Doppik enthüllt: gut gefülltes Stadtsäckel oder drohende Pleite?

Nach Innenminister Heribert Rech soll ab 2013 jede Kommune generationengerecht haushalten / Interkommunale Zusammenarbeit als Sparfaktor
„Wir sind verpflichtet, keine Lasten in die Zukunft zu verschieben“
Von unserem Redaktionsmitglied Angela Wiedemann
Forst/Stuttgart. Ab 2013 soll es nun tatsächlich so weit sein: Dann zeigt sich, was wirklich drin ist im Säckel der baden-württembergischen Gemeinden. Einige scheinbar wohlhabende Kommunen könnten dann plötzlich rote Zahlen schreiben. Und das nicht, weil sie schlechter gewirtschaftet haben als in den vergangenen Jahren. Sondern weil ab diesem Jahr das neue Haushaltsrecht vollständig in kraft sein soll. Wenn es nach dem baden-württembergischen Innenminister Heribert Rech (CDU) geht, muss dann jede Kommune in Baden-Württemberg ihr Rechnungswesen von Kameralistik auf Doppik umgestellt haben (siehe Stichwort). „Nach jetzigem Stand werden die Vorschriften ab dem Haushaltsjahr 2013 anzuwenden sein“, so seine Ankündigung bei der Hauptversammlung des Berufsverbands der Kommunalen Finanzverwaltungen in Forst. Der Gesetzentwurf soll nach momentaner Zeitplanung spätestens im Herbst in die Anhörung gehen.

Einigen der anwesenden Kämmerer dürfte mit der Willensbekundung des Innenministeriums ein Stein vom Herzen gefallen sein. Denn inoffiziell war die ganze Zeit auch ein Wahlrecht im Gespräch: Demnach hätte jede Gemeinde wählen können, ob sie eine Bilanz erstellt, wie es die Doppik verlangt, oder bei der Kameralistik bleibt, bei der nur Einnahmen und Ausgaben ausgewiesen werden. In der Folge hätten Nachbargemeinden, die vergleichbar gewirtschaftet haben, in ihren Büchern höchst unterschiedlich ausgesehen: drohende Pleite hier, scheinbar gesunder Haushalt dort.

Die Doppik soll künftig dafür sorgen, dass Kommunen vernünftig wirtschaften. „Im Interesse unserer Kinder und Enkelkinder sind wir verpflichtet, uns für eine nachhaltige Entwicklung einzusetzen“, so Rech in Forst. Die Doppik sei dafür die beste Grundlage, denn sie schaffe Transparenz, indem sie zusätzliche Aufwendungen wie Pensionsrückstellungen und den Werteverzehr von Gebäuden berücksichtige – also Aufwendungen, die in der Gegenwart anfallen, auch der Gegenwart zurechne. „Die demographische Entwicklung stellt uns vor große Aufgaben“, so Rech, „deshalb sind wir verpflichtet, keine Lasten in die Zukunft zu verschieben.“
Das bedeutet jedoch gleichzeitig, dass sich die jährlichen Lasten der baden-württembergischen Kommunen ab 2013 schlagartig erhöhen werden. Wie können die Gemeinden die zusätzliche Belastung tragen, ohne am Bürgerservice, der so genannten Daseinsfürsorge zu sparen? Möglicherweise, indem sich mehrere Kommunen bestimmte Dienstleistungen – beispielsweise die Abfallentsorgung – teilen.
Nach Ansicht von Heribert Rech hat sich dieser Trend unter dem Sparzwang der vergangenen Jahre verstärkt. Nun will die Politik das Ganze auf eine solide gesetzliche Basis stellen: „Das Land wird seinen Beitrag leisten, und einen Rechtsrahmen für die interkommunale Zusammenarbeit zur Verfügung stellen“, versprach Rech.

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12 Antworten zu Doppik enthüllt: gut gefülltes Stadtsäckel oder drohende Pleite?

  1. Ed. sagt:

    Wer dem Artikel Glauben schenkt, darf als gutgläubig bezeichnet werden.
    Ich jedenfalls bin nicht unkritisch!

