Strompreise steigen drastisch

Mindestens 126 Energieversorger nutzen den Wegfall der Preisaufsicht zum 1. Juli, um ihre Strompreise zu erhöhen.
Wie das unabhängige Verbraucherportal Verivox.de berichtete, steigen die Grundversorgungstrafie um durchschnittlich acht Prozent, manche Kunden müssen bis zu 34 Prozent mehr bezahlen. Weitere Erhöhungen werden erwartet.

Die Stromrechnung für einen Haushalt mit 4000 Kilowattstunden Verbrauch im Jahr steige damit auf durchschnittlich 815 Euro jährlich und liege fast 7 Prozent höher als zur Jahresmitte 2006. Manche Kunden wie in Weißenfels in Sachsen-Anhalt müssten sogar um 34 Prozent höhere Preise verkraften und 1100 Euro für 4000 Kilowattstunden bezahlen.

Im Vergleich der zehn größten Städte in Deutschland sind die Strompreise nach Angaben von Verivox.de in Stuttgart mit 871 Euro pro Jahr am höchsten. Es folgen Bremen (853 Euro), Berlin (843 Euro), Essen (841 Euro), Hamburg (836 Euro), Frankfurt am Main (831 Euro), Düsseldorf (824 Euro), Dortmund (808 Euro), Köln (805 Euro) und München (804 Euro). Den bundesweit günstigsten Grundversorgungstarif bietet nach der Aufstellung die Aschaffenburger Versorgungs-GmbH mit 661 Euro. Verivox.de hat für seine Liste die Grundversorgungstarife von 861 Stromversorgern verglichen.

Die meisten Anbieter begründeten die Erhöhung mit gestiegenen Beschaffungskosten. Allerdings sei der dafür maßgebliche Großhandelspreis an der Strombörse in Leipzig in den vergangenen zwölf Monaten nicht gestiegen, sondern im Trend auf hohem Niveau gleich geblieben, berichtet die «Frankfurter Allgemeine Zeitung» (Samstag).

Zu den großen Anbietern, die den Grundtarif erhöhen, gehörten Vattenfall in Berlin und Hamburg, die Düsseldorfer Stadtwerke und die Envia Mitteldeutsche Energie AG in Brandenburg. Die beiden größten deutschen Versorger E.ON und RWE mit zusammen rund 18 Millionen Haushalts-Kunden hatten angekündigt, ihre Preise vorerst konstant zu halten. Nach Angaben des Verbandes der Elektrizitätswirtschaft (VDEW) hatten sie – wie auch andere Anbieter- bereits zum Jahresbeginn im Zuge der Mehrwertsteuererhöhung die Tarife angehoben. Für die Stromkunden in Elmshorn bei Hamburg, Aachen und Ludwigslust-Grabow sinken die Tarife.

Die Länder hatten die Genehmigungspflicht der Strompreise von diesem Sonntag an abgeschafft, weil die entsprechende Verordnung ein untaugliches Mittel gegen steigende Preise sei. Die Versorger mussten bislang ihre Strompreise drei Monate im Voraus vom Wirtschaftsministerium des jeweiligen Bundeslandes genehmigen lassen. Im Gegenzug sollen die Kartellbehörden künftig leichter gegen Marktmissbrauch vorgehen können.

«95 Prozent der Endkundenpreise konnten nicht von den Ländern beeinflusst werden», zitiert die «FAZ» den hessischen Wirtschaftsminister Alois Rhiel (CDU), der dies Instrument bisher nutzte, um den Preisanstieg zumindest zeitweise zu dämpfen. «Daher war die Preisaufsicht ein stumpfes Schwert», stellte Rhiel fest. Baden-Württemberg hatte die Preisaufsicht bereits im Jahr 2000 abgeschafft.

Der VDEW schätzt, dass die Strompreise 2007 in Deutschland im Schnitt um fünf Prozent steigen und auch künftig weiter klettern werden. Verbandschef Werner Brinker sagte der Deutschen Presse- Agentur dpa: «Die Zeiten billiger Energie sind vorbei.»

Experten ermuntern zum Anbieterwechsel
Verbraucher müssen nicht einmal ihren alten Vertrag kündigen, um zu einem anderen Stromanbieter zu wechseln. Man muss nur Preise vergleichen und einen neuen Versorger beauftragen, erklärt die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf.

«Der neue Anbieter regelt dann alles Weitere für sie», sagt Verbraucherschützer Jürgen Schröder. Bei einem Wechsel regelt der neue Versorger mit dem alten den Datenaustausch und die Zählerablesung. Der bisherige Versorger schickt den Kunden am Ende eine Bestätigung der Kündigung sowie eine Schlussrechnung.

