Politiker auf Tour

So wünscht sich der Bürger seinen Volksvertreter: Der Politiker auf Augenhöhe mit dem Wähler, sein Ohr geöffnet für die Sorgen und Nöte das kleinen Mannes, und dies auch noch mitten im Wahlkreis, draußen in der freien Natur. Unter dem Motto „Mit dem Abgeordneten auf Tour“ lädt Joachim Kößler, Mitglied des Landtags von Baden-Württemberg, die Bürger zu einer Weinbergwanderung nach Kürnbach ein, war jüngst einer Pressemitteilung zu entnehmen. Für Bewirtung sei ebenso gesorgt wie für Wein-Verkostung, ferner gebe es „Spaß und Unterhaltung für Kinder und Erwachsene“. Interessierte mögen sich im Wahlkreisbüro des Abgeordneten anmelden, per Brief, per Telefon oder per E-Mail.


Alle Achtung!, denkt sich der Bürger, voller Respekt darüber, dass sein Vertreter im Stuttgarter Landtag so etwas auf die Beine stellt, um mit ihm in Kontakt zu kommen. Allerdings: der Termin für dieses Angebot unter dem Titel „Mit dem Abgeordneten auf Tour“ läßt ihn stutzen. 9. September. Ausgerechnet an diesem Tag findet doch auch das traditionelle „Wandern mit Wein“ in Kürnbach statt, veranstaltet seit vielen Jahren von der örtlichen Winzergenossenschaft.
Sollten etwa durch einen unglücklichen Zufall die Wanderung des Abgeordneten und die Wanderung der Winzer aufs selbe Datum gefallen sein? Eher nicht. Beide beginnen am Ziersdorfer Platz, beide verpflegen die Teilnehmer in der historischen Hessenkelter. Offenbar sind „Mit dem Abgeordneten auf Tour“ und „Wandern mit Wein“ ein und dieselbe Veranstaltung.
Man kennt das ja schon: Wenn die Arena auf Schalke plötzlich den Namen einer Biersorte trägt, der Brettener Melanchthonstadtlauf zum City-Cup einer Strommarke wird, wenn Golfschläger im Namen einer Automarke geschwungen werden, warum soll dann nicht auch ein Politiker eine traditionelle Wein-Wanderung zu seinem Event für den Wähler machen können? Ein Modell mit Zukunft: Die Ute-Vogt-Mittelalterspiele, der Axel-E.-Fischer-Weihnachtsmarkt, der Jörg-Tauss-Weinmarkt … Wir stehen noch ganz am Anfang einer bemerkenswerten Entwicklung! Rudolf Baier

Die Themen dieses Tages in einem anderen Jahr :

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2 Antworten zu Politiker auf Tour

  1. -rl- sagt:

    Die Überlegungen im 1. Kommentar stimmen schon. In einem normalen Unternehmen wird auch nicht perteipolitisch entschieden, sondern wird das getan, was für den Kunden gut ist. Denn, der Kunde bezahlt ja die ganze Zeche. Das muss man scheinbar beim Steuerzahler nicht berücksichtigen, der muss ja trotzdem bezahlen.
    Notgedrungen muss das Unternehmen aber noch unsägliche Steuern bezahlen und deshalb die Preise dementsprechend hochalten. Nun wird mit den Steuern gesteuert – je nach politischer Mehrheit. Wenn sich aber in diesem Punkt alle einig sind, na dann . . .

  2. -an-i- sagt:

    „Ein Modell mit Zukunft“ – und womöglich noch mit der neuen Parteienfinanzierung?
    Stellt sich die Frage, wofür wir überhaupt unterschiedliche Parteien benötigen, wenn sie so oder so alle aus Steuergeldern bezahlt werden? Nur um (fragwürdige)Kompromisse zu schließen und sich auf den Vergnügungsmärkten zu präsentieren? Brot und Spiele Politik ist bisher schon immer gescheitert.
    Heißt das: Die Mitgliedsbeiträge der schwindenden Parteimitglieder werden nur noch als „Trinkgeld“ angesehen?
    Dabei geht der überwältigen Mehrheit (über 98%!) der Menschen im Prinzip nur um ein anständiges Leben und das läßt sich sicherlich auch mit klaren, ehrlichen Köpfen ohne Parteibücher bewerkstelligen. Nicht unterschiedliche Parteiprogramme, sondern ein glückliches Leben für alle muss das Resultat der Abstimmungen ergeben.
    Man möge mich korrigieren, wenn mich mein Gefühl getäuscht hat.

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