In der Hitze war der Gestank besonders schlimm

Rinklinger und Bewohner des Rechbergs klagen über Geruchsbelästigung / Flugblatt-Aktion gestartet
Von unserem Redaktionsmitglied Thilo Kampf
Bretten. Mit einer Flugblatt-Aktion wollen Anwohner auf die ihrer Ansicht nach „extreme Geruchsbelästigung“ im Brettener Südwesten aufmerksam machen. Vor allem an heißen Tagen wabert ein unangenehmer Geruch durch den Stadtteil Rinklingen, der nach Ansicht vieler Bürger nur eine Ursache haben kann – die Firma Deuerer. Das am östlichen Ortseingang gelegene Unternehmen produziert Tiernahrung, was nach Aussage von Firmenchef Helmut Deuerer nicht geruchlos vonstatten geht. „Es riecht eben, wenn man einen Fettabscheider ausleert.“ Aber das sei schließlich nicht dauernd der Fall.

Freude am Grillen vergällt

In den Sommermonaten ist vielen Bürgern die Freude an Balkon oder Garten vergällt. „In der Hitze war der Gestank besonders schlimm. Da hat es keinen Spaß gemacht, draußen zu sitzen“, erklärt beispielsweise Brigitte Bette. Auch im Winter habe es des Öfteren wie nach „komischem Grillfleisch“ gerochen. Über Geruchsbelästigungen klagen auch Bürger aus dem Gebiet Rechberg: „An manchen Tagen im Sommer stinkt es grauenhaft“, erzählt eine Anwohnerin der Robert-Koch-Straße. Vor allem in den Abendstunden, wenn sie und ihr Mann draußen grillen wollten, sei ihr darüber oft schon der Appetit vergangen.

Beschwerden weitergeleitet

Ortsvorsteher Heinz Lang kann den Unmut nachvollziehen: „Ich habe schon abends im Bett gelegen und gedacht: Du liegst in einer Bratpfanne, so hat es gestunken“. Vor allem bei Ostwind seien die Belästigungen extrem, erzählt der Kommunalpolitiker. Er habe bereits zahlreiche Beschwerden von Bürgern seines Stadtteiles erhalten und weitergeleitet. Mancher traut sich indessen gar nicht erst, die Geruchsbelästigung offen anzuprangern oder will dabei zumindest nicht namentlich genannt werden – „aus Angst vor Repressalien“, wie Befragte offen zugeben. Für Henrike Vincon, die lange Jahre in Rinklingen wohnte, ist klar, dass „hier versucht wird, jegliche Kritik im Keim zu ersticken.“ Helmut Deuerer erklärt denn auch gegenüber den BNN, alle verklagen zu wollen, die Rufschädigendes oder Falsches über sein Unternehmen verbreiteten.
Andere haben sich doch aus der Deckung gewagt: „Meine Nachbarn und ich haben uns in der Vergangenheit schon oft bei der Stadtverwaltung beschwert. Aber passiert ist erstmal nichts,“ berichtet Horst Götter. Nach einer Unterschriftensammlung vor einem Jahr sei das Regierungspräsidium Karlsruhe aktiv geworden und habe immerhin erreicht, dass sich die – ebenfalls Beklagten – Lärmbelästigungen von Seiten der Firma Deuerer deutlich reduziert hätten. Götter und seine Mitstreiter wollen nun erneut die Behörde aktivieren und bitten die Anwohner um Mithilfe: Falls sich Bürger „durch einen Geruch, welcher der Firma Deuerer zugeordnet werden kann, belästigt fühlen“, heißt es in dem Schreiben, sollte zunächst das Ordnungsamt verständigt werden.
Das Regierungspräsidium werde dann aktiv, wenn in über zehn Prozent der Jahresstunden Geruchsbelästigungen festgestellt würden, erläutert Bernhard Schupp von der Abteilung Umwelt. „Ein Jahr hat 8 760 Stunden, davon müssten in 876 oder mehr ein Geruch auftreten“, sagt Schupp. Sei der Geruch aber „Ekel erregend“, könnten es auch weniger Stunden sein. Wenn einer dieser – in der Geruchs-Immissions-Richtlinie geregelten – Fälle eintrete, prüfe die Behörde das Umfeld und suche das Gespräch mit dem Verursacher. Falls sich keine Verbesserung einstelle, könne ein „Geruchs-Gutachten“ in Auftrag gegeben werden.

