2,5 Millionen Kubikmeter Erde und Stein bewegt

Von Ulrich Merz
In ihrer Geschichte hat sie viele Höhen und Tiefen erlebt. Zuletzt gab es dank der Stadtbahn eine wahre Renaissance. Jetzt feiert die Schienenstrecke durch den Kraichgau ihren 125. Geburtstag.
72 Kilometer lang ist die Verbindung zwischen Karlsruhe und Heilbronn. Schon die drei Eröffnungsdaten zeugen von den vielfältigen Problemen, die der damals grenzüberschreitende Bahnbau zu überwinden hatte. Das württembergische Teilstück Heilbronn – Schwaigern wurde am 10. Oktober 1878, die badische Strecke von Grötzingen nach Eppingen am 15. Oktober 1879 und die Verbindung zwischen Eppingen und Schwaigern am 8. August 1880 eingeweiht.

Nach dem Bau der Linie Karlsruhe – Pforzheim 1863 stand fest, dass auch der Kraichgau durch eine Eisenbahn erschlossen werden sollte. Uneins war man über den Verlauf. So viel Ortschaften, so viel Meinungen. Jeder wollte unbedingt an der Bahn liegen. Aus einer Vielzahl von Varianten kristallisierten sich zwei heraus; die erste hatte als Ausgangspunkt Bruchsal, die zweite Durlach.

Die badische Landeshauptstadt Karlsruhe befürwortete die direkte Verbindung über Bretten nach Eppingen und weiter nach Württemberg. Der Endpunkt Heilbronn war anfangs umstritten. Alternativ wurde ein Anschluss an das bestehende Eisenbahnnetz in Steinsfurt oder Grombach geprüft.

Im Mai 1869 legten die Bahnbefürworter ihre Pläne dem Handelsministerium in Karlsruhe vor. Ihre Bitte, das Projekt in das badische Eisenbahnbauprogramm aufzunehmen, wurde abgelehnt. 1870 fand das Vorhaben doch noch die Zustimmung der zweiten Kammer der Ständeversammlung. Nunmehr galt lediglich die Weiterführung von Eppingen nach Heilbronn als sinnvoll.

Karlsruhes OB Wilhelm Lauter erkannte die große Bedeutung der neuen Linie für seine Stadt und trieb das Projekt zielstrebig voran. Nachdem er sich überzeugt hatte, dass angesichts anderer Vorhaben in Baden die Kraichgaubahn auf Staatskosten in absehbarer Zeit nicht zu realisieren war, entschloss er sich, für Karlsruhe die Bau-Konzession zu erwerben. Den entsprechenden Gesetzesentwurf begründete der großherzogliche Baudirektor Robert Gerwig, Erbauer der berühmten Schwarzwaldbahn. Er befand, „dass man dem Wunsche Eppingens, eine Eisenbahnverbindung zu erhalten, tunliche Berücksichtigung widerfahren lassen solle“. Dies sei „durch Anlage einer möglichst direkten und gut zu betreibenden Bahn Karlsruhe – Heilbronn möglich“.

Am 12. März 1872 verabschiedete die zweite Kammer das Gesetz zum Bau bis Eppingen und erteilte Karlsruhe die Konzession. Erst fast zwei Jahre später, am 23. Dezember 1873, regelte ein Staatsvertrag zwischen Baden und Württemberg die Weiterführung nach Heilbronn. Umfangreiche Verhandlungen, Untersuchungen, Erkundungen, Ausschreibungen und technische Vorarbeiten nahmen Jahre in Anspruch, bis endlich 1876 die Firma Philipp Holzmann & Cie aus Frankfurt am Main mit dem Bahnbau beauftragt wurde.

Anfang 1877 ging es los. Zwischen Grötzingen und Eppingen mussten acht Bahnhofsgebäude, sieben Güterschuppen, drei Dienstwohngebäude, eine Lokomotivremise und 30 Bahnwärterhäuser errichtet werden. Zur Herstellung des Bahnkörpers galt es, 2,48 Millionen Kubikmeter Erde und Stein zu bewegen. Drei der vier Wasserscheiden wurden mit Tunnels bei Jöhlingen, Gölshausen und Sulzfeld durchbrochen. Der vierte Tunnel in Bretten war durch einen vorspringenden Bergrücken nötig. Für Felssprengungen wurden 24 000 Kilogramm Pulver und 15 000 Kilogramm Dynamit verbraucht. Die Gesamtkosten der Bahn samt Stationen beliefen sich auf 10,17 Millionen Mark.

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