Neuanfang im Landkreis

MATTHIAS KULD
Die Wahl des Karlsruher Landrats markiert einen Neuanfang. Ein halbes Jahr war der Landkreis ohne politische Führung. Mit Christoph Schnaudigel hat sich der Kreistag gestern für einen Mann entschieden, der unbelastet von allen Vorgängen der Vergangenheit arbeiten kann. Das war sein entscheidender Vorteil im Trio qualifizierter Bewerber aus der CDU.

Der neue Landrat wird nicht nur die Zukunftsthemen bearbeiten, sondern auch die Vergangenheit aufarbeiten müssen. Noch ist die „Mietaffäre“ nicht restlos aufgeklärt, die den Kreis in heftige Turbulenzen gestürzt hatte. Immer noch muss man sich fragen, wie es dazu kommen konnte, dass dem Kreistag ein bewusst falscher Haushaltsplan vorgelegt wurde, der erst in einem Nachtrag mit den richtigen Zahlen vorlag.
Im Landratsamt lief manches nicht mehr so, wie es sollte. Der Kreistag konnte die Verwaltung offenkundig nicht so kontrollieren, wie es sich im Nachhinein als wünschenswert herausgestellt hat. Zwischen Verwaltung und politischem Hauptorgan hatte sich ein Verhältnis gebildet, das teilweise vielleicht von zu großem Vertrauen geprägt war. Als die „Mietaffäre“ ruchbar wurde und sich der vormalige Landrat Claus Kretz Gegenwind ausgesetzt sah, wurde aus Vertrauen kritische Distanz. Für Kretz erwuchs daraus eine Situation, mit der er nicht fertig wurde und die ihn zum Äußersten trieb: Er suchte im Januar den Freitod.
Wenn nun Christoph Schnaudigel seinen Dienst antritt, kann er arbeiten, ohne irgend jemandem in diesem 2 800 Mitarbeiter zählenden Apparat gegenüber Verpflichtungen zu haben. Dennoch darf die Aufarbeitung der Vergangenheit nicht zu viel Zeit in Anspruch nehmen. Gegenwart und Zukunft bieten ausreichend Aufgaben. Im Schulterschluss mit den Gemeinden geht es etwa um eine bürgernahe Politik in sozialen Fragen, wie sie sich aus der demographischen Entwicklung ergeben. Auch der Erhalt der Kreiskliniken in öffentlicher Trägerschaft ist eine Daueraufgabe: Wettbewerb und ständiger Kostendruck sind hier die Wegbegleiter. Jetzt liegt es an Christoph Schnaudigel, die an ihn geknüpften Erwartungen eines Neuanfangs einzulösen.

Die Themen dieses Tages in einem anderen Jahr :

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Eine Antwort zu Neuanfang im Landkreis

  1. Wern.-St. sagt:

    „Der Kreistag konnte die Verwaltung offenkundig nicht so kontrollieren, wie es sich im Nachhinein als wünschenswert herausgestellt hat.“

    Es ehrt Herrn Matthias Kuld, dass er so nett formuliert.

    Mit der Wirklichkeit hat es jedoch nichts zu tun.

    Der Kreitag legt die Grundsätze für die Verwaltung des Landkreises fest und entscheidet über alle Angelegenheiten des Landkreises (außer denen mit gesetzlicher Zuständigkeit des Landrats).

    Der Kreistag überwacht die Ausführung seiner Beschlüsse und ist zur Beseitigung von Mißständen in der Kreisverwaltung verpflichtet!

    So, was nun?

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