Trotz Wartelisten stehen rund 20 Wohnungen leer

Städtischer Wohnungsbau fehlt das Geld zum Sanieren – anderer Wohnraum ”unbeliebt”:

Bretten. (gm) Während die Stadt Freiburg rund 90 Prozent ihres sozialen Wohnungsbaus auf einen Schlag veräußern will, geht man in Bretten damit weitaus vorsichtiger um. Zwar ist und bleibt die Städtische Wohnungsbau GmbH mit ihrem Immobilienbestand, der nicht selten einen Sanierungsrückstand aufweist, ein Sorgenkind, doch „im Vordergrund steht unsere soziale Verantwortung“ – Aufsichtsratsvorsitzender Bürgermeister Willi Leonhardt und Geschäftsführer Eugen Kurz sind sich da einig. Sie stehen vor einem seltsamen Phänomen: Angesichts leerer Kassen und damit verbundenen Sanierungsstaus stehen trotz drängender Wohnungsprobleme durch private Insolvenzen und Räumungsklagen, trotz des wachsenden Bedarfs an preiswertem Wohnraum in Bretten und langen Wartelisten Wohnungen der Wohnungsbau leer.

„So sind Wohnungen nicht mehr vermietbar“, verweist Leonhardt auf Sanierungsbedarf und insbesondere auf die Zustände im sanitären Bereich. Was mehr verwundert: Auch neuwertigere Wohnungen ohne Sanierungsbedarf finden keine Mieter. Schulterzucken auch beim Geschäftsführer: „Niemand will ohne Aufzug in den vierten Stock oder in ein Untergeschoss – auch wenn hier fast 130 Quadratmeter zur Verfügung stehen. Ebenso am Schneckenberg stehen Zwei – und Dreizimmerwohnungen leer“.

Beispiel Friedensstraße, in der eine ganze Häuserzeile zum Bestand der Städtischen Wohnungsbau gehört. Die 1920 gebauten Häuser müssten dringend saniert werden. Feuchtigkeitsschäden im Keller, alte Leitungen, Einzelöfen und ein in die Küche integriertes „Bad“ schrecken ab – auch wenn auf der Positiv-Seite Zimmer in relativ gutem Zustand und eine zum Haus gehörende Grünfläche stehen. 50 000 bis 60000 Euro, so schätzen Leonhardt und Kurz, müssten pro 60 Quadratmeter-Wohnung investiert werden. Zu viel für ein Unternehmen ohne großes Eigenkapital wie die Wohnungsbau, die ihre Ausgaben zum Teil über die Mieten wieder refinanzieren müsste. „Die Mieten nach einer solchen Sanierung wären viel zu hoch, um unserem sozialen Anspruch gerecht zu werden“, beschreibt Leonhardt die Zwickmühle, aus der man nur einen Ausweg sieht: Die Wohnungen leer stehen zu lassen und zu warten, bis eventuell das ganze Haus mieterfrei ist und verkauft werden kann. Eines ist klar: Soziale Aspekte spielen für einen privaten Investor keine Rolle, wer hier kauft und saniert, verlangt auch mehr Geld – der soziale Aspekt geht damit verloren. Grund zur Angst für die jetzigen Mieter, die zum großen Teil bereits über Jahrzehnte in den Wohnungen leben, gibt es nicht: „ Es wird niemand rausgedrängt, wir verkaufen erst, wenn alle Wohnungen frei sind“.

Eine andere Alternative war bisher wenig Erfolg versprechend. In Anbetracht der Materialkosten und der nur über Handwerksbetriebe zu erledigenden Arbeiten haben sich Ansätze zu einer Sanierung und Renovierung durch zukünftige Mieter, die dann mit einer verbilligten Miete rechnen konnten, meist als Stolperstein erwiesen. „Das funktioniert nicht. Die Versprechen erwiesen sich als nicht haltbar“, sagt Leonhardt.

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6 Antworten zu Trotz Wartelisten stehen rund 20 Wohnungen leer

  1. A/P sagt:

    Besser ist überhaupt kein Bericht als der obige, welcher so zutreffend die desolate Lage der Städtischen Wohnungsbaugesellschaft Bretten beschreibt. Dem Leser überfällt ein bestimmtes Unbehagen ob der Ohnmacht der Verantwortlichen Kurz und Leonhardt (und des gesamten Gemeinderates = Gesellschafterversammlung, die vor kurzem den Jahresabschluß 2005 passieren ließ). Es fehlt von allen Seiten jedweder Ansatz zur Verbesserung einer ausreichenden Rentabilität.

  2. n-Or sagt:

    Mit diesem Bericht haben die Verantwortlichen der Städtischen Wohnungsbaugesellschaft ein echtes Eigentor geschossen und dazu völlig überflüssigerweise ihre Ratlosigkeit allen Lesern offenbart. Sie wissen sich nicht mehr zu helfen. Die Gesellschaft kann im wahrsten Sinne des Wortes eingespart werden.

