Jeden Werktag 411 Lastwagen mehr

Von Carsten Friese
BUNDESSTRAßE 293 – Was die Anwohner an der Großgartacher Straße in Heilbronn-Böckingen seit zwei Jahren lautstark beklagen, hat jetzt in amtlichen Zahlen ein breites Fundament: Die Zahl der Brummis auf der Bundesstraße 293 zwischen Heilbronn und Bretten ist seit dem Jahr 2005, in dem die Lkw-Maut auf deutschen Autobahnen eingeführt wurde, massiv gestiegen. Ein jetzt vorliegender Drei-Jahre-Vergleich der automatischen Zählstelle bei Schwaigern belegt: Im Vergleich des Jahres 2004 (mautfrei) mit dem Jahr 2006 (zweites Mautjahr) rollten an jedem Werktag im Durchschnitt 411 Schwerlastfahrzeuge mehr über die gut ausgebaute Bundesstraße. Von täglich 952 Mehrtonnern im Jahresdurchschnitt 2004 ging die Zahl auf 1363 Brummis in 2006 nach oben – ein Zuwachs von 43 Prozent. Im Extremmonat April 2006 lag der tägliche Dauernachschub an Lastwagen gegenüber dem mautfreien 2004 sogar um 598 Schwergewichte höher (siehe Grafik).


Klage angedroht Nicht überrascht von diesen Steigerungsraten ist Erwin Scheffler, der Sprecher der Bürgerinitiative an der Großgartacher Straße. Er kennt das Vibrieren der Häuser, den bereits ab 4 Uhr morgens einsetzenden Lkw-Strom und die langen Rückstaus an den Ampeln in Böckingen.

Sieben Monate ist es her, seit die Stadt Heilbronn mit Unterstützung des Landratsamts beim Regierungspräsidium Stuttgart den Antrag gestellt hat, wenigstens die Transit-Lkw ohne Ziel in der Region mit einem Nachtfahrverbot von 22 bis 6 Uhr zu belegen. „Wir warten jeden Tag auf eine Nachricht“, sagt Bürgersprecher Erwin Scheffler. Falls kein Nachtfahrverbot komme, will er es vor Gericht einklagen. Scheffler sieht die Grenze der Zumutbarkeit längst überschritten. Viele Mehrtonner aus Ostdeutschland, Osteuropa, Belgien und Holland fallen den Anwohnern auf. „Der Durchgangsverkehr muss weg.“

Wann wird endlich über den Antrag entschieden? Das Regierungspräsidium (RP) fordert gerichtsfeste Belege, nach denen die Zuwachsraten auch tatsächlich durch Mautausweichler hinter den Brummi-Lenkrädern verursacht werden. Für ein Nachtfahrverbot müsse laut Gesetz eine „erhebliche“ Zunahme von mindestens 150 Lastwagen über zwölf Tonnen Gewicht pro Tag vorliegen. Präsidiumssprecher Frank Buth schob auf HSt-Anfrage gestern Heilbronn die Verantwortung zu. „Nicht wir müssen diese erhebliche Zunahme durch Mautausweichverkehr nachweisen, sondern die Stadt Heilbronn.“ Die bisher vorgelegten Zahlen lieferten jedenfalls „keine ausreichenden Belege“. Komplexe Rechenvorgänge, eine Feinanalyse der Daten seien notwendig. Zur Not müsse eine Kommune einen Experten zu Rate ziehen. Buth verwies auf das Beispiel B 25 in Bayern. Dort habe der Verwaltungsgerichtshof eine Sperrung wieder aufgehoben, „weil die Voraussetzungen nicht erfüllt waren“.

OB verärgert Heilbronns OB Helmut Himmelsbach will zwar erst einmal die schriftliche Antwort auf seine jüngste Anfrage zur B 293 aus dem Regierungspräsidium abwarten. Er zeigte sich gestern aber verärgert über die neuen Informationen. „Es kann doch nicht sein, dass wir nun als Stadt bis zu 10 000 Euro für einen Gutachter ausgeben sollen für Dinge, die sonnenklar sind.“ Von einer solchen Feinanalyse habe vor sieben Monaten noch niemand geredet. Dass das Regierungspräsidium immer neue Zählungen verlange, verwundert den OB. Die lange Zeit, die seither ohne Ergebnis vergangen ist, nannte er „ein Trauerspiel“.

Die Themen dieses Tages in einem anderen Jahr :

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Eine Antwort zu Jeden Werktag 411 Lastwagen mehr

  1. H.U. sagt:

    Schlimm, es ist schlimm was hier passiert. Man flutet die Städte und Gemeinden mit Mautprellern und dann dürfen diese noch die Nachweise führen, mit „Feinanalysen“ – so eine menschenverachtende Blödheit. Sonnenklare Sachverhalte werden verschleppt und mit bürokratischen Winkelzügen verzögert. Dabei gehen die Strassen drauf, die Unfallzahlen schnellen in die Höhe und die Nachtruhe ist dahin. Sollte doch erst ein Minister-Kind von einem 40-Tonner unter mautprellerischer Missachtung des Rotlichtes angefahren werden? Wäre das „Feinanalyse“ genug? Kein Wunder ist die Zahl der Auswanderwilligen in Deutschland höher denn je.

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