Für alle gelten die selben Spielregeln

Die Klagen lärmgeplagter Löwenhof-Anwohner stoßen im Brettener Rathaus nur teilweise auf Verständnis
Von unserem Mitarbeiter Michael Hölle

Bretten. Die Tage werden wärmer – und der Ärger wächst: Wenn an milden Sommerabenden draußen im Freien gefeiert und gezecht wird, gibt es meist auch Menschen, die sich davon gestört fühlen. So ist es in Wohngebieten, und in der Innenstadt erst recht. Etwa beim Löwenhof. Nicht nur, dass die Besucher des dortigen Lokals gerne bis in den späten Abend hinein ihr Bier unter freiem Himmel trinken. Der Platz auf dem Dach der Tiefgarage hat sich in den letzten Jahren zur Adresse zahlreicher Veranstaltungen gemausert. Den Eigentümern der Wohnungen, die über dem angrenzenden Hotel gebaut wurden, ist das zu viel. Mittlerweile scheint der Gang zum Gericht in Sachen Eigentümergemeinschaft Am Seedam 8 und 8/1 gegen Stadtverwaltung Bretten unausweichlich zu sein.

Im Freien soll um 22 Uhr Schluss sein, lautet die Hauptforderung der Gemeinschaft. Sie fordert das „gesetzlich verbriefte Recht auf mindestens acht Stunden ungestörten Schlaf“ ein, so deren Sprecher Roland Kirchner. Die Argumentation der Stadtverwaltung ist ebenso eindeutig: „Für alle gelten die selben Spielregeln und die erlauben eine Außenbewirtung bis 23 Uhr“, stellt Oberbürgermeister Paul Metzger klar.

Dabei sind der Eigentümergemeinschaft vor allem die Open-Air-Konzerte ein Dorn im Auge. Dort liege die Lärmbelastung um ein Vielfaches über den gesetzlichen Bestimmungen. Sieben Konzerte in diesem Jahr planen die Löwenhof-Betreiber. Zumindest in diesem Punkt scheinen sich die Kontrahenten angenähert zu haben. So soll, sobald das ausführende Lan-desgewerbeamt dazu in der Lage ist, eine •Lärmmessung bei einer solchen Musikveranstaltung stattfinden. Bei einem Überschreiten der Grenzwerte werde die Verwaltung natürlich die erforderlichen Konsequenzen ziehen, kündigt Metzger an.

Dennoch kann der Oberbürgermeister die Klagen der Anwohner nicht nachvollziehen. Vor allem auch angesichts der weiteren Vorwürfe. So wird die „klammheimliche“ Errichtung eines Kinderspielplatzes in Zehn-Meter-Entfernung moniert, auf dem tagsüber Kinder eine starke Lärmkulisse verursachten und nachts Halbwüchsige ihr Unwesen trieben. Zudem gehe vom Kino sowie vom Hotel und der benachbarten Schule eine starke Lärmbelästigung aus. „Jeder Käufer dieser Wohnungen konnte im Vorfeld ohne großen Aufwand wissen, dass er in ein Kerngebiet mit allen seinen Folgen zieht“, betont Metzger.

Das sieht auch Werner Hellebrand so. Der SPD-Stadtrat wohnte selbst über ein Vierteljahrhundert am Marktplatz, dem zentralen Veranstaltungsort Brettens, wo am kommenden .Wochenende beim Peter-und-Paul-Fest praktisch rund um die Uhr Betrieb ist. „Die Löwenhof-Anwohner sollen dort mal vorbeikommen. Und das nicht nur an Peter-und-Paul. Wenn beispielsweise im Advent an einem Tag zum zwanzigsten Mal das selbe Weihnachtslied läuft, ist das auch nicht mehr lustig“, berichtet er aus Erfahrung.

Aber damit könne man gut leben, denn die Vorteile würden bei weitem überwiegen. Er könne sich noch gut an die Zeit erinnern, als die Kneipen draußen noch nicht bestuhlt hatten: „Der Marktplatz war nachts leer, nur bevölkert von grölenden Zechern auf dem Heimweg. Auf dem Vorplatz des Rathauses fanden Privatfeten statt oder es wurde darauf Fußball gespielt.“ Kaum habe der „Eulenspiegel“ mit der Außenbewirtung begonnen, seien diese Lärmquellen verschwunden. „Es wurde deutlich ruhiger. Die soziale Kontrolle funktionierte“, gibt Hellebrand in Richtung Löwenhof-Anwohner zu bedenken. Denn genau das Umgekehrte könne dort eintreten, wenn der Pächter seine Gaststätte nicht mehr gewinnbringend betreiben könne. „Was dann in diesem dunklen Loch passiert, dafür bedarf es nicht allzuviel Fantasie“, so Hellebrand.

Auch in der Pforzheimer Straße, wo die Kneipendichte besonders hoch ist, ist es eher ein Miteinander denn ein Gegeneinander zwischen Gastronomen und Anwohnern. „Natürlich merkt man dem einen oder anderen schon seine Unzufriedenheit an, aber Beschwerden oder gar Anzeigen gibt es keine“, sagt Vincen-co Gagliardi. Der Inhaber des Restaurants Cal-abria glaubt auch, dass die Menschen in der Pforzheimer Straße ein ganz anderes Problem haben: „Die Autos machen mehr Lärm als es die Lokalbesucher je könnten.“

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