In der Regel ist ein Anbieterwechsel jederzeit möglich. «Sie können mit Monatsfrist zum Monatsende kündigen. Wer jetzt kündigt, sollte vom 1. September an vom neuen Anbieter beliefert werden», sagte Schröder. Das gelte für alle Kunden der so genannten Grundversorger. Das seien die Anbieter mit den meisten Kunden in einer Region, die gleichzeitig auch der Netzbetreiber seien.

Wer vom Grundversorger – häufig seien das etwa Stadtwerke – bereits einmal zu einem anderen Anbieter gewechselt hat, habe möglicherweise aber einen Sondervertrag geschlossen. Denn längst sei auch der Strombezug von ortsfremden Anbietern möglich. «Da kann die Situation anders sein: Der Vertrag gibt dann die Laufzeit vor», erläuterte Schröder. Laufzeiten von mehr als 12 Monaten seien nicht empfehlenswert, und die Kündigungsfrist dürfe der aktuellen Rechtslage zufolge nicht mehr als 3 Monate betragen.

Bei einer vergleichsweise saftigen Preiserhöhung entstehe aber auch ein Sonderkündigungsrecht: «Der aktuellen Rechtsprechung nach ist eine erhebliche Erhöhung eine erhebliche Vertragsänderung.» Schröder zufolge seien Erhöhungen um mehr als 5 Prozent bereits als solche einzustufen. «Und dann ist ein Festhalten am Vertrag nicht mehr zumutbar.»

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10 Antworten zu Strompreise steigen drastisch

  1. f-h sagt:

    Wenn der Strompreis drastisch steigt, steigt bei mir der Blutdruck.

  2. - zuk- sagt:

    Es geht also auch ganz ohne Preisaufsicht!

  3. joh./mü. sagt:

    Für die Energieversorgungsunternehmen ergibt sich aus der Notwendigkeit, immer höhere Preise durch ständig höhere Kosten zu rechtfertigen, folgende Aufgabe. Sie belasten ihre einzelnen Produkte derart mit Gemeinkosten, dass der Nachweis unabwendbarer Mehrkosten dort, wo Preiserhöhungen beanstandet wurden, gesichert ist.

    Es wird folglich dazu ermuntert, die Kosten den Preisen anzupassen!

    Das aber ist gleichbedeutend mit einer Umkehrung des marktwirtschaftlichen Prinzips. Dieses weist einem wirksamen Wettbewerb – auch auf dem Energiemarkt – die Aufgabe zu, die Preise auf das Niveau der Kosten herabzudrücken und nicht etwa diese auf das Niveau der Preise „hochzurechnen“.

    In dem Maße, in dem es gelingt, Preiserhöhungen durch gestiegene Kosten zu legitimieren, entfällt jeglicher Zwang zur Kostensenkung. Damit ist seit langem der Versuch, wettbewerbsbetreffende Ergebnisse zustandezubringen, total mißlungen.

  4. -Do/ sagt:

    Merke: Eine Zunahme der Transparenz (Durchschaubarkeit) für Stromkunden wirkt sich positiv auf den Wettbewerb aus.
    Eine Erhöhung von Transparenz der Stromanbieter hat einen negativen Einfluß auf den Wettbewerb.
    Im ersten Fall kommt es zu Wahlmöglichkeiten für die Stromkunden – also positiv!
    Im zweiten Fall führt dies zur Identifikation der Aktions-Reaktions-Verbundenheit (Glaskasten-Situation) – also negativ!

    Somit ist Markttransparenz mehrdeutig hinsichtlich der Wirkung auf die Marktprozesse – hier Strommärkte!

  5. Bus. sagt:

    Der Strommarkt ist allein schon deshalb zu vergessen, weil es an vollständiger Markttransparenz fehlt.
    Alle wesentlichen Informationen über das Marktgeschehen, insbesondere hinsichtlich der Preisbildung, sind nicht verfügbar.

  6. zip sagt:

    Eine Nutzenmaximierung der Nachfrager, also der Stromkunden, spielt nicht die geringste Rolle.

  7. Wilfr. sagt:

    Hier geht es ausschließlich um die jeweilige Gewinnmaximierung der Stromanbieter, die sich im Angebotsmarkt befinden.

  8. -terp. sagt:

    Preisbildung: Das Branchenangebot und die Bedarfsäußerungen der einzelnen Nachfrager funktionieren doch einwandfrei – oder?

  9. sond.- sagt:

    Warum sollen sich denn die Strompreise anders entwickeln als die Benzinpreise?
    Wir leben in einem freien Land mit freien Preisen!

  10. -Pau. sagt:

    Und es wird erneut ein gebetsmühlenartiger Aufruf des Wirtschaftsministers, seinen Namen habe ich vergessen, erfolgen, den Energieversorger zu wechseln.

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