„Das Haus Gottes wurde massiv entehrt“

Unbekannte wüteten am Sonntagnachmittag in der Brettener Stiftskirche / Hakenkreuze und Parolen
Mannich: Gotteshaus soll weiterhin für alle offen bleiben
Von unserem Redaktionsmitglied Thilo Kampf
Bretten. Über 600 Jahre ist sie alt und hat seitdem einiges unbeschadet überstanden – die Stiftskirche in Bretten. Doch am vergangenen Sonntag wurde „das Haus Gottes massiv entehrt“, wie es Dekanin Gabriele Mannich formulierte: Unbekannte wüteten im Innern des Gebäudes, warfen die Blumenvasen am Altar um, rissen die aus Tonsteinen aufgeschichtete „Gebetsmauer“ in der Bach-Kapelle, um verschmierten Wände. Am meisten traf es die Dekanin nach eigenem Bekunden, dass die Kanzel mit der Parole „Scheiß Christen“ versehen wurde. „Wenn ich von da aus das Wort Gottes verkünde und dann dies lese, macht mich das traurig und wütend.“
In dem Gefäß, in dem Gläubige Zettel mit Wünschen und Anliegen deponieren, fanden sich Blätter mit Hakenkreuzen, zudem lagen solche Zettel in der Heiligen Schrift auf dem Altar.
Damit nicht genug: Im Außenbereich des Gotteshauses wurden Wände mit Hakenkreuzen und Hass-Parolen besprüht, Steinstufen herausgerissen – und menschliche Hinterlassenschaften abgelegt. Und vor einer Woche bereits wurde eine Telefonleitung zum angegliederten evangelischen Gemeindehaus herausgerissen. „Das hat 300 Euro gekostet, die wieder zu richten“, klagt Mannich. Und in der Kreuzkirche wurden nach Angaben der Dekanin ein Klingelbeutel zerdeppert und das Tuch über dem Taufbecken entwendet.
Zweimal war am Sonntag die Polizei vor Ort – zuletzt gegen 18 Uhr, nachdem der Schließdienst die „Sauerei“ (ein Kirchenmitarbeiter) entdeckt und die Dekanin sowie Kirchendiener Norbert Kreß alarmiert hatte.
„Wir ermitteln derzeit in alle Richtungen“, erklärt Rolf Hilpp, Leiter des Brettener Polizeireviers, den BNN auf Anfrage. Will heißen: Auch der Staatsschutz ist – wegen eines möglichen rechtsradikalen Hintergrunds – eingeschaltet. Auch in der Vergangenheit habe es bereits des Öfteren Sachbeschädigungen am Gotteshaus gegeben, sagt Hilpp, aber noch nie im Innern des Gebäudes. Zuletzt sei – im März dieses Jahres – ein elfjähriger Bub ermittelt worden, der mit seinem Fußball zwei Scheiben eingeschossen hatte.
Gravierender seien indes die Funde gebrauchter Spritzen und Kondome gewesen: Hier habe man drei Heranwachsende aus Bretten als Täter ermitteln können, berichtet Hilpp, nachdem mehrfach Zivilstreifen um die Kirche herum unterwegs gewesen seien.
Auch wenn die Kirchen-Oberen erschrocken über die jüngsten Vorfälle sind und sich Gedanken über eine Belohnung machen, falls jemand Hinweise auf den oder die Täter geben kann, steht für Dekanin Mannich eines fest: „Wir werden auch weiterhin die Kirche für alle offen lassen. Denn Kirche ist ein Ort, den Leute aufsuchen wollen, auch außerhalb des Gottesdienstes, um sich zu besinnen.“

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2 Antworten zu „Das Haus Gottes wurde massiv entehrt“

  1. -RL- sagt:

    Naja, Erziehung ja… Fernsehn nicht unbedingt… Ich schaue auch TV und verwüste keine Kirchen. Genau so gut kann man sagen, dass Leute die Brot essen Kirchen schänden weil der Schänder auch täglich Brot gegessen hat… Das ist eine Kombinationen aus sehr vielen (negativen) Dingen. Da bin ich mir sicher. TV alleine ist aber als Argument sehr pupulistisch.

    Ich hoffe diese Leute werden erwischt! Und ich würde als Strafe erst mal einen Werkzeugkasten und Putzmittel hinstellen um denen beizubringen was es für eine Arbeit ist etwas zu reparieren oder etwas wieder zu putzen. Und dann ab mit den Kaoten in ein Bootcamp zum Buse tun…

  2. H.U. sagt:

    Ich bin entsetzt. Die Einschläge kommen näher. Es ist nicht mehr Berlin oder Hamburg, oder schlagende Jugendliche in Pforzheim – es ist Bretten.

    Dieser Hass und diese Zerstörungswut der Jugendlichen ist unfassbar. Sie sind Resultat der Eltern, die ihre Kinder von klein auf vor dem Fernsehgerät geparkt haben, statt sie zu erziehen.

    Mich wundert nur, dass von den nahegelegenen Anwohnern niemand etwas gehört und unternommen hat, bei diesem Ausmaß der Zerstörung.

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