Leserbrief zu „Das Beste für die Stadt, Klare Mehrheit für die Rüdtwald-Pläne der Stadt

Die Bürgerinitiative Rüdtwald für Landschaftsschutz und als Verhinderungsinitiative und Korrektivkompetenz muß im Öffentlichkeitsbild durch noch medienwirksamere Aktionen bestimmt werden. Sie zielt auf Basisdemokratie und spontane Betroffenenteilhabe ab- Im Falle Rüdtwald sind dies die Erholungssuchenden im allgemeinen und die betroffenen Einwohner von Gölshausen im besonderen. Sie will die bürgerfernen Stellvertreter – die Mehrheit des Gemeinderats -durch die selbstaktive Teilhabedemokratie ersetzen.
Gegen die umweltbezogenen Werte stehen die materiellen Orientierungen der Gegenseite unter dem Begriff der Gemeinwohlmaximierung: Einkommenszuwächse wegen der Einkommensteueranteile, Sorge um die Sicherheit der Arbeitsplätze wegen der Gewerbesteuereinnahmen und natürlich Konsumchancen – zukünftig MC Donald’s.

Auch die Brettener Politik muß sich der ökologischen Herausforderung stellen. Die Grenzen der Belastbarkeit der Natur auf der Gemarkung Bretten sind in Sicht. Da ist die Aufforstung als Ausgleichsfläche auf der Gemarkung Gondelsheim schon deshalb nicht vergleichbar, weil dieser Wald den Menschen noch lange nicht zur Verfügung stehen wird. Die Abkehr von undifferenziertem Wachstumsdenken tut Not. Einer ökologischen Orientierung privat und Öffentlich ist Geltung zu verschaffen.
Auch in Bretten huldigt man dem Irrglauben, mit Geld seien existentielle Lebensprobleme zu lösen. Bedürftigkeit wird zur Geld- und Versorgungsbedürftigkeit – ehemaliger Vergleich mit der Stadt Pforzheim– versimpelt, sogar durch den städtischen Bereich „Soziales“. Die Denkbefangenheit des „kommunalen Managements“ zeigt dies bei den Sparbeschlüsssen im Haushalt 2004. Der Mensch ist kein ökonomisches, sondern ein soziales Wesen. Gewinnstreben ist keineswegs der einzige Impuls für Arbeit und Engagement.

Wir produzieren schneller und mehr, als wir absetzen können. Der Wert der Arbeitsstunde wird regelmäßig zwischen Arbeitgebern und Gewerkschaften vereinbart. Er hat sich in den letzten Jahrzehnten explosionsartig erweitert und uns ein Ungleichgewicht zwischen Produktion und Verbrauch beschert. Das strukturelle Kernübel entwertet jedes kurzatmige ökonomische Krisenmanagement auf Bundes-, Landes- und Gemeindeebene. Dagegen führt eine Einzelmaßnahme – beispielsweise die aktuelle Arbeitszeitverlängerung – nicht zum Erfolg. Der technische Fortschritt läuft dem wirtschaftlichen Wachstum davon. Produktion, Nachfrage und Verbrauch lassen sich nicht unbegrenzt ausweiten. Das von der Bundespolitik wiederentdeckte Wachstum kann nur dann Arbeitsplätze schaffen, wenn diese von den Unternehmen angeboten werden. Der technologische Fortschritt sowie der Billiglohn im Ausland sparen trotz Wachstums bereits vorhandene Arbeitsplätze ein. Arbeitsplatzsparende Innovationen sowie Produktionsverlagerungen In Billiglohnländer, deren Folgen Entlassungen sind, gibt es auch in der Nachbarschaft – aktuell in Bruchsal – bei gleichbleibender Nachfrage, dort also, wo die Wachstumsimpulse fehlen. Wirtschaftliches Wachstum ist zwar eine Voraussetzung, jedoch keine zwangsläufige Folge für die Schaffung von Arbeitsplätzen. Dies gilt auch in Bretten. Ließe sich mit der Produktivität immer zugleich auch die Produktion erweitern, so brauchte niemand um seinen Arbeitsplatz zu fürchten. Will man die Entwicklung der Arbeitsplatzverluste bremsen, gibt es nur ein wirksames Mittel: Die Arbeitszeitverkürzung. Sie ist ein Mittel, dem ganz normalen Anstieg der Arbeitsproduktivität und der Produktionsverlagerung ins Billiglohnland und dem hierdurch bedingten laufenden Abbau von Arbeitsplätzen zu begegnen. Die von Landespolitikern umgesetzte und angestrebte Arbeitszeitverlängerung bei gleicher Vergütung erübrigt sich vollends. Sie wirkt wie eine Lohnkürzung.