Deuerer will Abluft verbrennen

Firmenchef Deuerer gibt offen zu, dass ihn die Flugblatt-Aktion ärgert. Er habe wenig Verständnis für die Kritik an seinem Unternehmen: „Das sind doch nur ein paar Quertreiber“. Zudem müsse die Ortschaft Rinklingen eine bestimmte Geruchsbelästigung in Kauf nehmen. Sein Unternehmen sei „seit 40 Jahren hier – und die Leute haben danach erst gebaut“. Er habe versucht, den Anwohnern „ihre Häuser abzukaufen. Aber die wollten nicht verkaufen.“ Der Firmenchef sieht eine technische Möglichkeit, das Problem in den Griff zu bekommen. Wenn man die Abluft verbrennen würde, ist sich Helmut Deuerer sicher, könnte die Geruchsbelästigung deutlich verringert werden. „Wir haben das beantragt und hoffen auf baldige Genehmigung“. Mit Anwohnern sowie Vertretern der Stadtverwaltung und des Regierungspräsidiums sei nach einem Vor-Ort-Termin vereinbart worden, „dass wir erst mal ein Jahr abwarten“, erläutert Deuerer. „Wenn es eine Patentlösung gäbe, hätten wir die schon längst.“

Gespräche über Umsiedlung

Eine – nicht nur von der Ortsverwaltung Rinklingen begrüßte – Alternative wäre eine Umsiedlung des Unternehmens ins Industriegebiet Gölshausen. „Der Rüdtwald wäre ein idealer Filter“, ist sich Ortsvorsteher Heinz Lang, gleichzeitig SPD-Fraktions-Sprecher im Gemeinderat, sicher. Auch Oberbürgermeister Paul Metzger (CDU) möchte den „größten Steuerzahler weit und breit“, wie Helmut Deuerer sich selbst bezeichnet, in der Stadt halten und verhandelt über einen neuen Standort. Schließlich habe sich die Firma Deuerer „für die Stadt Bretten zu einem äußerst wichtigen wirtschaftlichen Unternehmen entwickelt“, erklärt Metzger auf Anfrage den BNN. Das Unternehmen habe nicht nur eigene Arbeitsplätze (laut Helmut Deuerer zwischen 830 und 850) geschaffen, legt der OB weiter dar, sondern sichere indirekt weitere Arbeitsplätze in Brettener Firmen.

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8 Antworten zu In der Hitze war der Gestank besonders schlimm

  1. ghg sagt:

    In der Sache – unter Beteiligung von Anwohnern, Stadtverwaltung Bretten, Regierungspräsidium Karlsruhe und Firma Deuerer – hat sich nicht das Geringste geändert!

    Vergleichbar ist aktuell die Situation beim Zementwerk in Wössingen, wo für die Verbrennung die Genehmigung des Regierungspräsidiums Karlsruhe erteilt wurde.

  2. Els. sagt:

    Anwohner, Stadtverwaltung, Regierungspräsidium und Deuerer sind in der Angelegenheit gefordert.

  3. ber.-sch. sagt:

    „Ein Jahr abwarten“ ist vorbei.
    Stinkt es immer noch?
    Wie geht es in der Sache weiter?

  4. wf sagt:

    Nachdem das Wort „Wohlfühlfaktor“ im Brettener Gemeinderat genannt wurde und sich natürlich jeder etwas darunter vorstellen konnte, ist es höchste Zeit, dass Frau Bette und Herr Lang sich auf diesen Begriff berufen, wenn es um ihre Wohnverhältnisse in Rinklingen geht. Nicht nur sich selbst, sondern auch ihren Mitbewohnern würden sie mit einem solchen Ansinnen einen großen Gefallen zum gesundheitlichen Wohl aller tun. Man darf gespannt sein.

  5. dr sagt:

    Der ganze Bericht ist einfach zusammenzufasssen. Es handelt sich dabei um das Gegenteil eines Wortes in der letzten Gemeinderatssitzung, nämlich um den „Wohlfühlfaktor“. Mit ihm sollte Bretten in der Vergangenheit und hoffentlich auch in der Zukunft bezeichnet werden können.
    Was den „Wohlfühlfaktor“ jedoch im Rinklinger Tal angeht, davon können die Anwohner ein Lied singen. Sie können sich so richtig wohl fühlen.

  6. dr sagt:

    „In der Hitze war der Gestank besonders schlimm. Da hat es keinen Spaß gemacht, draußen zu sitzen“, erklärt beispielsweise Brigitte Bette. Frau Bette ist Mitglied im Brettener Gemeinderat und gehört der CDU-Fraktion an. OB Paul Metzger zählt zu der gleichen Fraktion.
    Den Worten müssten eigentlich Taten gefolgt sein. Warum nicht, das kann sich jeder Leser selbst beantworten. So gesehen hat die Äußerung von Frau Bette in der Sache nichts bewirkt. Eigentlich schade!

  7. ghg sagt:

    Ein Jahr abwarten, heisst das Ergebnis. Nur die betroffenen Anwohner in Rinklingen wissen, was das bedeutet. Aussenstehende verstehen es nicht. Das kann doch nicht das Ziel der Flugblatt-Aktion gewesen sein. Vertreter des Regierungspräsidiums und der Stadtverwaltung werden doch mehr angeboten haben als ein Jahr Geruchsbelästigung ertragen.

  8. dr sagt:

    Mit Anwohnern sowie Vertretern der Stadtverwaltung und des Regierungspräsidiums wurde nach einem Vor-Ort-Termin vereinbart,“dass wir erst mal ein Jahr abwarten“, so Deuerer. –

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