Der Landkreis auf steilem Weg nach unten?

Der Landkreis auf „steilem Weg nach unten?“
Kreishaushalt 2004 mit einem Volumen von 253,6 Millionen Euro genehmigt / Neuer Schuldenrekord
Von unserem Redaktionsmitglied Ulrich Schweizer

Eggenstein-Leopoldshafen. Mahnende Worte, Spar-Apelle, aber auch der Blick nach vorn beherrschten die gestrige Kreistagssitzung zur Haushaltsverabschiedung in Leopoldshafen. Eine um knapp drei Prozent auf fast dreißig Prozentpunkte steigende Kreisumlage, eine negative Zuführungsrate zum Verwaltungshaushalt in Hohe von 840 000 Euro – das erste Minus in der Geschichte des Kreishaushalts -und einer Verschuldung, die sich Ende 2004 auf 93 Millionen Euro summieren wird, machte den Kreisräten die Zustimmung zum Haushalt 2004 schwer (siehe „Kein Ruhekissen“).

Dass das Finanzpaket mit einem Volumen von 253,6 Millionen Euro dann doch einstimmig durch ging, liegt auch am Realitätssinn der Kreisräte, die wie der Sprecher der Freien Wahler, Günther Johs, betonten: „Es geht weiter“. Der von Landrat Claus Kretz eingebrach-te Haushalt wurde nach Beratungen in Ausschüssen nochmal reduziert, sodass nun der Vermögenshaushalt ein Volumen von 25, 26 Millionen Euro und der Verwaltungshaushalt einen Umfang von 228,3 Millionen Euro hat. Der Ursprungsentwurf änderte sich beim Rheinhochwasser-Flutungsmodell (33000 Euro weniger durch EU-Fördermittel), bei der gesetzlichen Schulerunfallversicherung (minus 74 000 Euro) oder verminderten Zuführungen zur Landeswohlfahrtsumlage (215 0 00 Euro weniger). Der Wirtschaftsplan des Eigenbetriebs der Kreiskliniken enthält für die Krankenhauser in Bruchsal und Ettlingen Aufwändungen von rund 71,9 Millionen Euro und Ertrage von rund 68,4 Millionen Euro. Der geplante Kreditrahmen liegt bei 620 000 Euro.

„Der Landkreis lebt auf Pump“, beschrieb der Redner der CDU, der ehemalige Oberbürgermeister von Ettlingen, Josef Offele, die Situation des Landkreises. Dramatisch geschrumpfte Rucklagen, die mit 4,3 Millionen Euro gerade noch bei der gesetzlich vorgeschriebenen Mindesthohe liegen, die drastische Verschuldung – wobei der Landkreis noch 2002 ohne neue Kredite auskam und 2004 rund 11,2 Millionen Euro aufnehmen muss – und die neuen Aufgaben, die vom Bund an den Landkreis abgeschoben werden, sowie die Verwaltungsreform, brachten Offele zu dem Schluss: „Wir befinden uns auf einem steilen Weg nach unten.“ Um diesen Trend zu stoppen, forderten die Redner aller Parteien gestern eine Überprüfung der Ausgaben und mögliche weitere Einsparungen sowie mehr Selbstbeteiligung etwa bei der Schülerbeförderung (Offele).

Die Ungewissheiten bei der Verwaltungsreform und deren finanziellen Folgen beschäftigten die Parteiensprecher ebenso wie das weitere Vorgehen bei Thermoselect und dem Baden-Airport in Söllingen. Unverblümt empfahl der Sprecher der Freien Wähler Landrat Kretz, den „umgehenden Ausstieg“ aus den Verträgen mit Thermoselect „notfalls auch ohne Karlsruhe“ und die eigene Suche nach Entsorgungsalternativen für den Kreismüll. Einig waren sich die Kreisparteien auch beim Rückzug aus dem Baden-Airpark, falls das Land dem Flugplatz m Lahr eine Genehmigung für den Passagierflug erteilen sollte.

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Eine Antwort zu Der Landkreis auf steilem Weg nach unten?

  1. Franz Cizerle sagt:

    Wie ist das möglich, dass alle öffentlichen Haushalte nur durch höhere Verschuldung noch existieren können. Selbst das Land BW beteuert ständig größere Steuereinbrüche und Ausfälle. Wie passt das zusammen, wenn die Stuttgarter Zeitung vom 24.01.04 bemerkt, dass sich das Land für 800.000 Euro hat beraten lassen, wie der Erlös aus EnBW Anteilen von 500 Millionen Euro am besten eingesetzt werden kann? Warum lässt sich der Kreis nicht aus diesen Millionen finanziell entsprechend helfen?
    Wenn aus diesen Millionen nichts zu bekommen ist, so könnten doch fast 700 Millionen Steuer-Mehreinnahmen im Jahr 2003 weiterhelfen! Diese Summe stellte der Staatsanzeiger vom 19.01.04 fest. Immerhin belaufen sich die Gesamteinnahmen des Landes BW, im vergangenen Jahr auf fast 22 Milliarden Euro (Es sind genau 21 996 679 903,58 Euro). Wenn jetzt aber weitere 2 Milliarden neuer Schulden aufgenommen werden müssen, so muss man denen glauben, die behaupten, dass wir keine Einnahme- sondern nur noch Ausgabeprobleme haben. Es ist daher nicht redlich denen zu widersprechen, die das Ganze als eine reine Geldvernichtungsmaschine betrachten. Man darf gespannt sein, wie lange sich der Steuerzahler, als Gelddruckmaschine, für dieses Spiel noch benutzen lässt. Es sei denn, der finazielle Urknall holt uns alle vorher ein.

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