Völlig zweitrangig treten in diesem Zusammenhang die kommunalen Angebote von Industrie-und Gewerbeflächen auf. Derartige Flächen werden überall in der BRD unabhängig vom Hebesatz der Gewerbesteuer angeboten. Der Unternehmer kann unter zahlreichen Standortangeboten auswählen. Ohnehin kann eine aktive Wirtschaftsförderung nur in sehr beschränktem Umfang die Finanzlage direkt – etwa aufgrund erhöhter Gewerbesteuer-Zahlungen -verbessern. Denn das geltende System des Finanzausgleichs –horizontaler Finanzausgleich zwischen den Kommunen– verhindert, dass die finanzwirtschaftliche Einnahmesituation zwischen den Gemeinden allzu unterschiedlich ausfällt.

Ausreichende Liegenschaftsreserve bedeutet, Industrie- und Gewerbeflächen sind stets für Ansiedlungen, Erweiterungen, Verlagerungen sowie für Existenzgründungen vorzuhalten. Liegenschaftspolitik erfolgt oft durch den Verkauf von kommunalen Liegenschaften an Unternehmen zu subventionierten Preisen. Standortentscheidungen werden zunehmend bedeutsam durch die Bildungsinfrastruktur und die kulturelle Infrastruktur. In diesem Zusammenhang sind die Nachfrager mit dem entsprechenden Kaufvertrag zu benennen, die bereits nach einem Teil der ausreichenden Liegenschaftsreserve in Bretten gegriffen haben und solche, die ihn zu greifen beabsichtigen. Sicherlich werden die zuständigen Ämter bereitwillig Auskunft geben können.
Die Qualität der Stadtentwicklung und städtischen Wirtschaftsförderung kann man durch die Einbeziehung der Betroffenen – 6000 Unterschriftsleistende, Bürger in Gölshausen, VBU in Bretten – steigern. Den Beweis hat die Bürgerinitiative Rüdtwald der Brettener Kommunalpolitik geliefert. In der hier angesprochenen Auseinandersetzung geht es besonders um Art, Qualität und Reichweite von kommunalen Entscheidungen und Aufgaben. Partizipation, Humanverträglichkeit, Solidarität, Lebensqualität, Kreativität im Denken sind hier vorrangig zu nennen. Dabei ist zu fragen, ob diese Nennungen in Bretten bekannt sind. Hat das tierische, pflanzliche Leben im Rüdtwald, hat die biophysische Wirkgesamtheit als das Gesamt auch der menschlichen Lebensbedingungen in Bretten eine Zukunft, geschweige denn überhaupt eine Chance?

Die vollständige Erhaltung des Rüdtwaldes mit seinen Funktionen U- a. als Bodenschützer, Klimaregler, Luftreiniger und Wasserspeicher hat gerade angesichts des industriellen Fortschritts und der durch menschliche Aktivitäten verursachten Luftverunreinigungen an Bedeutung gewonnen. Dazu gehört ebenso der saure Regen, der Niederschlag, der die Ablagerung von Luftverunreinigungen aus Fabriken, Heizungen und Autos bewirkt.
Die Bürgerinitiative Rüdtwald mit ihrem legitimen Interesse an der Kommunalpolitik in Bretten hat für viele deutlich werden lassen: Die Tage der Selbstherrlichkeit sind auf Dauer nicht ungezählt und im Ergebnis der Kommunalwahl am 13. Juni 2004 abzulesen.

rot markierter Text wurde nicht veröffentlicht.

Gerhard Hinz
An der Sommerhälde 34
Gondelsheim

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4 Antworten zu Leserbrief zu „Das Beste für die Stadt, Klare Mehrheit für die Rüdtwald-Pläne der Stadt

  1. spezi sagt:

    „Sicherlich werden die zuständigen Ämter bereitwillig Auskunft geben können.“

    In Bretten?

    Siehe Umfrage: „Informiert die Stadtverwaltung Bretten ihre Bürger ausreichend über geplante Projekte?

  2. pet. my. sagt:

    Mir sind ungekürzte Leserbriefe allemal lieber als mehrspaltige Fotos, welche nicht einmal einen Bezug zum Text haben.

  3. o.V. sagt:

    Die Fotos im Brettener Teil der BNN nehmen auffallend immer mehr Platz in Anspruch, mit dem sich wesentlich besser die Ergebnisse von Journalismus darstellen ließen.

  4. -an-i- sagt:

    Wenn Tageszeitungen nur noch Bilder zum Leser transportieren wollen, dann ist das „Geisteskapital als Reichtum von Nationen“ (Friedrich List) kaum mehr vorhanden. Die ersten Fresken in den Kirchen nannte man damals schon als Bibliothek der Ungebildeten.
    Heute versucht man wieder die Bilder in den Tageszeitungen zu vergrößern und die TEXTE zu KÜRZEN.
    Ein besonders schlechtes Beispiel ist im obigen Leserbrief dargestellt. Man könnte meinen, dass die Redaktion vor intelligenten und weiterbildenden Ausführungen Angst hat.
    Da hätte manch einer etwas dazu lernen können. Die Zusammenhänge zu verstehen und sie auch noch in dieser Kurzform zu artikulieren ist eine Seltenheit für die eine Redaktion dankbar sein müsste.
    Bilder sagen zwar manchmal mehr als tausend Worte, sie müssen dazu aber auch geeignet sein.

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