Liebäugeln mit dem Volk

Ein direkt gewählter Landrat? Für einige im Enzkreis ist das keine schlechte Idee – das findet auch Amtsträger Karl Röckinger
ENZKREIS. Der Bundespräsident hat die Frage der Direktwahl für sein Amt aufgeworfen. Wäre das auch ein Modell für die einflussreichen Landräte? Er könne sich das gut vorstellen, meint Enzkreis-Landrat Karl Röckinger.

Wenn ein Landrat gewählt wird, dann laufen die entscheidenden Dinge hinter verschlossenen Türen ab. Dort beratschlagen die Kreistagsfraktionen über Vorzüge und Schwächen der verschiedenen Kandidaten – und hinter welchem Bewerber sich eine Mehrheit über Parteigrenzen hinweg versammeln lassen könnte. Es wird vorgefühlt, wie die Stimmungslage in anderen Fraktionen ist. Dann wird im Saal abgestimmt. Meistens mehrmals, bis die Fraktionen sich auf einen Sieger festlegen. Das Ganze erinnert schon ein bisschen an die Wahl des Bundespräsidenten in der Bundesversammlung.

Tagesgeschäft würde sich ändern
Vor diesem Hintergrund passt es, dass Karl Röckinger, Landrat des Enzkreises, sich eine Direktwahl auch für das höchste Amt in den Kreisen Baden-Württembergs vorstellen kann. Denn anders als Bürgermeister in ihren Gemeinderäten, hat der Kreisverwaltungschef kein eigenes Mandat als Rückendeckung. Stattdessen sind es oft genug die Bürgermeister selbst, die als Kreisräte über den Landrat entscheiden. Bei einer Direktwahl wäre auch im Tagesgeschäft im Kreistag einiges anders. „Ich hätte dort dann nicht nur Sitz, sondern auch Stimme“, sagt Röckinger in einem PZ-Gespräch. Und beim Anlauf zur Wiederwahl könnte ein Landrat „ganz auf die eigene Kraft setzen“, so Röckinger. Was er nicht sagt: Er wäre damit unabhängig von parteipolitischem Taktieren.

Eine Direktwahl würde freilich einiges ändern. Das Gewicht des Landrats würde noch größer. Andererseits könnte die Parteipolitik auf andere Weise wichtig werden. „Für unabhängige Kandidaten würde es schwerer, in das Amt zu kommen“, meint Röckinger. Denn der aufwendige Wahlkampf in einem relativ großen Raum würde Bewerber ohne Unterstützung einer Partei und ihrer Helfer unter Umständen überfordern.

Andererseits gebe es genügend Bundesländer, in denen die Landratswahl durch das Volk funktioniere. Bayern ist nur ein Beispiel.

Auch Kreisräte für Volkswahl
Einer der bisher den Landrat gewählt hat, ist der ebenfalls parteilose Remchinger Bürgermeister Wolfgang Oechsle. Auch er hegt Sympathien für eine Direktwahl des Kreischefs: „Wenn man als Bürgermeister aus einer Volkswahl hervorgeht, kann man bei einem Landrat oder Bundespräsidenten nicht dagegen sein.“ Volksentscheide auf Bundesebene lehnt er dagegen ab.

Der Straubenhardter Kreisrat Hans Vester (SPD) bringt ein anderes Argument pro Direktwahl ein: „Der Kreistag führt bisher ein Schattendasein. Durch die Wahlmöglichkeit für alle Bürger im Kreis erhalten der Landrat und der Kreistag einen höheren Stellenwert in der Bevölkerung als bisher.“

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Eine Antwort zu Liebäugeln mit dem Volk

  1. M.-Zieb. sagt:

    „Liebäugeln mit dem Volk“ ist nicht mehr als ein Gedankenspiel.

    Es läßt sich auch ohne Volk genauso liebäugeln.

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