Kontrolle entlarvt gefährliche Raserei

Trauriger Rekord in Bretten: Mit über 120 Sachen auf Wilhelmstraße unterwegs
Von unserem Redaktionsmitglied Joachim Schultz
Bretten. Was im Kopf des Rasers gleich nach dem Aufblitzen des grellen Lichts vorgegangen ist, das bleibt sein Geheimnis. Vermutlich Gedanken, die hier nicht zitierfähig sind. Mit mehr als 120 Sachen donnerte der Autofahrer die zweispurige „Rennstrecke“ Wilhelmstraße hinunter. Allerdings entlarvte die Brettener Tempoüberwachung die gefährliche Raserei. An diesem späten Nachmittag geriet der Fahrer mit seiner Karosse auf einem geraden Abschnitt der Durchgangsstraße in den Messstrahl eines Radarmessgeräts. Tempo 50 ist dort erlaubt, fast 70 Stundenkilometer über der Höchstgeschwindigkeit brauste der Sportwagenlenker in Richtung Bahnhof auf der Wilhelmstraße. Ein paar Wochen ohne Führerschein und Punkte in der Verkehrssünderkartei handelte sich der vermeintliche Rennfahrer ein.
Doch eigentlich stehen die Chancen ganz gut, als Temposünder in Bretten unerkannt zu bleiben. An rund zwei Dutzend Tagen im Jahr bezieht das Personal des städtischen Ordnungsamts in der Innenstadt sowie in den Stadtteilen Stellung, um Fahrer herauszufischen, denen es nicht schnell genug geht. 40 Straßen im gesamten Stadtgebiet überwachen Achim Kleinhans und seine Kollegen im Ordnungsamt regelmäßig. Sechs bis acht Orte pro Messtag arbeitet man ab. Darunter „sensible“ Straßen an Kindergärten, Schulen, Altersheimen oder Ausfallstraßen.

Es gibt Kommunen, beispielsweise Mannheim, die Geschwindigkeitsmessungen auf städtischen Straßen ankündigen, Tag und Uhrzeit der Messungen bleiben aber ein Geheimnis. Lediglich die Straßen werden veröffentlicht. „Das ist in Bretten nicht machbar. Wir wollen nicht zu viele Fahrer warnen. Vor allem die Verkehrsrowdys, die bei den Messungen immer wieder auffallen“, erläutert Kleinhans.
Die Kontrolleure wissen um das Spannungsfeld „Notwendige Überwachung oder Abzocke?“, in dem sie sich bewegen. „Wir bekommen immer wieder Beschwerden über Raser und die Bitte nach Geschwindigkeitskontrollen. Andererseits werfen uns ertappte Schnellfahrer Abzocke vor“, berichtet Kleinhans. Durch die Präsenz der Kontrollfahrzeuge entstehe bei vielen Anwohnern ein Gefühl der Sicherheit. Gegen die Schelte der Abzockerei spreche das Fehlen fest eingebauter Blitze in Bretten, meint Kleinhans weiter.
In den Messstrahl der Überwachungsgeräte gerieten 2005 etwa 52 800 Fahrzeuge. Bei mehr als 3 700 Fahrzeugen blitzte es. „Beanstandungen“ heißt das im Verwaltungsdeutsch. Damit fiel nicht einmal jeder zehnte Fahrer auf. Mehr als die Hälfte der erwischten Verkehrssünder überschritten das zulässige Tempo um bis zu zehn Stundenkilometer. Rund ein Drittel war zwischen elf und 20 Kilometer zu schnell unterwegs. Eilig hatten es 189 „Geblitzte“, die das Limit um bis zu 30 Stundenkilometer überschritten. 28 Raser überschritten die Höchstgeschwindigkeit um bis zu 40 Stundenkilometer. Zwei Raser wurden auffällig, weil sie mit bis zu 50 Stundenkilometer über dem Erlaubten lagen. Den Vogel schoss der eingangs erwähnte gemeingefährliche Raser ab, der auf der Wilhelmstraße mit einer Geschwindigkeitsüberschreitung von über 70 Stundenkilometern den traurigen Rekord einfuhr. Auch wenn die Jahresstatistik 2005 einige Ausreißer nach oben aufweist, zeigt sich Kleinhans von der Verkehrsmoral der Einheimischen zufrieden. „Die Brettener Autofahrer verhalten sich größtenteils vernünftig.“
Mit jeder „Beanstandung“ fließt auch Geld in die Kasse des Ordnungsamts. 261 000 Euro erhielt man 2005 durch das Verteilen von Strafzetteln wegen Ordnungswidrigkeiten, da sind unter anderem Temposünder und Falschparker inbegriffen. „Fast ein halbes Dutzend Mitarbeiter haben im Ordnungsamt mit der Bearbeitung von Ordnungswidrigkeiten auf Brettener Straßen zu tun. Unterm Strich macht die Stadt keinen Gewinn“, sagt Kleinhans.

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