzen mit. „Den Nachbarn hat das vier Birken gekostet. Das war ein Lärm, als wäre ein Flugzeug gelandet“, so Helmut Wagner.

Dass nun das Nachtfahrverbot auf der B293 ausgeweitet wurde, halten sie für nett, aber nutzlos. „Da hält sich doch keiner dran“, sagt auch Udo Geiger. Er wohnt ebenfalls in der Zeil. Gemeinsam mit seinen Nachbarn Inge und Erich Scheiber sitzt er auf deren Terrasse. Die ist in der zweiten Reihe gebaut und somit nicht ganz so nah am Dauerlärm wie die der Wagners. Dennoch: Von ruhigem Kaffeetrinken kann auch hier keine Rede sein. Wenn man den Lkw das Fahren bei Nacht verbiete, müsse man schon auch Kontrollen aufstellen. „Ansonsten wird das nichts nutzen“, so Geiger.

Kaum Hoffnung Am Kelterberg sieht es ein wenig besser aus. Erstens liegt dieser tiefer als die B293, und zweitens wurde dort ein Wall angebracht. Den Verkehr hört man trotzdem. Die Familie von Werner Lanio hat sich dran gewöhnt. Immer mehr Mautpreller seien auf Bundesstraßen unterwegs. Allerdings sehen auch die Lanios keine andere Lösung, als das Ganze mit Fassung zu tragen. Von den Politikern, egal ob aus Gemmingen, Heilbronn oder Stuttgart, erwarten alle Anwohner schon lange nichts mehr.

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Eine Antwort zu „Da hält sich doch keiner dran“

  1. Th. sagt:

    „Von den Politikern, egal ob aus Gemmingen, Heilbronn oder Stuttgart, erwarten alle Anwohner schon lange nichts mehr.“

    Es sprechen klare Gründe dafür. Weil die Politiker ohnehin nicht an der B293 wohnen.

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