  2. Siegb. Querf. sagt:

    „Gut gefülltes Stadtsäckel oder drohende Pleite?“

    Der einzelne (Bürger) ist nicht in der Lage, das eine oder andere irgendwie zu beeinflussen.

  3. Olg. sagt:

    WAS SOLL DAS?

  4. M.-Zieb. sagt:

    Ich kann dem Zeitungsartikel maximal mein Kopfschütteln entgegenbringen. Und das bedeutet immerhin schon etwas.

  5. Berth.-Arg. sagt:

    Mit der Doppik werden Verluste nicht zu Gewinnen und mit der Kameralistik auch nicht.

    Haushaltsdefizite werden in beiden Fällen sichtbar und bleiben auch bei beiden Systemen bestehen.

  6. L.K. sagt:

    Die Ausführungen im 2. Absatz des oben stehenden Berichts sind schlichtweg falsch, was durch die Anmerkungen im 4. Kommentar offensichtlich wird.

  7. JoSt sagt:

    Der jeweilige Gemeinderat wirtschaftet in seiner Kommune vernünftig und/oder unvernünftig.
    Der jeweilige Kämmerer hat allenfalls zu vollziehen.

  8. n-Or sagt:

    „Die Doppik soll künftig dafür sorgen, dass Kommunen vernünftig wirtschaften.“

    Auch mit der Doppik läßt sich genauso unvernünftig wirtschaften wie bisher. Sie ist nur ein Buchführungssystem und nicht mehr!

  9. ch.u. sagt:

    Wieder einmal wurde der Stein des Weisen (eines Politikers) gefunden!

    Die Kameralistik knüpft an der Verbuchung kassenmäßiger Vorgänge an und ist um die Ermittlung finanzwirtschaftlicher Ergebnisse bemüht. Das kaufmännische Rechnungswesen dagegen hat zum Ziel, ein erfolgswirtschaftliches Ergebnis im Sinne eine Gewinnes oder Verlustes zu ermitteln. Dadurch unterscheiden sich die beiden Systeme.

    Über die Kameralistik können vor allem über ihre neueren Formen prinzipiell die gleichen Kontroll- und Steuerungsinformationen wie bei der kaufmännischen Buchführung erlangt werden!

    Die Informationsgewinnung gestaltet sich beim kameralistischen Rechnungswesen umständlicher, vor allem weil kein geschlossenes doppeltes Buchungssystem existiert.

    Das kameralistische Rechnungswesen in öffentlichen Verwaltungen bedarf der Ergänzung durch eine Vermögensrechnung. Die bei den kameralistischen Abrechnungsverfahren erfaßten Zahlungsströme sind zwar vermögenswirksam. Doch werden wegen der an finanzwirtschaftlichen Zielen orientierten Gliederung die Auswirkungen auf Vermögen und Schulden nicht ausreichend nachgewiesen.

  10. Gust./Fo. sagt:

    Vom inhaltlichen Durcheinander für die fachlich leider nicht ausgewiesenen Leser einmal ganz zu schweigen!

  11. Dor./Kais. sagt:

    „Wie können die Gemeinden die zusätzliche Belastung tragen, ohne am Bürgerservice, der so genannten Daseinsfürsorge zu sparen?“

    Der Begriff Daseinsfürsorge ist falsch. Es muß richtig Daseinsvorsorge heißen.

    Damit geht bereits die (sprachliche) Verwirrung los!

  12. mm sagt:

    Eine Kommune kann nicht pleite gehen, das wurde schon mehrfach hier geschrieben, weil von übergeordneten Behörden so festgestellt.
    Was eine andere Form der Buchführung bringen soll ist mir schleierhaft, schon jetzt könnte eine funktionierende Dienstaufsicht, die die Berichte der Gemeindeprüfungsanstalt lesen kann (und will), ihre Schlüsse und daraus die Konsequenzen ziehen. Im Verborgenen bleiben schon jetzt keine Tricks der Finanzjongleure in den Städten und Gemeinden, verborgen bleiben hingegen die Beweggründe, warum die Dienstaufsicht nicht funktioniert. Ich vermute, dass dies sich auch mit „Doppik“ nicht ändern wird.

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