Springfrösche sollen expandierenden Firmen weichen

KOMMUNEN / BRETTENER BÜRGERINITIATIVE RUFT IM INTERNET ZU PROTESTAKTIONEN AUF
Springfrösche sollen expandierenden Firmen weichen
Einsprüche aus dem In- und Ausland verhindern ein neues Industriegebiet bei Bretten. 22 Hektar Wald müssten gerodet werden. Investoren stehen bereit.
Metzger vergeht das Lachen
OB Metzger vergeht das Lachen. Umweltschützer wollen ein Industriegebiet verhindern.

Wenn der Schutz von Springfröschen wichtiger ist als neue Arbeitsplätze, dann ist eine solche Einstellung für Paul Metzger „menschenverachtend“. Der CDU-Oberbürgermeister von Bretten (Kreis Karlsruhe) ärgert sich über Gegner eines neuen Industriegebietes, für das 22 Hektar Wald abgeholzt werden müssten. Eine örtliche Initiative rief im Internet zum Widerstand gegen den Kahlschlag auf, der „eine beispiellose und sinnlose Naturzerstörung“ darstelle.

„Hunderte von Einwendungen aus ganz Deutschland von Flensburg bis Garmisch und Saarbrücken, bis Görlitz und sogar Wien füllen meterweise die Aktenschränke und müssen bearbeitet werden“, schimpfte Metzger über die gut organisierte Opposition.

Die Bürgerinitiative freut sich dagegen über die 6000 Proteste gegen das gesamte Vorhaben sowie über 294 Unterschriften gegen die Änderung des Regionalplans und 680 Einsprüche gegen die neue Grenzziehung des Naturparks Stromberg-Heuchelberg. Der Rüdtwald beim Stadtteil Gölshausen sei „Sommerlebensraum und Winterquartier für gefährdete Amphibienarten“. Dass ausgerechnet dort neue Fabriken entstehen sollen, sei nicht nötig, weil „im Umkreis von Bretten Gewerbeflächen von über 300 Hektar auf Investoren warten“.

Für OB Metzger jedoch ist Eile geboten: „Wir brauchen den Rüdtwald unbedingt.“ Die Genehmigung steht noch immer aus, obwohl Ortschafts- und Gemeinderat sowie Regionalverband zugestimmt hätten. Im Wirtschaftsministerium holte sich Metzger jüngst eine Abfuhr. Vor der Landtagswahl werde keine Entscheidung mehr gefällt, habe er zu hören bekommen.

Dem Stadtchef missfällt, dass fünf parallel laufende Verfahren nicht gebündelt werden können. Immer wieder die selben Sachbearbeiter beschäftigten sich mit identischen Einsprüchen. Deutschland sei „durch die Vorschriftenwut und den Regelungswahn zum Rechtfertigungs-, Bittsteller- und Ausnützerstaat verkommen„, schimpft Metzger. Der Oberbürgermeister ist zornig, weil sich das neue Industriegebiet ein Elektronikspezialist mit 400 Arbeitsplätzen ausgesucht habe. Der Unternehmer wolle 2007 in Bretten seine auf vier Standorte verteilten Niederlassungen konzentrieren. Dazu müsste aber bald mit den Bauarbeiten begonnen werden.

Metzger sieht keine Chance, die rechtlichen Voraussetzungen zu schaffen: „Im Frühjahr und Sommer lasse ich keinen Wald ummachen, da sind die Bäume im Saft, und die Vögel brüten.“ Bleibt der Wald erhalten, drohe Bretten zudem der Verlust eines stark expandierenden Tierfutterherstellers. Der Betrieb startete mit 50 Mitarbeitern, jetzt sind es 1000 Beschäftigte. Für diese Jobs, so der OB, brauche man kein Hochschulstudium, „das ist genau das, was viele suchen“. Weil der Boom offenbar anhält, soll erweitert werden. „Die Firma braucht 15 Hektar„, erfuhr Paul Metzger, „wenn sie die bei uns nicht kriegt, geht sie ins Ausland.“

VON HANS GEORG FRANK

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3 Antworten zu Springfrösche sollen expandierenden Firmen weichen

  1. ghg sagt:

    In der 22 ha großen Fläche des zerstörten Rüdtwalds erweiterte keine Firma in Gölshausen, siedelte kein neues Unternehmen an.

    Die Buschtrommeln zur Zerstörung dieser Fläche wurden von den Mitwirkenden zwar laut, jedoch unlauter getrommelt. Dieser Vorwurf richtet sich besonders an alle Befürworter im Gemeinderat. Und er ist nicht zu entkräften. Auch nicht im Nachhinein mit fadenscheinigen Begründungen.

    Es erfolgte nur ein transparenter Grundstücksverkauf der Stadt Bretten an ein einziges Unternehmen. Zu dessen dringender Expansion wegen fehlender Expansionsmöglichkeiten am Standort Rinklingen.

    So einfach ließ sich Wald zerstören!

  2. G. H. sagt:

    In der Nachbetrachtung enthüllt und entlarvt!

    In der aktuellen Neubetrachtung – „Noch einmal eine Erweiterung“ – am 1. März 2012 in den Brettener Nachrichten scheint es so weiter zu gehen!

  3. ghg sagt:

    Zitate

    Metzger:

    „22 Hektar müssten gerodet werden. Investoren stehen bereit…Wir brauchen den Rüdtwald unbedingt…Der Oberbürgermeister ist zornig, weil sich das neue Industriegebiet ein Elektronikspezialist mit 400 Arbeitsplätzen ausgesucht habe. Der Unternehmer wolle 2007 in Bretten seine auf vier Standorte verteilten Niederlassungen konzentrieren. Dazu müsste aber bald mit den Bauarbeiten begonnen werden…Bleibt der Wald erhalten, drohe Bretten zudem der Verlust eines stark expandierenden Tierfutterherstellers… Die Firma braucht 15 Hektar, erfuhr Paul Metzger.“…

    Lesestoff für leicht Unbedarfte! 🙂

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