Auf Zeit gespielt

So ganz unerwartet kommt der Protest gegen die Straßenbaupläne der Stadtverwaltung ja nicht. Logisch, dass Menschen, die in einem vom Verkehr kaum berührten, bevorzugten Wohngebiet zu Hause sind, auf die Barrikaden gehen, wenn sie ihre Ruhe gefährdet sehen. Die Gründung einer Bürgerinitiative, wie sie bereits angekündigt worden ist, folgt auf solche Pläne so sicher wie das Amen in der Kirche.
Abzusehen war auch, dass es Bürger gibt, die aus grundsätzlichen Erwägungen einem solchen Bauvorhaben kritisch gegenüberstehen: Neue Straßen ziehen neuen Verkehr an, machen es den Lastwagenlenkern noch leichter, sich um die Autobahnmaut zu drücken. Und natürlich bedeutet der Bau einer solchen Straße auch einen Eingriff in Natur und Landschaftsbild, der manchen Bürgern nicht vertretbar erscheint.
Obwohl die Idee einer Südwestspange schon seit Jahren im Gespräch ist, erhoben sich bis vor kurzem nur vereinzelte Stimmen gegen das Projekt. Auch im Gemeinderat herrschte weitgehend Einigkeit. Immerhin nahm das Gremium eine solche Umfahrung Brettens in den Generalverkehrsplan und in den Flächennutzungsplan auf. Lediglich aus den Reihen der Grünen waren schon vorher Bedenken dagegen zu vernehmen.
Nachdem nun aber betroffene Bürger lauthals ihrem Unmut über das Projekt Luft machen, schreckt der Gemeinderat zurück. Man müsse erst die Bürger informieren, bevor man einen Grundsatzbeschluss fasst, war die Mehrheitsmeinung am Dienstag. Nur: um zusätzliche Information für Räte und Bürger ging es hier doch gar nicht. Der Brettener Gemeinderat wollte vor allem Zeit gewinnen, wollte sich an diesem Abend den Zorn der auf den Zuhörerplätzen versammelten Betroffenen ersparen.
Fragt sich nur, ob er damit auch auf Verständnis beim großen Rest der Brettener hoffen kann. Denn die erleben tagtäglich die Verkehrsflut vor ihren Häusern oder am Steuer ihrer im Stau stehenden Autos. Irgendwann wird der Gemeinderat Farbe bekennen und sich für die einen oder die anderen entscheiden müssen.

Rudolf Baier

Die Themen dieses Tages in einem anderen Jahr :

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Eine Antwort zu Auf Zeit gespielt

  1. mm sagt:

    Dass Stadräte ihrem Auftrag, der Vetretung von Interessen der Bürger, die sie ja gewählt haben, nachkommen, scheint für Herrn Baier unvorstellbar. Er hält sich wohl schon zu lange und zu dicht im Dunstkreis eines Machtpolitikers auf, der solche (Abstimmungs-) Niederlagen nicht gewohnt ist.
    Aber er mag sich beruhigen, die nächste Sitzung wird das ersehnte „Ja!“ zur neuen Vision unseres OB bringen.

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