Von Abwasser bis Zucker hat die Stadt Beteiligungen

Kommunalbau und Wohnungsbau machten Verluste
Von unserem Redaktionsmitglied Thilo Kampf
Bretten. Was hat die Stadt Bretten mit Zucker arn Hut? Und was mit Pauken und Trompeten? Die Antworten gibt die Verwaltung im „Beteiligungsbericht für das Geschäftsjahr 2003″, der jüngst im Gemeinderat präsentiert wurde. Demnach ist die Stadt an Kapitalgesellschaften, Zweckverbänden und dem ein oder anderen Unternehmen beteiligt und hat vor über sieben Jahren den Eigenbetrieb Abwasserbeseitigung gegründet. Die Palette der städtischen Beteiligungen reicht dabei von A wie Abwasserzweckverband bis Z wie Zuckererzeugung Südzucker AG.

Das älteste Unternehmen, bei dem die Stadt Geschäftsanteile hält, ist die Volksbank Bret-ten-Raiffeisenbank, die 1864 gegründet wurde. Freilich beträgt der Anteil der Stadt hier nur 2 310 Euro – recht wenig bei insgesamt 9,23 Millionen Euro an gezeichnetem Kapital.

Deutlich höher ist der Anteil der Stadt indes an der Südzucker AG Mannheim: Ende 2003 waren zwei Aktienpakete im Gesamtwert von rund 87 000 Euro im städtischen Besitz. „Im Gegensatz zu den im freien Handel zu erwerbenden Aktien der Südzucker-AG haben wir sogar einen leichten Gewinn gemacht“, freut sich Wolfgang Pux, Leiter des Kämmerei-Amts. Zudem profitiere die Stadt von den jährlichen Dividenden-Ausschüttungen.

Zu 100 Prozent gehört der Stadt die Kommunalbau GmbH (Stammkapital: 407 400 Euro). Waren im Jahr 2002 noch 150 000 Euro erwirtschaftet worden, bilanzierten die Verantwortlichen für das abgelaufene Jahr einen Verlust in Höhe von rund 35 000 Euro. Auch die 100-prozentige „Tochter“ Städtische Wohnungsbau GmbH (Stammkapital: 2,46 Millionen Euro) erwirtschaftete 2003 einen Verlust in Höhe von 74 000 Euro.
Das hatte in der Ratssitzung für Diskussionsstoff gesorgt: „Soll denn die Stadt auf Dauer die Verluste der Kommunalbau abdecken“,hatte sich etwa Kurt Dickemann (CDU) erregt. Karin Gillardon (FDP/VBU) hatte die städtische Wohnungsbau-Gesellschaft als „Dauer-pflegefall“ bezeichnet. Und bei der Kommunalwohnbau sei es „nicht akzeptabel, dass sich die als Bauträger betätigt und in Konkurrenz zum privaten Markt tritt“.
Darauf, dass nicht jede städtische Gesellschaft ausschließlich gewinnorientiert arbeiten könne und solle, hatte Bürgermeister Willi Leonhardt hingewiesen: „Wir haben hier auch eine soziale Aufgabe zu erfüllen. Es gibt in Bretten auch eine Klientel, die nicht die ortsüblichen Mieten zahlen kann.“

Auch das USQ European Study Center Bretten, an dem die Stadt mit 9 400 Euro (entsprechend 37,5 Prozent) beteiligt ist, macht seit Jahren Verluste. Die Einrichtung wurde 2002 mit 50 000 Euro bezuschusst; hinzu kam – wie 2003 – ein Mietzuschuss von 15 155 Euro.

Finanziell dicke Brocken sind die Abwasserverbände „Weißach- und Oberes Saalbachtal“ (von den 22,6 Millionen Stammkapital beträgt die Einlage der Stadt hier 10,3 Millionen Euro) sowie „Oberer Kraichbach“ (hier ist Bretten mit einem Anteil von 340 000 Euro am Stammkapital von 5,5 Millionen Euro beteiligt).

Der Verein Badische Landesbühne erhielt 2003 rund 19 500 Euro aus der Stadtkasse; die Jugendmusikschule wurde mit 304 000 Euro bezuschusst. Dem Zweckverband „Kommunale Informationsverarbeitung Baden-Franken“ gehört Bretten ebenfalls an, was 2003 rund 18 700 Euro kostete. Und die Technologie-Region Karlsruhe wurde mit 20 800 Euro unterstützt. Schließlich ist Bretten noch Mitglied im Kraichgau-Stromberg Tourismus e.V., was 2003 mit knapp 8 000 Euro zu Buche schlug.

Das größte städtische Unternehmen sind die Stadtwerke, die 1991 als GmbH gegründet wurden und deren Stammkapital inzwischen bei rund 5,63 Millionen Euro liegt. Mit 307 000 Euro erwirtschafteten diese zur Freude des Kämmerers 2003 deutlich mehr als im Jahr 2002 (da betrug der Gewinn 158 000 Euro).

