„Identität bewahren und Fläche sparen”

Bei Konzept für Stadtentwicklung hofft OB Metzger auf Fördergelder vom Bund
Von unserem Redaktionsmitglied Claudia Kraus

Bretten. Bretten braucht für seine Innenstadt ein Entwicklungskonzept – diese Forderung kam in der jüngsten Gemeinderatssitzung. Die Innenstadt lebenswerter zu machen, sei auch eines seiner Ziele, begrüßt Oberbürgermeister Paul Metzger den Vorstoß einiger Stadträte, betont jedoch, dass er auch die alten Dorfkerne in den Stadtteilen stärken möchte. Und zwar dergestalt, dass alte Eessourcen genutzt und möglichst wenig neue Flächen verbaut werden. „Identität bewahren und Fläche sparen“: Beflügelt sieht sich der Rathauschef in seiner Vision durch Gespräche mit Vertretern des Bundes-Umwelt- und -Forschungsministeriums während seines Aufenthalts in den USA vergangene Woche.

Auf Einladung der Uni Stuttgart nahm Metzger in St. Louis, Missouri, an einem deutsch-amerikanischen Flächenmanagement-Kongress teil und hielt einen 40-minütigen Vortrag über das Thema „Nachhaltige Stadtentwicklung durch Flächenmanagement“ am Beispiel Bretten. In anschließenden Diskussionen habe er von einem Vertreter des Forschungsministeriums erfahren, dass der Bund rund zweieinhalb Milliarden Euro für ein Flächenmanagement-Projekt locker machen wolle.

Von dem Geld sollen einige wenige Modellkommunen profitieren, die entsprechende Flächenmanagement-Konzepte vorweisen können. Zuschüsse von 90 Prozent will der Bund ihnen zahlen. Im Klartext geht es darum, die Innenstädte attraktiver und lebenswerter zu gestalten. Dabei soll möglichst auf bereits vorhandene Strukturen und Gebäude zurückgegriffen werden, denn die Vorgabe lautet: Mit Flächen haushalten. Die Modellkommune muss den Nachweis erbringen, dass sie bei ihrer Innenstadt-Entwicklung wenig zusätzliche Fläche verbraucht. Ziel des Bundes sei, so Metzger, den durchschnittlichen Flächenverbrauch von rund 30 Hektar pro Tag in Deutschland auf fünf Hektar zu reduzieren. Die Bundesregierung habe einen Nachhaltig-keitsrat einberufen, der sich einzig mit dem komplexen Thema des Flächenmanagements auseinander setzt.

Metzger glaubt, dass Bretten bei der Bewerbung um Geld aus dem Fördertopf nicht chancenlos ist. Schließlich kann man in puncto Flächenmanagement einiges vorweisen: Als Beispiel nennt Metzger das „Brettener Industrie-Karussell“ – die Aussiedlung von expansionsfähigen Betrieben in ein eigens geschaffenes Industriegebiet, während sich kleinere Betriebe in der Stadt niederlassen konnten auf mittlerweile von Altlasten befreiten, reaktivierten Industriebrachen. Zustimmung zum Brettener Modell hatte Metzger bei Vorträgen und Seminaren vor dem Umweltministerium in Berlin, der Universität Stuttgart und zuletzt in St. Louis erfahren.

Metzger wird nun beim Bund eine formale Bewerbung um die Teilnahme am Flächenmanagement-Programm einreichen. Zunächst will er aber abwarten, bis er die nötigen Aufnahmekriterien kennt. „In den nächsten Tagen soll die Ausschreibung veröffentlicht werden. Dann beginnt der Wettlauf.“
Bereits vor Wochen hat die Stadtverwaltung ein Marktforschungs-Unternehmen damit beauftragt, ein Entwicklungskonzept für die Innenstadt zu erstellen. Alle leer stehenden Geschäfte und Wohnhäuser werden aufgenommen und nach ihren Zukunftschancen bewertet. „Wir sind in der Innenstadt dabei, Grundstücke zu erwerben“, sagt Metzger. Vorhandene Strukturen, brach liegende Häuser sollen erhalten bleiben, aber aufgewertet werden. Die Stadt hat dies in der Vergangenheit bereits getan mit dem Erwerb und der Sanierung von Gerberhaus und Schweizer Hof.

„Wohnbrachen“ reaktivieren heißt aber auch Metzgers Devise für die Stadtteile. Etwa in Diedelsheim, in der Brühlstraße. Dort gibt es eine Reihe von Häusern mit Scheunen, die teils nicht mehr genutzt werden. Warum also nicht dort ansetzen? „Wir wollen das Bestehende so attraktiv machen, dass die Menschen dort wieder gerne leben und nicht draußen auf einem Acker oder einer Wiese neue Flächen verbrauchen.“
Flächenmanagement kann nur funktionieren, wenn man das notwendige „Werkzeug“ dazu hat, ist sich Metzger sicher. Deshalb habe er den Zuhörern seines Vortrags in den USA erklärt, wie wichtig es im Vorfeld war, kommunale Unternehmen wie die Stadtwerke und die Kommunalbau zu gründen. Ob das Brettener Modell auf US-Verhältnisse angewandt werden kann? Zum Abschluss von Metzgers Beitrag fuhren die Kongress-Teilnehmer nach Wellston, einen Vorort von St. Louis, der in einer noch übleren wirtschaftlichen Misere steckt, als Bretten in den 80er Jahren.

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5 Antworten zu „Identität bewahren und Fläche sparen”

  1. -el- sagt:

    Ach wie gut, dass niemand weiß, . . .

  2. Berth.-Arg. sagt:

    mm im 3. Kommentar

    Versteh´ ich nicht!
    „Selbsternannter kleiner König“ ist ein wenig überzogen.

    Eher zutreffend wäre „Fremdgenannter großer Bettelmann“.

    Das würde ihm – allein wegen der Gesamtschulden der Stadt – wesentlich besser zu Gesicht stehen.

  3. mm sagt:

    das behauptete Flächensparen ist ja nun wohl endgültig passe, 22ha Wald werden zerstört und ein Logistikzentrum darauf gebaut. Wie kann man dann noch „Identität“, gemeint ist wohl Identifikation der Bürger mit ihrer Stadt, erwarten, wenn man zuschauen muss, wie ein „selbsternannter kleiner König“ all das vernichtet, was zur Identifikation nötig ist ?

  4. -nz- sagt:

    „Deshalb habe er den Zuhörern seines Vortrags in den USA erklärt,…“
    Wer hat diese Reise bezahlt?
    Hat der Gemeinderat diese Reise genehmigt?
    Welche Vorteile hatten die Bürger von Bretten von diesen Ausgaben und Vorträgen?
    Was hat die Gemeindeprüfungsanstalt hierzu gesagt?
    Hatte auch das Regierungspräsidium eine Meinung zu diesem und anderen „Ausflügen“?

  5. Matthias Menzel sagt:

    Die Stadt Bretten spart also Fläche : im Vergleich mit 10 umliegenden Mittelzentren ist der Flächenverbrauch Brettens mit 408 Quadratmetern pro Einwohner aber am höchsten! Identität bewahrt man in Bretten mit der Zerstörung einer (noch) funktionsfähigen Innenstadt, siehe Pläne für den neuen Einkaufsmarkt Pforzheimerstrasse. Ein Zitat von Hubert Weinzierl passt auf Bretten, wie die Faust aufs Auge :
    „Es ist schlecht, wenn wir in unseren Tagen soviel von Heimat und Kultur reden und gleichzeitig die Basis dessen verhunzen, was
    Heimat eigentlich erst mit Inhalten erfüllt.“

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