Kein Verständnis für Knittlingens Drang nach Größerem

Versammlung des Regionalverbands Nordschwarzwald nennt Pläne für Wohn- und Gewerbegebiete überzogen
Knittlingen (BNN). Deutliche Kritik an den Knittlinger Kommunalpolitikern wurde bei der jüngsten Ratssitzung des Regionalverbands Nordschwarzwald in Horb geübt. 7,7 Hektar zusätzliche Wohnbauflächen in den nächsten Jahren und damit Platz für gut 460 Einwohner, bei über 20 Hektar nachgewiesener Reserve an bebaubarem Grund und Boden: die am rechtskräftigen „Regionalplan 2015“ orientierte Forderung nach einer weiteren Reduzierung war unüberhörbar, heißt es in einer Mitteilung des Regionalverbands.
Die meisten Mitglieder von Planungs- sowie Wirtschafts- und Verkehrsausschuss hielten die Wünsche der Verantwortlichen in der knapp 8 000 Einwohner zählenden Fauststadt nach zusätzlichen Flächen für Wohnungsbau – vor allem aber für die weitere gewerbliche Entwicklung im Bereich „Knittlinger Kreuz“ – nach wie vor für „überzogen“ (CDU-Regionalrat Günter Bächle, Mühlacker), oder gar für „weit überzogen“ (Grüne-Regionalrat Walter Trefz, Freudenstadt-Kniebis).
Anlass für die kritische Auseinandersetzung der regionalen Mandatsträger mit den Vorstellungen aus dem Knittlinger Rathaus war die erneute Behördenbeteiligung an dem vom Knittlinger Gemeinderat überarbeiteten Flächennutzungsplan. Er ist Grundlage für die daraus in den nächsten Jahren zu entwickelnden örtlichen Bebauungspläne. Bei der im Gesetz vorgeschriebenen Anhörung auch des Regionalverbands Nordschwarzwald hatten die Planer in ihrer fünfseitigen Stellungnahme je dreimal das Wort „Bedenken“ und den Vorschlag „Herausnahme von bestimmten, teilweise konfliktreichen Planungen“ gewählt.
So fordert der Regionalverband in Freudenstein-Hohenklingen den Verzicht auf 2,6 Hektar geplantes Wohngebiet („Kessel/Kirchhecke“). Ebenso gestrichen werden solle die Absicht, im Bereich „Lange Äcker“ ein neues Wohngebiet mit einer Fläche von einem Hektar auszuweisen. Und in Kleinvillars solle der Rotstift an 0,4 Hektar „Waldenserstaße“ angesetzt werden.
Gegenüber der ersten Stellungnahme des Regionalverbands vom November 2004 hatten die Knittlinger ihren Neubaugebiets-Appetit lediglich von 7,9 auf 7,7 Hektar gezügelt. Die schärfste Diskussion aber entzündete sich am „Knittlinger Kreuz“. Wollten doch Bürgermeister und Gemeinderatsmehrheit dort anfänglich 60 Hektar (das entspricht 40 Fußballfeldern) für die Ansiedlung von Gewerbe, Handel und Dienstleistungen ausweisen. Über die Hälfte, 36 Hektar, sollte als „Interkommunales Gewerbegebiet“ zusammen mit Nachbargemeinden und -städten entwickelt werden.

Die Verbandsversammlung folgte vor drei Jahren dem Wunsch: im Regionalplan steht bei Knittlingen das Kürzel „IKG“. Aber auch die jüngst von Knittlingen veranlasste Redzierung auf 25 Hektar konnte die Regionalräte nicht besänftigen. Grenzüberschreitende Zusammenarbeit durch gemeinsames Erwerben und Erschließen der Flächen, Teilung der Aufwands wie auch der Gewerbesteuer-Einnahmen ist nach Regionalplan eigentlich ein löbliches, weil vom Grundsatz her Flächen und Ressourcen sparendes, die Umwelt entlastendes Vorhaben.
Voraussetzung sei aber, dass genügend Gemeinden mitmachen und dabei weitgehend auf Gewerbegebiete auf eigener Gemarkung verzichten, erklärt der Regionalverband. Regionalrat Günther Bächle: „Von Maulbronn und Sternenfels gibt es außer Absichtserklärungen keine Äußerung!“ Und das anfänglich zur Mitwirkung bereite Ötisheim habe wohl kein Interesse mehr. Zuvor waren schon Ölbronn-Dürrn und Neulingen abgesprungen. Bächle, Chef der CDU-Fraktion in der Regionalversammlung: „Ich will einen Beweis: gibt es nun ein IKG oder nicht?“ Für SPD-Regionalrat Jochen Protzer (Illingen) „ein Musterbeispiel zwischen Absichten und heutiger Wirklichkeit“. Protzer warnte die Nachbarn in Knittlingen davor, mit dem „Etikett eines IKG“ die ausschließlich eigenen Interessen auf nicht die Proportionen wahrende gewerbliche Entwicklung zu verbrämen.
Andererseits erklärte der Nagolder OB Dr. Prewo: „Eine Gemeinde muss heute, unter den veränderten Bedingungen des Markts, drei bis fünf Auswahl-Angebote machen können, um die Nachfragen von Interessenten nach kleineren oder größeren Gewerbeflächen zu bedienen.“ Um „über Nacht auf Ansprüche der Nachfrager reagieren zu können“, wie Heinz Hornberger (CDU), Kommunalpolitik in Zeiten der durch Globalisierung veränderten Marktverhältnisse beschrieb, seien aber auch die richtigen Personen gefragt.
Dies stellte Verbandsdirektor Jens Kück (SPD) fest: „Der Regionalplan hat ein IKG als Ziel gesetzt, aber dieses regionalplanerische Angebot wird derzeit nicht angenommen“. Günter Bächle formulierte in seinem Schlusswort noch deutlicher: „Es gibt Personen in Knittlingen, die sind offensichtlich nicht in der Lage, dieses Angebot umzusetzen!“
Zum neuen Flächennutzungsplan Knittlingen hat jetzt das Landratsamt Enzkreis das letzte Wort.

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