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9 Antworten zu Von Abwasser bis Zucker hat die Stadt Beteiligungen

  1. -oh- sagt:

    @ -nz- von heute

    „Von Abwasser bis Zucker hat die Stadt Beteiligungen“
    Brettener Nachrichten am 3. November 2004

    Zehn Jahre sind ins Land gegangen. Die Stadt Bretten hängt nach wie vor am Tropf der Steuerzahler. Niemand kann und will daran ernsthaft was ändern. Es wird weiter von schwarzen Nullen gefaselt. Und rote Zahlen (Stadtwerke Bretten GmbH) werden präsentiert.

    Was für ein kommunales Märchenland! 🙂

  2. -nz- sagt:

    @-oh- am 26. Oktober, 2008 22:16
    „An den überflüssigen Brettener Beteiligungen hat sich kaum was verändert.“

    Das wird auch so bleiben – bis zum totalen Crash…
    Wann? Ich weiß es nicht…
    Ein guter Hellseher würde das mit sehr bald beschreiben…

  3. -oh- sagt:

    An den überflüssigen Brettener Beteiligungen hat sich kaum was verändert.

  4. -p.v.- sagt:

    BM Leonhardt – Wir haben hier auch eine soziale Aufgabe zu erfüllen – hat sich gewaltig geirrt.

  5. Gern./Sch. sagt:

    Haben heute öffentliche Unternehmen noch eine Berechtigung?

    Tangierte öffentliche Interessen, wie etwa Strukturpolitik oder vorbildliche Arbeitgebertätigkeit, im Rahmen eines wettbewerblichen Umfeldes können aufrechtzuerhalten sein.

    Öffentliche Unternehmen erfüllen regelmäßig keine öffentlichen Zwecke mehr und sind deswegen materiell zu privatisieren. Der Sozialstaat gibt das Leitmotiv für die Daseinsvorsorge vor. Diese ist jedoch ergebnisorientiert und nicht mittelbezogen.

    Daher stellt die Sozialstaatlichkeit keine Grenze für echte Privatisierungen.

  6. Mx.-L. sagt:

    Stimmen aus der Gemeinderatssitzung

    „Soll denn die Stadt auf Dauer die Verluste der Kommunalbau abdecken.“

    „Städtische Wohnungsbau-Gesellschaft als
    Dauerpflegefall“

    „Und bei der Kommunalbau sei es nicht akzeptabel, dass sich die als Bauträger betätigt und in Konkurrenz zum privaten Markt tritt.“

    BM Leonhardt: „Wir haben hier auch eine soziale Aufgabe zu erfüllen.“

  7. l-rd sagt:

    Genauso gut kommentiert von Franz Cizerle!

  8. l-rd sagt:

    Ein sehr interessanter Bericht von Thilo Kampf, aus dem ich den Unsinn von städtischen Beteiligungen herauslese.

  9. Franz Cizerle sagt:

    Sind Paragraphe nur noch zahnlose Tiger? Für manche scheinbar schon. Denn, „gemäß §102 Abs. 1 der Gemeindeordnung Baden-Württemberg (GemO) darf die Gemeinde ungeachtet der Rechtsfom wirtschaftliche Unternehemen NUR errichten, übernehmen, wesentlich erweitern oder sich daran beteiligen, wenn
    1. der öffentliche Zweck das Unternehmen rechtfertigt.
    2.das Unternehmen nach Art und Umfang in einem angemessenen Verhältnis zur Leistungsfähigkeit der Gemeinde und zum voraussichtlichen Bedarf steht und
    3. bei einem Tätigwerden außerhalb der kommunalen Dasiensvorsorge der Zweck nicht besser und wirtschaftlicher durch einen anderen erfüllt wird oder erfüllt werden kann.“
    Schreibt das Regierungspräsidium aus Karlsruhe. Das Innenministerium aus Stuttgart schreibt u.a. „Die Vorgaben für eine gemeindliche Betätigung wurden im Jahr 1999 mit der Einführung der Subsidiaritätsklausel in § 102 Abs. 1 Nr.3 der Gemeindeverordnung zu Lasten der Gemeinden sogar noch verschärft.“
    Es bleibt nur noch die Frage ob Bretten keine Unternehmer hat, die beispielsweise besser und wirtschaftlicher Reihenhäuser anbieten können als die Wohnungsbau GmbH. Welche Vergünstigungen beispielsweise die Wohnungsbau GmbH als Wettbewerber durch Steuergelder sonst noch hat, wäre zu klären. Auf jeden Fall kann keine andere „freie GmbH“ auf steuerfinanzierte städtischen Grundstücke zurückgreifen, wenn es um die Stammkapitalerhöhung geht. Wie viel Geld den Steuerzahlern erspart werden kann, sagen die Bilanzen im einzelnen. Und was machen die Geminderatsmiglieder als Aufsichtsräte? Einstimmig, so beschlossen.

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