Leserbrief : Sachverstand wird oft durch Fraktionsdisziplin abgebügelt

Zu „Haushaltsberatung und die Folgen“:

Die bevorstehenden finanziellen Belastungen der Bürger sind viel zu bedrohlich, als dass man sie zwischen den Faschingszellen nur zur Kenntnis nimmt und nach Aschermittwoch wieder vergisst. Die bereits bestehenden hohen Steuern und die Spitzenverschuldung werden jetzt noch einmal durch weitere Gebührenerhöhungen, Steuererhöhungen, noch mehr Schulden und noch mehr ehrenamtliche Arbeit vom Gemeinderat gebilligt. Über die Endkonsequenz macht man sich wohl keine Gedanken – die Verwaltung hat scheinbar alles im Griff. Vor allem das Portemonnaie ihrer Mitbürger.

Bereits am 5. August 2003 war in den BNN unter der Überschrift „Bürgermeister sind Opfer und Täter“, unter anderem Folgendes nachzulesen: „Das gigantische finanzpolitische Desaster der öffentlichen Hand ist weder das Ergebnis einer schwachen Konjunktur, wie dies von den zitierten Kommunalpolitikern dargestellt wird, noch ein unerklärbares Phänomen. Die Finanzpolitik hat in diesem Land seit über 30 Jahren eine Richtung, deren Ergebnis heute nicht mehr zu leugnen ist.“ Und weiter heißt es: „In einem finanzpolitischen Langzeitvergleich muss man noch einbringen, dass wir heute im Gegensatz zu 1960 einen sehr erheblichen Rückstand bei den Er-haltungs- beziehungsweise Ersatzinvestitionen im gesamten Bereich der öffentlichen Hand haben.“ Und der Schlusssatz spricht für sich: „Wer das Desaster als Bürger und politischer Beamter kommen sah, der hat weder Absolution noch Konfetti verdient, sondern kritische Berichte und Kommentare.“

Wie konnte so etwas passieren? Wenn man sich die Rituale bei den Gemeinderatssitzungen vergegenwärtigt, so hat man den Eindruck, dass sehr oft sachverständige Argumente durch die Fraktionsdisziplin oder machtpolitischen Parteispiele abgebügelt werden. Wer die Sitzungen verfolgt, wird unschwer feststellen, dass manchmal für ein- und dieselbe Sache mehrmals abgestimmt wurde. Man hat das Gefühl, dass das Ergebnis passen musste.

Nach den neuesten Zahlen kann man ohne weiteres eine gewisse Verantwortungslosigkeit gegenüber den Einwohnern von Bretten konstatieren. Die einzige Möglichkeit für einen Gemeinderat, der sich für die Belange seiner Bürger seriös einsetzt, ist die der Mehr-Demokratie und der Bürgerentscheide. Das wird aber nur funktionieren, wenn bei der bevorstehenden Gemeinderatswahl nicht die Parteisoldaten gewählt werden, sondern der Sachverstand und die parteilosen Kandidaten.
Es ist nicht schlimm, wenn der Sachverstand fehlt, aber es ist unverantwortlich, wenn man nicht bereit ist, sich weiter zu bilden, sich den notwendigen Sachverstand von außen zu verschaffen, und nicht Willens ist, nach eigenem Gewissen zu entscheiden.

Franz Cizerle
Fichteweg 8
Bretten

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Eine Antwort zu Leserbrief : Sachverstand wird oft durch Fraktionsdisziplin abgebügelt

  1. spezi sagt:

    Das war vor elf Jahren – und heute??

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