Weniger Frost, trockene Sommer und mehr Stürme

Klimawandel: Naturschützer im Land fordern mehr Geld von der Landesregierung für den Umweltschutz
Von unserem Mitarbeiter Ulf Mauder
Stuttgart. Januar und Februar waren im Südwesten die mildesten Wintermonate seit Beginn der Wetteraufzeichnung – drei bis vier Grad wärmer als sonst. Und sie geben einen kleinen Vorgeschmack auf das, was kommt: Weniger Frosttage, nasse Winter, trockene Sommer und mehr Wetterextreme wie Stürme und Starkregen. Der Klimawandel ist voll im Gang – und verändert die Natur: Andere Pflanzen und Tiere werden im Südwesten heimisch, neue Krankheiten machen sich breit, einheimische Lebewesen ändern ihr Verhalten. Laut Experten muss der für den Südwesten bisher vorausgesagte Anstieg von etwa 1,5 Grad bis 2050 nach oben korrigiert werden. „Die globale Erwärmung lässt sich nicht mehr stoppen“, sagt Umweltministerin Tanja Gönner (CDU).
Um sie zumindest zu bremsen, überschlagen sich Politiker mit Vorschlägen, etwa das Fliegen und das Vielfahrern mit Sprit fressenden Autos teurer zu machen. Aus Sicht von Naturschützern muss die Landesregierung vor allem mehr Geld in die Hand nehmen. Bei einem Gesamtvolumen des Doppelhaushalts von 66 Milliarden Euro für 2007 und 2008 seien 16 Millionen Euro für unmittelbare Investitionen in den Umweltschutz nur „heiße Luft gegen die Klimaerwärmung“, sagt der stellvertretende Landeschef des Naturschutzbundes Baden-Württemberg, André Baumann. Es fehle an deutlicheren Impulsen zu Gunsten regenerativer Energien, Altbausanierung und Energiesparen. „Klimaschutz ist kein Luxus-Thema, sondern eine ökonomische Überlebensfrage für Baden-Württemberg“, stellt der Fraktionsvize der Grünen im Landtag, Franz Untersteller, fest. Während im Bundesdurchschnitt rund 11,5 Prozent des Stroms aus regenerativen Energiequellen stammten, hänge Baden-Württemberg mit rund 8,5 Prozent hinterher. „Bei den wichtigen Zukunftstechnologien spielt Baden-Württemberg immer noch in der Regionalliga“, kritisiert er. Mit einem „Klimaschutz-Paket“ von jeweils mehr als 30 Millionen Euro für die beiden Haushaltsjahre konnten sich die Grünen in den Etatberatungen aber nicht durchsetzen.

Das Ziel der CDU/FDP-Koalition, den Energieverbrauch in den kommenden zehn Jahren um 20 Prozent zu senken, sieht Untersteller ernsthaft in Gefahr. Bisher werde vor allem viel an den Symptomen des Klimawandels herumgedoktert, moniert der Umweltexperte beim Städtetag, Rainer Specht. Die Kommunen engagieren sich zwar beim Hochwasserschutz und weisen zur Luftreinhaltung Umweltzonen mit Fahrverboten aus. Für die wichtige energetische Sanierung von Gebäuden fehle allerdings vielerorts das Geld. Dabei ist auch der Umweltministerin klar, dass mehr Geld nötig wäre. Wegen der Sparpolitik des Landes sind die Möglichkeiten aber begrenzt. Baden-Württemberg trage mit einem Ausstoß von jährlich rund 74 Millionen Tonnen Kohlendioxid zu etwa 0,3 Prozent zum weltweiten Ausstoß der klimaschädlichen Treibhausgase bei. „Ich warne jedoch davor, unsere Rolle zu verkennen“, sagt Gönner. Die Ministerin sieht auch die Unternehmen im Land bei der Entwicklung neuer Umwelttechnologien in der Verantwortung – ohne dass diese Jobs abbauen müssten. Nach Angaben des Statistischen Landesamtes steckte die Industrie 2004 rund zwei Prozent oder 187 Millionen Euro ihrer Gesamtinvestitionen in den Umweltschutz. Mit Umweltschutzgütern setzte sie im Land hingegen 2,15 Milliarden Euro in 2005 um.

„Das Ziel ist, den Temperaturanstieg zu bremsen und ihn auf etwa zwei Grad zu begrenzen“, sagt Gönner. Deshalb müssten auch schärfere Umweltgesetze kommen, um den CO2-Ausstoß zu begrenzen. „Es reicht nicht aus, auf Einsicht, Umweltbewusstsein und freiwillige Selbstverpflichtung zu setzen.“

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6 Antworten zu Weniger Frost, trockene Sommer und mehr Stürme

  1. E/A sagt:

    Fragenden Bürgern eine Antwort zu geben, sollte in ihrer beruflichen Position Regel und Gewohnheit sein. Frau Gönner (CDU) muß ja nicht unbedingt selbst antworten. Sie ist in einem Amt, wo sie beantworten lasssen kann.

    Die zwischenzeitliche Abfuhr sagt sehr viel über den Umgang zwischen Umweltministerium und anfragenden Bürgern aus.

    Es ist selbstverständlich viel leichter und mit Sicherheit öffentlichkeitswirksamer, Umweltfreundlichkeit mit einer grünen Umweltplakette am Fahrzeug zu demonstrieren als sich mit Fragen von Bürgern wegen einer teilweisen Abholzung von gesundem Wald zu befassen.

  2. Chr/Leh. sagt:

    Der Übervater der Christlich Demokratischen Union Deutschlands (CDU), Dr. Helmut Kohl, hat auch Probleme ausgesessen. Frau Umweltministerin Tanja Gönner (CDU) wird es ihm hoffentlich nicht gleichtun.

  3. osk. sagt:

    Die Nachfrage von Bürgern in Bretten einfach unbeantwortet zu lassen, besagt genug. Sie sitzt als Umweltministerin halt auf einem hohen Roß.

  4. Ka. My. sagt:

    Solche Politiker wünschen wir uns für unser Land. Weiter so!

  5. Lis.-My. sagt:

    Zwischen Worten und Taten von Frau Gönner (CDU) liegen Welten. Ihre verbalen Beteuerungen klingen nicht besonders geistreich.

    Das obige Schreiben im 1. Kommentar mit kritischen Fragen von Brettenern Bürgern beantwortet sie erst gar nicht. Das zeichnet ihre Art der Praktizierung von Bürgernähe aus.

  6. mm sagt:

    „Es reicht nicht aus, auf Einsicht, Umweltbewusstsein und freiwillige Selbstverpflichtung zu setzen.“ Richtig Frau Gönner! Es reicht in keinem Falle aber aus, nur Pressemeldungen zu produzieren und bei Waldvernichtung wie im Brettener Rüdtwald wegzuschauen.
    Die Verweigerungen einer Antwort auf unsere Nachfrage an Sie, spricht Bände !

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