Wie weit reicht die Sogwirkung?

Von Thomas Senger
Die Giganten blasen zur Frühjahrsoffensive im Kraichgau: Ende April werden H&M und C&A in Sinsheim neue Filialen eröffnen. Ein Erdbeben auch für die Nachbarstädte Bad Rappenau und Eppingen?

Gelassen zeigt sich Frank Bauer, Inhaber eines Bekleidungsgeschäfts in der Bad Rappenauer Fußgängerzone. „Einerseits sind sind C&A und H&M die aggressivsten und innovativsten Mitbewerber im Kleiderbereich“, weiß Bauer. Andererseits? „In Sinsheim werden ja keine neuen Flächen geschaffen“, verweist er auf die Pachtverträge. Wie berichtet, wird die Hütter-Gruppe – sie betreibt in Sinsheim das gleichnamige Kaufhaus – Flächen an die Filialisten vermieten: 1100 Quadratmeter an H & M, die das Unternehmen im bisherigen Kaufhaus Dannheimer bezieht. Dieses war bislang von Hütter an Dannheimer vermietet.

1400 Quadratmeter wird C & A im Erdgeschoss des jetzigen Marktplatz-Centers belegen. „Wenn Hütter seine Flächen preis gibt, dann hat er den Kampf aufgegeben“, vermutet Bauer, der Ähnliches nicht im Sinne hat. „Die beiden Großen bedienen jeweils ihr eigenes Nischensegment; die haben quasi nur sich selbst als Handelsmarke.“ Somit könne er keine Bedrohung für sein Geschäft erkennen. Schließlich verkaufe er in Rappenau nur Markenware. Anders, als H & M am Montag bekannt gegeben hatte, wird das Unternehmen laut Pressemitteilung vom Mittwoch in Sinsheim keine Herrenmode anbieten, sondern lediglich Damen- und Kinderbekleidung im Sortiment haben.

Der Rappenauer Frank Bauer verweist nicht zuletzt auf Heilbronn, wo die beiden Filialisten bereits präsent sind. „Der typische H&M-Kunde wird sich also lediglich überlegen, ob er dorthin oder nach Sinsheim geht.“

Sein Eppinger Kollege Oliver Spiess sieht die Situation völlig anders. „Das wird nicht nur die Innenstadt von Sinsheim unheimlich beleben, sondern mit Sicherheit auch Eppingen und Bad Rappenau betreffen“, sagt der Einzelhändler, der auch in der neuen Einkaufsgalerie in Pforzheim eine S-Oliver-Filiale betreibt. „H & M ist ein absoluter Magnet. Wenn die Sinsheimer fit sind, werden sie es für sich nutzen“, vermutet Spiess. Seine Forderung an die Eppinger: „Noch mehr tun, um die Attraktivität von Geschäften und gesamter Innenstadt zu stärken.“

Er selbst will im März 2007 ein Modehaus mit 1200 Quadratmetern Fläche eröffnen – in unmittelbarer Nähe der Stadtbahn-Haltestelle Eppingen-West. Der zweigeschossige Gebäudekomplex an der Mühlbacher Straße soll darüber hinaus einen Minimal-Markt, ein Kino und ein größeres Bistro beinhalten. Investor ist eine Bauherrengemeinschaft um den Eppinger Unternehmer Jürgen Wild.

Von dem Gedanken, selber C&A und H&M nach Eppingen zu holen, wird Oliver Spiess sich vielleicht verabschieden müssen. „Beide Firmen werden nicht nach Eppingen oder Bad Rappenau gehen“, so die Einschätzung des Sinsheimers Manfred Hütter.

Bevor das Geschäftszentrum in Eppingen begonnen werden kann, soll der Gemeinderat im Januar das Projekt absegnen. Spiess hofft auf grünes Licht. „Eppingen muss auch von außerhalb als Einkaufsstadt wahrgenommen werden. Das bedeutet: Wir brauchen große Flächen“, verweist er auf Untersuchungen. Die besagten, dass im weiteren Einzugsbereich des Eppinger Einzelhandels Einbrüche zu verzeichnen sind. Kunden aus den Umlandgemeinden werden von den Konkurrenzstädten angezogen. Nicht nur die großen, wie Karlsruhe, Heilbronn, Stuttgart, Ludwigsburg sind hier zu nennen, sondern auch kleinere wie Bretten oder Sinsheim. Wachsen oder weichen lautet die Devise. Spiess hat sie verinnerlicht: Vor sechs Jahren beschäftigte er vier Mitarbeiterinnen. Mittlerweile sind es – inklusive Pforzheim – derer 17.

Das Eindringen der Modefilialisten in kleinere Kommunen ist für ihn zwangsläufig, ähnlich dem Trend im Lebensmittelbereich. Das wird irgend wann auch mal zu Ende sein, so Spiess, „aber da denkt jetzt noch keiner dran.“

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