18.09.2007 Albstadt. Die Stadtwerke in Baden-Württemberg sind in den kommenden Jahren durch politische Vorgaben gezwungen, ihre Stromnetze effizienter zu betreiben. Manche Betreiber der Stadtwerke sehen jedoch einen Ausweg: Den Zukauf von Stromnetzen, die seit dem vergangenen Jahr nach und nach ausgeschrieben werden.
Doch auch dieser Zukauf ist den Stadtwerken häufig versperrt, wie jetzt in Albstadt (Zollernalbkreis) beklagt wurde. Dabei sei das Überleben der Stadtwerke für die Infrastruktur im Ländlichen Raum entscheidend.
Werkschef: Gemeinderäte unterschätzen Bedeutung der Stadtwerke
Wiederum ist es die Politik, gegen die sich die Klagen richten: Zu viele Gemeinderäte unterschätzten die Bedeutung der Stadtwerke und verlängerten ohne Angebotsvergleich die Verträge mit der EnBW Regional AG, bemängelt etwa der Geschäftsführer der Albstadtwerke GmbH, Frank Schöller. Die EnBW-Tochter hält nach eigenen Angaben rund 760 Konzessionen für Ortsnetze im Land und ist damit mit Abstand der größte Anbieter. Schöllers Geschäftsführer-Kollege, Detlev Vogel, ergänzt: „Sich mit der Konzessionsvergabe zu beschäftigen, ist ein Mordsaufwand. Ich habe Verständnis dafür, dass viele Gemeinden den einfachen Weg gehen.“
Ein Sprecher des Wirtschaftsministeriums in Stuttgart reagierte zustimmend: „Wir treten für Wettbewerb ein. Wir fordern die Kommunen auf, die Möglichkeiten des Wettbewerbs noch stärker zu nutzen.“ Er wies zugleich daraufhin, dass sich die Landesregierung nicht in die Entscheidung der Kommunen einmischen dürfe. „Die Entscheidung trifft der Gemeinderat. Wir können dafür sorgen, dass die gesetzlichen Regeln eingehalten werden.“
Für Kommunen und Stromkunden macht es auf den ersten Blick keinen Unterschied, wem das Stromnetz gehört. Die Haushalte können weiterhin auch andere Stromanbieter wählen und die Preise für die Durchleitung der Energie sind weitgehend gesetzlich bestimmt.
In Tübungen wird erstmals Stromnetz außerhalb der Stadt betrieben
Die Stadtwerke sehen die Konzessionsvergabe weniger gelassen: So war zum Beispiel bei den Stadtwerken von Tübingen Mitte März von einem „großen Erfolg“ die Rede. Das Unternehmen hatte als erstes Stadtwerk der EnBW ein Stromnetz abgerungen, das außerhalb des eigenen Gemeindegebiets lag. Der Erwerb zusätzlicher Konzessionen sei ein Mittel für profitables Wachstum, diene aber auch dem Zweck, effizienter zu werden, sagt Knut Hädicke, der bei dem städtischen Unternehmen für die Kommunikation, Organisation und Recht zuständig ist.
Allerdings haben die Tübinger, die bisher auf 750 Netz-Kilometer kommen, keine unbegrenzten Expansionspläne, wie Hädicke sagt. „Wir konzentrieren uns auf einen Umkreis von ungefähr 30 Kilometern.“
Netz der Albstadtwerke soll ausgebaut werden
Auch die Albstadtwerke wollen ihr Stromnetz von bisher 1700 Kilometern erweitern und bemühen sich in benachbarten Gemeinden um die Konzessionen. Rund 50 Prozent Zuwachs könnte das bringen. Das Stadtwerk will sich so für die Zukunft und die härteren Effizienzvorgaben wappnen. Größere Netze ließen sich so eher so wirtschaftlich betreiben, wie von den Regulierungsbehörden verlangt.
Für die Gemeinden sei die Unterstützung eines Stadtwerks kein Selbstzweck, sagt Schöller. Die kommunalen Unternehmen investierten an Stellen, wo es sich für börsennotierte Großkonzerne nicht lohne. Durch den Ausbau ihrer Erdgasversorgung hätten die Albstadtwerke beispielsweise Arbeitsplätze bei einem Unternehmen in der Umgebung gesichert. „Wir wollen Geld verdienen, aber wir wollen auch Werte schaffen, Infrastruktur und Arbeitsplätze“, sagte Schöller. Er hofft, dass die Stadtwerke mit diesem Argument bei den Gemeinderäten im Land fortan häufiger Gehör finden.
red