Rebellion im Rathaus geht weiter

OB Paul Metzger legt sich erneut mit der Bürokratie an:
Bretten. (gm) Es ist ein vergnügter und keineswegs reuiger Sünder, der da im Chefsessel des Brettener Rathauses sitzt. Oberbürgermeister Paul Metzger hat mit seinen, sich über geltende Rechtsvorschriften hinwegsetzenden Aktionen gegen die Bürokratie landauf – landab Zustimmung ausgelöst und bastelt zurzeit in einer überraschenden Karlsruher Ko – Produktion an einem Bürokratie-Schwarzbuch, das schon jetzt der „Ministerialbürokratie“ die Ohren klingeln lässt.

Der badische Revolutionsgeist des Verwaltungschefs fand fast ungeteilten Beifall – auch das sicher ein Ansporn für Metzger, es keineswegs dabei bewenden zu lassen, sondern weiter eigenhändig und eigensinnig Schneisen in das Bürokratie-Dickicht zu schlagen. In der Brettener Verwaltung geht er mit gutem Beispiel voran. Unter dem Stichwort „Freiräume für mündige Bürger“ hat er seine Ämter angewiesen, flexibel und unbürokratisch zu agieren. Beispielsweise im Bereich des Baurechtsamtes. Hier können Häuslebauer durchaus darauf setzen, dass sie nach abgeschlossenem Prüfverfahren auch ohne formale Genehmigung den Bau schon mal in Angriff nehmen können. Den Verstoß gegen die Gemeindeordnung hält für Metzger für sinnvoll: „Es kann doch nicht sein, dass Bauwillige zum Beispiel monatelang Zinsen für ihr Baudarlehen zahlen müssen und nicht anfangen können.“ Dabei macht er allerdings keine Zugeständnisse, was nachbarrechtliche sowie Umwelt – und Naturschutzbelange betrifft: „Ich erwarte, dass dies vorher geprüft ist und niemand benachteiligt wird oder Schaden erleidet“.

Bisher ist Metzger mit seinen Handstreich – Aktionen unbeschadet weggekommen. Mögliche Bußgelder wurden nicht verhängt – in Sachen Lärmschutzwall gab es lediglich eine mündliche Rüge und einen Tag Arbeitsstopp. Noch mehr freut den aufmüpfigen Brettener Oberbürgermeister, dass Minister – Mund sogar Lob entschlüpfte: „Innenminister Rech hat bei einem Besuch in Bretten gestanden, er müsse mich eigentlich rügen, aber er freue sich, dass der Lärmschutzwall vorankomme“.

Inzwischen treffen aus dem ganzen Land Schreiben Hilfe suchender Bürger beim mittlerweile zur Gallionsfigur im Kampf gegen den Bürokratismus avancierten OB ein. Der konzentriert sich derweil auf zwei Bußgeldverfahren in der eigenen Region. So ist ein großes Brettener Unternehmen mit einem Bußgeld von 82 000 Euro belegt worden, weil es sieben Arbeitnehmer aus einem Werkvertrag ohne den Umweg über die Agentur für Arbeit in die eigenen Reihen übernahm. „Die wären beim alten Arbeitgeber arbeitslos geworden. Es wurden Steuern und Sozialabgaben bezahlt und die Vergütung lag höher, als wenn das Ganze über die Personalvermittlung gelaufen wäre. Das kann doch nicht wahr sein“, zeigt sich Metzger erbost auch darüber, dass man ungeachtet dieser Tatsache dem Betrieb „wirtschaftliche Vorteilnahme“ vorwirft. Der Brettener OB kündigt Rebellion an – auch im Namen eines zweiten, Gondelsheimer Betriebes, bei dem es um die Beschäftigung von Asylanten geht, die ebenfalls „normal entlohnt, versichert und versteuert waren“. „Unangemessen“ nennt Metzger die Bußgeldbescheide. Und: „Hier wird mit Kanonen auf Spatzen geschossen“. In den Zorn mischt sich „missmutige Freude“ darüber, dass er als Drachentöter dem Ungeheuer wenigstens einen seiner Köpfe abschlagen kann. Denn eines ist sicher: Ihm wird schon was einfallen, wie er müden Bürokratieläufern das Rennen beibringt.

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