  3. -rl- sagt:

    Es liegt die Vermutung nahe, dass man in früheren Jahren mit Immobilienspekulationen versuchte richtig abzusahnen. Nun ging der Schuss nach hinten los.
    Jetzt muss man investieren und kann nicht. Die soziale Komponente war und ist eine billige Ausrede, denn mit entsprechenden Zuschüssen für wirklich Bedürftige, hätte man auf dem freien Wohnungsmarkt menschenwürdigen Wohnraum sicherlich gefunden.
    Wenn man nur die Städtische Wohnungsbau GmbH Bretten betrachtet und das bisher verlorene Kapital in Millionenhöhe für Miet- und Zinszuschüsse, Verlustübernahmen (zuletzt wurde der verbleibende Bilanzverlust aus 2005 von fast 1,5 Millionen Euro auf die neue Rechnung vorgetragen) oder diversen Erhöhungen von Stammkapital (nur in 2006 wurde eine Erhöhung von über 2,2 Millionen Euro beschlossen), dann muss man fragen, wie viele Wohnungen und wie hoch müssten – ohne Wohnungsbau GmbH – tatsächlich bezuschusst werden. Auf jeden Fall würden keine 20 leeren Wohnungen auf Kosten der Steuerzahler da stehen und sich sicherlich auch keine Warteschlangen von wirklich bedürftigen Menschen bilden.
    Jedenfalls trifft der Gemeinderat die Entscheidungen über die Zuschüsse, Verlustübernahmen und Kapitalerhöhungen bei der Städtischen Wohnungsbau GmbH, die allesamt nur aus Steuern gespeist werden. Der Aufsichtsrat (bestehend aus den Mitgliedern des Gemeinderates) entscheidet dagegen über den Fortbestand der Städtischen Wohnungsbau GmbH Bretten.

  4. p-p sagt:

    Sobald die soziale Verpflichtung zur andauernden finanziellen Belastung führt, sind Wohnungen mittelfristig zu verkaufen. Dies muß aber mit Behutsamkeit erfolgen.
    So stellt sich letztlich auch die Frage, ob die städtische Wohnungsbaugesellschaft überlebensfähig bleibt. Den Gesetzen des Wohnungsmarktes unterliegt sie ohnehin in keinem einzigen Fall.

  5. kv sagt:

    In diesem Bericht offenbart sich aktuell das Dilemma der (sozialen) Marktwirtschaft verbunden mit dem sozialen Aspekt des einzelwirtschaftlichen Handelns. Was sozial sein sollte und wie sozial gehandelt wird, das hat uns die Bundesregierung mit der Abschaffung der staatlichen Wohnungsbauförderung (Eigenheimzulage) gezeigt.
    Der heutige Wohnungsmarkt hat seine eigenen Spielregeln. Sämtliche Wohnungsbauunternehmen mit unterschiedlicher Rechtsform brauchen mehr als nur Kostendeckung, um laufende Investitionen zu tätigen. Dazu bedienen sie sich z.B. der Rechtsform einer eingetragenen Genossenschaft, die wiederum mit einer entsprechenden Hausbank kooperiert. Die Kirchen beispielsweise besitzen gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaften, die den sozialen Aspekt unbedingt zu beachten haben. Der Bund, die Länder und die Gemeinden werden sich allesamt mit ihren Wohnungsbaugesellschaften schleichend aus ihrer sozialen Verantwortung verabschieden. Vorher wird Kasse gemacht (siehe Freiburg), um den maroden Haushalt zu stützen. Das Ergebnis: Fehlt das Geld, wird jede soziale Verantwortung über den Haufen geworfen. So ist das nun einmal. Und es wird sich nicht ändern.

  6. -p.v.- sagt:

    Stehen 20 Wohnungen leer, fehlt die Nachfrage. Können Wohnungen wegen ihres schlechten Zustands nicht vermietet werden, hat das Unternehmen eine schrittweise Sanierung verschlafen. Sollen Wohnungen nach eventueller Sanierung vermietet werden, müssen deren Mietpreise zwangsläufig (bessere Ausstattung) steigen. Dafür wird den Mietern das Geld fehlen. Was heißt das für die Zukunft?

    Die Brettener Wohnungsbaugesellschaft ist schon seit langem selbst ein Sanierungsfall und wird daher diesen (sozialen) Markt mit bezahlbaren Mieten nicht mehr bedienen können.

    Sie sollte Überlegungen in Richtung einer Privatisierung anstellen. Es kann ja sein, daß es ein privater Anbieter in der Rechtsform einer Betriebsgesellschaft (idealerweise eine Hochbauunternehmung) besser kann, wenn sich überhaupt einer meldet. Die Besitzgesellschaft wäre weiterhin die Stadt. Der soziale Charakter könnte gewahrt bleiben.

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