Die Hatz nach des Landrats Tod beenden

… fordert Stefan Jehle

Die Kritiker als Schuldige?
Morgen Dienstag sind es zwei Wochen, die Nachricht verbreitete sich in Windeseile: der Karlsruher Landrat Claus Kretz hatte sich in der Nähe eines abgelegenen Bahnhofs bei St. Leon-Rot vor den Zug geworfen. Die einen erkannten darin eine Kurzschlussreaktion, die anderen einen geplanten Selbstmord – am Ende einer wochenlang die Presseschlagzeilen beherrschenden Affäre um die „Forstvilla“ im Karlsruher Hardtwald. Doch mit dem Tod des in seiner politischen Arbeit über Parteigrenzen hinweg überwiegend geschätzten Kretz‘ scheint die Affäre noch lange nicht beendet. Nun sollen plötzlich die Kritiker die Schuldigen sein.

Ganz offensichtlich dabei: einige Politiker scheinen aus dem tragischen Tod des gerade mal 56-jährigen Claus Kretz Kapital schlagen zu wollen. Der Landkreis kommt nach dem Suizid nicht zur Ruhe, seine persönliche Tragödie werde, so berichten inzwischen unisono auch mehrere überregionale Blätter, instrumentalisiert. „Die Gesetze der Politik und der veröffentlichten Meinung sind gnadenlos geworden. Du konntest sie nicht mehr ertragen.“ So lauteten schon am Tag nach dem Ableben von Kretz die Sätze einer Todesanzeige in der örtlichen Karlsruher Tageszeitung, unterzeichnet von einem Karlsruher Bürgermeister und einem Kommunalpolitiker aus dem Landkreis. Dem folgten in den vergangenen Tagen eine Vielzahl von Leserbriefen. „Nun haben ihn seine Kritiker zu Fall gebracht“, schrieb etwa ein Ex-Bürgermeister aus dem Albtal in einem Leserbrief nachgerade zynisch, „er ist zurückgetreten, wie sie gefordert haben.“

Der Tod des Landrats war für viele ein Schock. Und dieser tief sitzende Schock ist auch gerade mal zwei Wochen danach nicht einfach aus der Welt geschafft. Aber man darf sich, fern jeder Häme, und fern jeder schalen Rechtfertigung nochmals vergegenwärtigen: es wurden Fehler gemacht, politische Fehler eines verantwortlich handelnden Landrats. Diese Fehler haben nicht nur Kreisräte aus verschiedenen Fraktionen, nicht nur die Medien auf den Plan gerufen – auch die Staatsanwaltschaft wurde, wegen des Verdachts der Vorteilsnahme, aktiv. Die Staatsanwaltschaft hat weiterhin auch zwei Mitarbeiter des Landratsamtes im Visier. Auch die kürzlich erfolgte personelle Rochade in einer lokalen Tageszeitung deutet darauf hin, dass hier „nicht alles mit rechten Dingen zuging“. Die Kritik an den Medien und auch die Hatz auf einzelne Kreisräte der Oppositionsfraktionen, von denen einer sogar zeitweilig Polizeischutz erhielt, wirkt da reichlich deplatziert.

Claus Kretz hat sich entschieden: er wählte den Freitod. Natürlich ist seine Reaktion auf die publik gewordenen Vorgänge tragisch, auch mögen weitere persönliche – hier nicht zu diskutierende Umstände – zu dieser Handlung beigetragen haben. Aber, so darf man sich fragen, wo waren diese „Freunde“ in den Tagen vor dem Suizid, die jetzt so bestürzt sind? Man darf nur hoffen, die Schuldzuweisungen der vergangenen Tage seien allenfalls Ausdruck der allgemeinen Hilflosigkeit. Das „Schwarze-Peter-Spiel“ funktioniert hier aber nicht. Was wäre denn die Alternative zur fairen und keinesfalls reißerischen Berichterstattung gewesen? Wenn am kommenden Donnerstag in Bretten der Kreistag zu seiner nächsten Sitzung zusammen kommt und diese mit einem Totengedenken an den verstorbenen Claus Kretz eröffnet wird, dann – so darf man hoffen -, sollte die Chance genutzt werden, die Hatz nach des Landrats Tod zu beenden!

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