Karlsruher Konsumtempel weckt Befürchtungen und Trotz

Von Alexander Hettich
Seit vorgestern geht das größte innerstädtische Einkaufszentrum Süddeutschlands in Karlsruhe auf Kundenfang. Viele Einzelhändler im Kraichgau fürchten die Konkurrenz des Riesen, andere geben sich gelassen und kämpferisch.

Mit 130 Geschäften auf einer Fläche von 30 000 Quadratmetern lockt das ECE-Center am Ettlinger Tor. Von Eppingen, Gemmingen oder Sulzfeld aus ist der Shopping-Palast mit der S-Bahn in einer knappen Stunde zu erreichen. „Da muss man nicht um den heißen Brei rumreden“, sagt Klaus Scherer, „für Kunden ist das optimal, für uns Mitbewerber bedenklich.“ Viele Kraichgauer würden aus Neugier nach Karlsruhe fahren, schätzt der Vorsitzende des Eppinger Handels- und Gewerbevereins. Vor allem den Bekleidungsgeschäften, schätzt Scherer, könnte das Zentrum Kunden abspenstig machen.

Bei Kollegen in Bretten und Bruchsal geht die Angst um, weiß der Unternehmer, der in Eppingen einen Getränkehandel betreibt. Gestern stand das Thema beim Treff des Eppinger HGV auf der Tagesordnung. Doch was tun? „Wir könnten die Eppinger Innenstadt überdachen“, sagt Scherer sarkastisch, „dann hätten wir auch ein Einkaufszentrum.“ Auch Gerhard Stehle ist wenig begeistert von der Konkurrenz des Centers, in dem sich viele Markengeschäfte unter einem Dach tummeln. „Das zieht auch Kaufkraft aus der Region ab“, fürchtet der Inhaber eines Modegeschäfts an der Brettener Straße. Schon jetzt gebe es zu viel Verkaufsfläche: „Jeder Quadratmeter mehr nimmt irgendwo anders etwas weg.“ Stehle erwartet aber, dass vor allem der Karlsruher Einzelhandel durch das ECE in die Bredouille gerät.

Bedenken hier, Gelassenheit dort: Bernd Hildebrand hat sich in seinem Sulzfelder Bekleidungsgeschäft auf Teamsport-Artikel spezialisiert, vertraut auf einen treuen Kundenstamm: „Da kommt es auf persönliche Beratung an“, betont er, „unsere Vereine fahren doch nicht nach Karlsruhe, um einen Satz Trikots zu kaufen.“ Auf Dauer werde aber der Trend zur schieren Größe viele Einzelhändler die Existenz kosten, macht sich Hildebrand keine Illusionen: „Es gibt doch bald nur noch große Kaufhäuser.“

Bange Blicke nach Karlsruhe? Davon will Peter Winkler, Inhaber des gleichnamigen Eppinger Fernsehfachhandels, nichts wissen: „Karlsruhe ist doch für unsere Kunden weit vom Schuss.“ Die Pläne für ein ECE-Einkaufszentrum in Heilbronn machen Winkler schon eher Sorgen. Der Komplex soll 2007 die Pforten öffnen, dann wäre der Einzelhandel im Kraichgau eingekeilt zwischen Shopping-Centern.

Katja Weber kann das nicht schrecken. In ihrer Gemminger Schuh-Ecke kauften vor allem Stammkunden. Der mächtigen Konkurrenz bietet die Unternehmerin trotzig die Stirn, man müsse eben „zurückschlagen“, sich pfiffige Aktionen einfallen lassen. Zum Schulanfang habe sie etwa Kinderschuhe um zehn Prozent reduziert. Mit den Kollegen vom örtlichen Gewerbeverein sollen weitere Sonderaktionen ausgetüftelt werden: „Was die Großen können, können wir Kleinen schon lange.“

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