Sollen Wohnungen kommunal bleiben?

Finanzielle Belastung und soziale Verpflichtung: Mühlacker und Bad Wildbad orientieren sich an Freiburg – Birkenfeld und Remchingen halten dagegen
ENZKREIS/KREIS CALW. Einige Bürgermeister der Region wollen unbedingt einen Großteil ihrer Mietwohnungen verkaufen. Das Beispiel Freiburg lässt grüßen. Andere Kollegen denken nicht daran, sich von Immobilien zu trennen.

Während der Freiburger Oberbürgermeister Dieter Salomon (Grüne) mit seiner Absicht, massenhaft stadteigene Immobilien abzustoßen, für landesweites Aufsehen sorgt, fährt sein Parteifreund Arno Schütterle in Mühlacker eine ähnliche, wenn auch deutlich behutsamere Politik.

„Seit Ende der 90er-Jahre betreiben wir sukzessive die Privatisierung städtischer Gebäude. Allein seit dem Jahre 2000 haben wir etwa 30 Häuser verkauft“, informiert Schütterle. Dieser Trend solle fortgesetzt werden: „Wir benötigen nur etwa ein Viertel des Bestandes von derzeit noch 136 Wohnungen für Pflichtaufgaben wie Obdachlosen-Unterbringung und Sozialfälle.“ Er begründet das so: „Wir haben nicht genug Geld, um die Immobilien zu sanieren. Die Sanierung von Schulen und Kindergärten hat Vorrang.“

„Entwicklung muss stattfinden“
Auch der seit 22. Oktober amtierende Bad Wildbader Schultes Klaus Mack (CDU) macht sich seine Gedanken darüber, ob es notwendig ist, alle 131 Wohnungen der Stadt und der Stadtwerke weiterhin in kommunalem Eigentum zu halten, zumal 47 davon nicht belegt sind. Insbesondere die 30 genutzten und 28 leer stehenden Wohnungen im Areal Wilhelm- und Kochstraße bereiten ihm Sorgen: „Langfristig muss dort eine Entwicklung stattfinden. Ich habe deshalb schon in meiner ersten Woche als Bad Wildbader Bürgermeister beantragt, die nicht benötigten Mittel aus der abgeschlossenen Stadtsanierung dafür zu verwenden.“

„Manche haben es schwer“
Wurmberg als eine der kleinsten Gemeinden im Enzkreis besitzt acht kommunale Wohnungen „mit Einfachstausstattung und ohne Zentralheizung“, wie der parteilose Bürgermeister Helmut Sickmüller weiß, deshalb liege dort auch die Quadratmeter-Miete unter vier Euro. „Vorerst sollte man sie schon behalten, es gilt aber Überlegungen anzustellen, ob dies dauerhaft sein soll.“

Birkenfeld hat sich in der Vergangenheit von einigen Objekten gelöst. Doch damit soll nun Schluss sein, wie Bürgermeister Reiner Herrmann (parteilos) deutlich macht: „Wir besitzen noch etwas über 100 Wohnungen, darunter sind 40 Altenwohnungen. Diesen Bestand erachte ich für eine Gemeinde, wie wir es sind, für erforderlich.“ Er sagt, weshalb: „Für Menschen, die es schwer haben, eine Unterkunft zu finden, müssen wir Wohnungen vorhalten. Das ist zwar nicht kostendeckend, aber es gibt ein Sozialstaatsprinzip.“ Weil die Quadratmeter-Miete zwischen 2,24 Euro und 3,70 Euro betrage, kündigt er an: „Ich meine, dass es eine moderate Anhebung geben muss.“

Über 150 Mietwohnungen gehören der Gemeinde Remchingen, wobei Mieten zwischen fünf und sechs Euro pro Quadratmeter verlangt werden. Für Bürgermeister Wolfgang Oechsle steht fest: „Nachdem sich die Wohnungen finanziell selber tragen und die Verwaltung der Familienheim-Gesellschaft in Pforzheim übertragen wurde, sehe ich keine Notwendigkeit, sie zu veräußern.“ Unmittelbar nach dem Krieg und dann wieder in den 80er-Jahren sei ein starker Druck auf die Gemeinde entstanden, für Aussiedler, Asylanten und Gastarbeiter Wohnraum zu beschaffen. Seine Einstellung war und ist: „Wir haben lieber den Menschen ein Dach über dem Kopf besorgt als ein neues Rathaus zu bauen.“
Erstellt am: 09.11.2006

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3 Antworten zu Sollen Wohnungen kommunal bleiben?

  1. b.z. sagt:

    Die Brettener Wohnungsbaugesellschaft ist noch in kommunaler Hand. Wie lange wird sich Bretten dieses hoch defizitäre Unternehmen weiterhin leisten können?

  2. -rl- sagt:

    Es scheint überall das selbe Problem zu herrschen. Es liegt daher die Vermutung nahe, dass man in früheren Jahren mit Immobilienspekulationen versuchte richtig abzusahnen. Nun ging der Schuss nach hinten los.
    Jetzt muss man investieren und kann nicht. Die soziale Komponente war und ist eine billige Ausrede, denn mit entsprechenden Zuschüssen für wirklich Bedürftige, hätte man auf dem freien Wohnungsmarkt menschenwürdigen Wohnraum sicherlich gefunden.
    Wenn man nur die Städtische Wohnungsbau GmbH Bretten betrachtet und das bisher verlorene Kapital in Millionenhöhe für Miet- und Zinszuschüsse, Verlustübernahmen (zuletzt wurde der verbleibende Bilanzverlust aus 2005 von fast 1,5 Millionen Euro auf die neue Rechnung vorgetragen) oder diversen Erhöhungen von Stammkapital (nur in 2006 wurde eine Erhöhung von über 2,2 Millionen Euro beschlossen), dann muss man fragen, wie viele Wohnungen und wie hoch müssten – ohne Wohnungsbau GmbH – tatsächlich bezuschusst werden. Auf jeden Fall würden keine 20 leeren Wohnungen auf Kosten der Steuerzahler da stehen und sich sicherlich auch keine Warteschlangen von wirklich bedürftigen Menschen bilden.
    Jedenfalls trifft der Gemeinderat die Entscheidungen über die Zuschüsse, Verlustübernahmen und Kapitalerhöhungen bei der Städtischen Wohnungsbau GmbH, die allesamt nur aus Steuern gespeist werden. Der Aufsichtsrat (bestehend aus den Mitgliedern des Gemeinderates) entscheidet dagegen über den Fortbestand der Städtischen Wohnungsbau GmbH Bretten.

  3. p-p sagt:

    Wenn die soziale Verpflichtung zur finanziellen Belastung wird, sind kommunale Wohnungen mittel- bis langfristig zu verkaufen. Diese Vorgänge sind behutsam anzugehen, nicht mit der Brechstange wie in Freiburg, wo das Ziel nur mit der Entschuldung der städtischen Finanzen gesetzt wurde. Dort wird der Bürgerentscheid die Richtung bestimmen.

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