Doping-Enthüllungen im Radsport sorgen auch für Unruhe an den Schauplätzen der Deutschlandtour 2007
Sternenfels/Knittlingen – Die Deutschlandtour verspricht den Städten und Gemeinden an der Strecke dank großer Medienpräsenz einen Werbeeffekt und Imagegewinn. Weil der Radsport aber derzeit vorrangig Negativschlagzeilen produziert, mehren sich die Stimmen, die eine (finanzielle) Beteiligung ihrer Kommune kritisch sehen.
VON THOMAS EIER UND THOMAS SADLER
So hatte sich in Sternenfels SPD-Gemeinderat Gerhard Schollenberger öffentlich von dem Radsport-Spektakel durch den Ort distanziert und es – als Einziger im zwölfköpfigen Gremium – abgelehnt, dass seine Gemeinde Steuergelder für die Deutschlandtour ausgibt. „Der Radsport ist mittlerweile so verkommen“, kritisierte Schollenberger in der Sitzung im April, „dass mir dafür jeder Euro zu viel ist.“
In der Abstimmung allein auf weiter Flur stehend, konnte er nicht verhindern, dass Sternenfels exakt 2380 Euro – einen Euro pro Einwohner – dafür bezahlt, dass die Tour beim Mannschaftszeitfahren am 11. August keinen Bogen um den Ort macht. „Schade, dass solch ein Großereignis überschattet wird“, bedauert unterdessen Bürgermeisterin Sigrid Hornauer, die im Gemeinderat („Ein Werbeeffekt von unschätzbarem Wert“) ausdrücklich für die Tour geworben hatte. Sie setzt trotz der Doping-Enthüllungen auf ein gelungenes Radsportfest für die Bevölkerung in einer an diesem Tag wegen der Streckenführung abgeschotteten Gemeinde. Ein Ausstieg, argumentiert die Verwaltungschefin, würde letztlich auch die fairen Sportler treffen.
Im Knittlinger Gemeinderat, wo die Teilnahme nach den Vertragsbestimmungen nicht öffentlich beraten und beschlossen wurde, hat es ebenfalls kritische Stimmen gegeben, wie Bürgermeister Heinz-Peter Hopp auf Nachfrage einräumt. „Das Ganze ist etwas in Schieflage geraten“, bewertet Hopp die Situation im Radsport, „aber die Deutschlandtour ist generell nicht in Frage gestellt.“ Knittlingen rechne am 11. August mit 10000 bis 15000 Zuschauern und profitiere – wie alle Partner – in der Tourismuswerbung nicht nur durch die Fernsehübertragung, sondern auch durch eine dauerhafte Beschilderung als Schauplatz der Deutschlandtour 2007. In der Hoffnung, dass sich die Diskussion um das Doping bis Sommer wieder beruhigt, hält der Knittlinger Bürgermeister, der zurzeit Sponsoren für die Veranstaltung und das Rahmenprogramm sucht, die Teilnahmegebühr von 7840 Euro – ein Euro pro Einwohner – nach wie vor für eine gute Investition. „Wir bezahlen ja nicht unmittelbar die Fahrer.“
Eigenwerbung ist das Ziel aller beteiligten Städte und Gemeinden, und insbesondere derer, die als Etappenorte besonders im Blickpunkt stehen, wie am 11. August Bretten als Ausgangspunkt des Mannschaftszeitfahrens, das auf einem Rundkurs durch das Kraichgau-Stromberg-Gebiet führt, oder einen Tag später Pforzheim, wo die nächste Etappe nach Offenburg startet. Aber droht in Verbindung mit dem Radsport nicht eher Negativwerbung?
„Man sollte den Radsport nicht verteufeln“, warnt Wolfgang Trautz, Geschäftsführer der Kongress und Marketing GmbH in Pforzheim, vor Pauschalurteilen und verweist auf Negativbeispiele aus anderen Sportarten. „Wir buchen die Tour unter Marketinggesichtspunkten, um die Stadt ins Gespräch zu bringen“, beschreibt er die Beweggründe für die Teilnahme. Die für einen Etappenort geforderten 25000 Euro seien durch Sponsorengelder abgedeckt.
Dass die Radsportfans und Zaungäste dem sportlichen Großereignis den Rücken kehren, hält Trautz für unwahrscheinlich. Gleiches gilt für eine Absage der Tour. Allerdings sind die kommunalen Partner selbst ein Stück weit Zuschauer: „Weitere Entscheidungen“, stellt Trautz nüchtern fest, „liegen nicht in unserer Hand.“
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Erst Hirn einschalten, danach sprechen.
„Wir bezahlen ja nicht die Fahrer“
Eine törichte Aussage. Sie schaffen die Voraussetzungen dafür, dass die Fahrer bezahlt werden. Das ist ja noch viel schlimmer.
Da stecken die beteiligten Kommunen – wegen Werbung – Geld in eine Sportveranstaltung, die aktuell Negativschlagzeilen ohne Ende produziert.
Da wurden die Zuschauer wissentlich belogen und betrogen. Die Kommunen immerhin stehen wegen ihrer Eigeninteressen treu zu dem Sportspektakel, dem ein riesengroßer Skandal vorausging und immer noch anhaftet.
Das verstehe, wer will. Ich nicht!