Baumsterben immer dramatischer

Im Enzkreis Situation noch nie so schlecht – Laubwälder im Stromberg stark betroffen – Systematische Untersuchungen
ENZKREIS. Was landesweit gilt, trifft auch für den Enzkreis voll zu: Die Bäume werden immer kränker. Der Leiter des Kreisforstamtes, Fritz Geiger, sagt: „Ich kann mich nicht erinnern, dass der Wald je so schlecht ausgesehen hat.“
Nach den niederschmetternden Zahlen im baden-württembergischen Waldzustandsbericht 2005 (siehe PZ von gestern) schildert der oberste Förster im Kreis die örtliche Situation so: „Die Verschlechterung, insbesondere beim Laubholz, und da insbesondere bei der Buche, ist dramatisch.“ Wenngleich es für den lokalen Bereich keine Zahlen gebe, weil die Stichproben nur in großen Rastern vorgenommen würden, steht für Geiger fest: „Die landesweite Situation deckt sich voll mit unseren Eindrücken.“ Der Stromberg sei wesentlich mehr von der Schadenszunahme betroffen als der Nordschwarzwald, „weil dort mehr Laubbäume stehen.“

Auch die höheren Temperaturen und die niedrigeren Niederschläge im Stromberg gegenüber dem Nordschwarzwald würden ihren Teil zum Baumsterben beitragen. Besonders augenfällig sei die negative Entwicklung an allen Südrändern des Strombergs: „Das reicht vom Asperg in Ölbronn bis zur Eselsburg bei Ensingen im Osten.“ Der Forstamtschef und seine Mitarbeiter haben festgestellt: „Sehr viele Bäume sind tot. Bis vor 15 Jahren war Scheidholz – so nennen wir die abgestorbenen Bäume – bei der Buche und der Eiche gar kein Thema. Jetzt haben wir tausende von Festmetern Scheidholz in den Wäldern. Das ist eine völlig neue Situation.“

Geiger weiß, wovon er spricht. Schließlich hat er schon seit über zwei Jahrzehnten beruflich mit dem Wohl und Wehe des Waldes zu tun – zuletzt vor der Verwaltungsreform als Leiter des Forstamtes Maulbronn. Die Ursachen für die missliche Lage der Bäume ist dieselbe wie anderswo in Baden-Württemberg: der extrem trockene Sommer 2003. „Das hat zur Eskalation geführt. Von diesem Sommer haben sich die Wälder nicht mehr erholt“, bilanziert Geiger.

Allein eine große Buche transpiriere an einem heißen Sommertag etwa einen Kubikmeter Wasser. Zu den Eichen bemerkt er: „Die stehen 200 Jahre hier und sind seither mit den Umständen zurecht gekommen.“ Und jetzt? Allein im Schälrain bei Illingen seien massenweise Eichen eingegangen. Auch die Winterfeuchtigkeit sei gering gewesen und Starkregen nütze wenig, weil die Niederschläge nicht richtig abfließen könnten.

Nicht genug damit, dass die Bäume „unter einem extremen Wasser-Stress leiden“. Auch Schädlinge setzen der nachlassenden Waldpracht mächtig zu. Buchdrucker und Kupferstecher bevorzugen die Fichte, die Waldgärtner laben sich an den Nadeln der Kiefer, Frostspanner, Schwammspinner und Eichenwickler vertilgen massenweise Laub. „Den Kahlfraß bei den Buchen kannten wir bisher nicht“, berichtet er. „Wir wussten nichts vom Buchenborkenkäfer. Den habe ich in Nachschlagewerken nur als Fußnote gefunden.“ Inzwischen ist dieses Exemplar der Botanik zu fragwürdigem Ruhm gelangt: „Es hat Tausende von Hektar leer gefressen.“ Buchenwälder beim Füllmenbacher Hof in Sternenfels legen vom Zerstörungswerk der Buchenborkenkäfer Zeugnis ab.

Dennoch geben Geiger und seine Mitstreiter nicht auf: „Die Bekämpfung des Schwammspinners von der Luft aus hat gut funktioniert. Die Bäume haben wieder Sommergrün gezeigt.“ Den Winter über werde das Monitoring fortgesetzt, das heißt: „Wir schauen nach, wo Schädlinge vorhanden sind. Eine systematische Untersuchung wird durchgeführt.“

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